Hernando de Soto (Ökonom)

Hernando de Soto (Ökonom)

Hernando de Soto (* 2. Juni 1941 in Arequipa, Süd-Peru) ist ein peruanischer Ökonom und Wirtschaftsberater. Sein entwicklungstheoretischer, an den Liberalismus angelehnter Ansatz ist interdisziplinär. De Soto sieht insbesondere in der informellen Wirtschaft ein Hemmnis für die Entwicklung unterentwickelter Länder und fordert eine verstärkte Institutionalisierung von Eigentum.

Inhaltsverzeichnis

Leben

De Soto ist der Sohn eines Diplomaten, der als Chef der Kanzlei des damaligen sozialistischen Präsidenten José Luis Bustamante tätig war. Nach dem Militärputsch 1948 in Peru wanderte die Familie nach Europa aus. De Soto studierte am Genfer Institut universitaire de hautes études internationales Wirtschaftswissenschaften und Politik mit Abschluss in beiden Fächern. Nach einer Tätigkeit als Volkswirt beim GATT 1968 bis 1971 war er 1971 bis 1973 Präsident des Exekutivkomitees der Organisation Kupferexportierender Länder (CIPEC), bevor er 1973 als Direktor zur Schweizer Bank Corporation Consultant Group wechselte.

1979 kehrte er nach Peru zurück, zunächst als Manager eines Bergbau-Unternehmens. Im gleichen Jahr wurde er zum Gouverneur der Zentralbank Perus berufen. 1980 gründete er das Instituto de Libertad y Democracia (ILD), das seinen Hauptsitz in Lima hat und begann seine Arbeit über den Informellen Sektor, die er 1986 unter dem Titel El otro sendero (ein anderer Pfad; deutsch: Marktwirtschaft von unten) veröffentlichte. In ihr stellt er die Informelle Wirtschaft Limas und deren Probleme bei der wirtschaftlichen Entwicklung dar. Neben theoretischen Arbeiten ist das Institut vor allem damit befasst, das Eigentum an Grund und Boden sowie die Anteile an Unternehmen der ärmeren Bevölkerung zu dokumentieren. Durch diese Arbeiten und die Mitwirkung an Verwaltungsreformen gelang es in Peru mehr als eine Million von Arbeitsplätzen aus dem Schwarzmarkt herauszulösen und in die formale Wirtschaftsordnung zu integrieren.[1]

1989 wurde de Soto Berater von Präsident Alan García Pérez und 1990 bis 1992 wirtschaftspolitischer Berater von Präsident Alberto Fujimori, mit dem er nach dessen Putsch brach. Ab 1996 begann er sein Konzept auf andere Entwicklungsländer zu übertragen und veröffentlichte 1997 eine zweibändige Studie über den informellen Sektor Ägyptens.[2] Neben Wladimir Putin lassen sich inzwischen 29 Staatschefs von Entwicklungs- und Schwellenländern von ihm und seinem Instituto de Libertad y Democracia beraten.

The Mystery of Capital

2000 veröffentlichte er das Werk The Mystery of Capital, das 2002 auf Deutsch unter dem Titel Freiheit für das Kapital erschien. Nach Angabe des konservativen Journalisten David Frum schrieb er als Ghostwriter für de Soto das Buch. In dem Buch wird ein Konzept zur Formalisierung informeller Wirtschaftssektoren vorgestellt:

  • Die fünf Geheimnisse des Kapitals
    1. Das Geheimnis fehlender Informationen
    2. Das Geheimnis des Kapitals
    3. Das Geheimnis des politischen Bewusstseins
    4. Vernachlässigte Lehren aus der Geschichte der USA
    5. Das Geheimnis des Scheiterns gesetzgeberischer Maßnahmen
  • Die sechs Eigentumseffekte
    1. Ökonomisches Potential festlegen
    2. Integration von Informationen in ein System
    3. Verantwortlichkeit schaffen
    4. Vermögensgegenstände fungibel machen
    5. Menschen vernetzen
    6. Transaktionen schützen
  • Blinder Fleck: Leben außerhalb der Glasglocke
    • Großer Extralegaler Sektor
    • Migration in die Städte
    • Wachsende Extralegalität
    • Keine Möglichkeit der Nutzung der Fähigkeiten und des Eigentums
    • Konkurrenz mit dem System
    • Wunsch nach Integration in das System
  • Blinder Fleck 2: Leben außerhalb der Glasglocke von gestern
    • Problemstellung ist aus der Geschichte bekannt (Zunft...)
    • Zusammenbruch der alten Ordnung unvermeidbar
    • Europäische Vergangenheit ist der Gegenwart in den Entwicklungsländern sehr ähnlich.
  • An die westliche Welt
    • Situation und Potential der Armen besser dokumentieren
    • Alle Menschen sind in der Lage zu sparen
    • Arme benötigen rechtlich integrierte Eigentumssysteme
    • Mafia-Organisationen sind Resultat einer Migration in eine Welt mit einem größeren organisatorische Maßstab
    • Arme sind nicht das Problem, sondern die Lösung
    • Konstruktion eines Eigentumssystems ist die politische Herausforderung
  • Strategien zur Überwindung der Armut
    • Gesellschaftsverträge in Recht überführen
    • Integriertes System schaffen
    • Extralegales Recht hören
    • Perspektive der Armen zu eigen machen
    • Eliten einbeziehen

De Sotos Arbeit im theoretischen und praktischen Kontext

De Sotos entwicklungstheoretischer Ansatz ist interdisziplinär, er trägt entscheidend zur Neubewertung des Begriffs Informalität bei und ist sehr nah an den Neoliberalismus angelehnt. Er knüpft an Gedanken der Neuen Institutionenökonomie an: Institutionen müssen an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung teilnehmen, indem sie auf den informellen Markt zugehen. De Sotos Definition des informellen Sektors unterscheidet sich von denen anderer dahingehend, dass er nur ein Kriterium verwendet, das der Nichtgesetzmäßigkeit der wirtschaftlichen Aktivität. De Soto sieht die lateinamerikanischen Staaten noch immer in einer merkantilistischen Phase, die die westlichen Industriestaaten bereits überwunden haben.

Literatur

  • Hans-Heinrich Bass / Markus Wauschkuhn: Hernando de Soto - die Legalisierung des Faktischen, in: E+Z-Entwicklung und Zusammenarbeit, 2000, Nr. 1, S. 15-18.
  • Bromley, R.: A New Path to Development? The Significance and Impact of Hernando de Soto's Ideas on Underdevelopment, Production, and Reproduction, in: Economic Geography, 1990, 328-348
  • Müller, Markus: Der informelle Sektor - marginaler Pol oder Motor der Entwicklung?, Universität Hamburg, Institut für Politische Wissenschaft, Diplomarbeit, 2003
  • de Soto, H.: Freiheit für das Kapital! Berlin, 2002

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frank Porter Graham Lecture im Jahre 2004-2005 an der University of North Carolina
  2. Hernando de Soto: Totes Kapital und die Armen in Ägypten, in: Hans-Joachim Stadermann und Otto Steiger (Hrsg.): Verpflichtungsökonomik. Eigentum, Freiheit und Haftung in der Geldwirtschaft (mit einem biografischen Anhang), Metropolis, Marburg 2001, 33-79, hier 77

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