Hermann Weller

Hermann Weller

Hermann Weller (* 4. Februar 1878 in Schwäbisch Gmünd; † 9. Dezember 1956 in Tübingen) war ein deutscher Indologe und neulateinischer Dichter. Er galt als „Horaz des 20. Jahrhunderts“.

Der Altphilologe unterrichtete nach dem Studium in Tübingen von 1913 bis 1931 als Lehrer am Gymnasium in Ellwangen. Er war auch am Gymnasium Ehingen tätig. 1930 habilitierte er sich in Tübingen.

Der preisgekrönte neulateinische Dichter war bereits 1931 so berühmt, dass in diesem Jahr der Ellwanger Stadtrat beschloss, eine Straße nach ihm zu benennen.

Inhaltsverzeichnis

Die Elegie Y

Weller verfasste 1937 die neulateinische Elegie Y, in der beschrieben wird, wie der Dichter träumt, die Buchstaben aus seinem Band mit Dichtungen des Horaz würden lebendig und das A riefe in demagogischer Rede zur Ausrottung des fremdvölkischen Y auf. Das Y flieht und versucht seine Existenzberechtigung durch Worte wie Mythos, Mystik, Rhythmus und Physik unter Beweis zu stellen – aber die anderen Buchstaben lassen sich nicht überzeugen und sind unterwegs, um dem Y den Garaus zu machen. Der Dichter bittet um Erlösung und erwacht aus diesem Alptraum.

Weller, Privatdozent in Tübingen, reichte die Elegie Y Ende 1937 beim Certamen poeticum Hoeufftianum ein, einem Wettbewerb für neulateinische Dichtung, den die Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen (KNAW) in Amsterdam alljährlich ausschrieb. 1938 wurde Weller für diesen Text die Goldmedaille zuerkannt. Dass Weller noch im selben Jahr zum außerordentlichen Professor befördert wurde (trotz gewisser Bedenken wegen seines Katholizismus), zeigt, dass Lateinkenntnisse unter nationalsozialistischen Amtsträgern nicht verbreitet waren (vergleiche hierzu auch Victor Klemperer, der seine Analyse der Nazi-Sprache unter der Abkürzung LTILingua Tertii Imperii - verbarg).

Nach dem Latinisten Uwe Dubielzig handelt es sich bei dem Text um eine spielerisch verkleidete Anklage gegen den immer deutlicher hervortretenden Antisemitismus der Nationalsozialisten, dessen Auswirkungen Weller an der Tübinger Universität in unmittelbarer Umgebung beobachten konnte. Vorstellbar ist auch, dass der Text sich gegen die Minderheitenpolitik der Nationalsozialisten allgemein richtete. Auch wenn er nicht als Dokument antifaschistischen Widerstands gelesen werden kann, ist er doch ein geistvoll maskiertes Dokument des Widerspruchs gegen die inhumane Politik des Nationalsozialismus, die aber in ihrer ganzen Brutalität knapp vor dem Pogrom der sog. „Reichspogromnacht“ (wie von Charlie Chaplin in seinem Film Der große Diktator sogar noch 1940) auch von Hermann Weller unterschätzt wurde. Insofern ist die Elegie Y eher als ein bemerkenswertes Zeugnis für innere Emigration zu bewerten.

Weller war Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung K.St.V. Alamannia Tübingen im KV.

Werke (Auswahl)

  • Meister Hartmuths Traum, Festspiel, Ellwangen, 1921
  • Carmina Latina, 2. vermehrte Auflage, Tübingen 1946

Literatur

  • Heidrun Brückner, Uwe Dubielzig, Konrad Plieninger: Weite Horizonte. Hermann Weller 1878-1956, klassischer Indologe, lateinischer Dichter, christlicher Humanist. Schwäbisch Gmünd (Einhorn-Verlag), 2006 ISBN 3-936373-04-3

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