Hermann Souchon

Hermann Souchon

Hermann Wilhelm Souchon (* 1894; † 1982) war ein deutscher Offizier und – laut den Zeugenaussagen zweier Mittäter – der Mörder von Rosa Luxemburg.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Laufbahn

Hermann, ein Neffe des Vizeadmirals Wilhelm Souchon, diente im Ersten Weltkrieg als Leutnant im Mindenschen Feldartillerie-Regiment Nr. 58 und trat 1915 zur Kaiserlichen Marine über, wo er Leutnant zur See wurde. Er wurde nach Kriegsende entlassen und trat daraufhin in die Marine-Brigade Ehrhardt ein, ein Freikorps, das im Januar 1919, der Garde-Kavallerie-Schützen-Division unter Generalleutnant Heinrich von Hofmann unterstellt, in Berlin agierte.

Ermordung Rosa Luxemburgs

Am 15. Januar 1919 waren Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin-Wilmersdorf entdeckt und von Angehörigen der Garde-Kavallerie-Schützen-Division in ihrem Stabsquartier im Hotel Eden unter dem Befehl des Ersten Generalstabsoffiziers, Hauptmanns Waldemar Pabst, verhört und schwer misshandelt worden. Als die beiden danach abtransportiert wurden, sprang Souchon auf den Wagen auf und erschoss die bereits von dem Jäger Otto Wilhelm Runge durch einen Schlag mit einem Gewehrkolben schwer verletzte Rosa Luxemburg durch einen Pistolenschuss in den Kopf. Jahrelang wurde allerdings zunächst der Transportführer, Oberleutnant a. D. Kurt Vogel, als Todesschütze genannt, der auch in einem Prozess vor dem Feldkriegsgericht der Garde-Kavallerie-Schützen-Division angeklagt und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, aber mit Hilfe des späteren Admirals Canaris nach Holland floh. Souchon wurde zwar auch vor das Kriegsgericht geladen, aber der Prozessverlauf wurde von dem Kriegsgerichtsrat Paul Jorns so gesteuert, dass er nur als Zeuge zu erscheinen hatte und bei den Verhandlungen zum Mord an Rosa Luxemburg nicht anwesend war und daher von anderen Zeugen nicht identifiziert werden konnte. Um sich strafrechtlicher Verfolgung zu entziehen, floh Souchon 1920 nach Finnland, wo er als Bankkaufmann arbeitete.

Erst zwei Jahre nach dem Prozess gegen Vogel, Runge und andere sagte der Fahrer des Luxemburg-Wagens, Soldat Janschkow, in einem neuen Ermittlungsverfahren aus, der „dritte Mann“ sei Hermann Souchon gewesen. Souchon erschien trotz Vorladung nicht zu diesem Verfahren.

Nach 1935

Nachdem Adolf Hitler den an den Morden von Luxemburg und Liebknecht Beteiligten Amnestie und sogar Haftentschädigung gewährt hatte, kehrte Souchon 1935 nach Deutschland zurück, wo er in die Luftwaffe eintrat und im Zweiten Weltkrieg zum Oberst aufstieg. Nach dem Krieg lebte er in Bad Godesberg.

Nachkriegserkenntnisse

Am 1. Dezember 1959 gestand Waldemar Pabst dem späteren Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz Günther Nollau, dass es Souchon war, der auf den Wagen gesprungen war und Rosa Luxemburg erschoss. Dies wurde erst am 14./15 Januar 1969 der Öffentlichkeit bekannt, als die ARD einen Dokumentationsbericht von Dieter Ertel, „Zeitgeschichte vor Gericht: Der Fall Liebknecht-Luxemburg“, ausstrahlte.[1] Souchon ging mit Anwalt Otto Kranzbühler vor Gericht, und im Februar 1970 verurteilte das Landgericht Stuttgart, gestützt auf die Feldgerichtsakten der an den Morden beteiligten Garde-Kavallerie-Schützen-Division aus dem Jahre 1919, den Süddeutschen Rundfunk, die Behauptung der Täterschaft Souchons zu widerrufen.

Der Dokumentarbericht wurde seit den 1980er Jahren mehrfach erneut von verschiedenen Sendern ausgestrahlt und ist seit 2008 auf DVD erhältlich.[2]

Literatur

  • Elisabeth Hannover-Drück & Heinrich Hannover: Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Suhrkamp, Frankfurt, 1967
  • Klaus Gietinger: Eine Leiche im Landwehrkanal: Die Ermordung Rosa Luxemburgs. Überarbeitete Neuausgabe. Edition Nautilus, Verlag Lutz Schulenburg, Hamburg, 2009, ISBN 978-3-89401-593-0
  • Liebknecht – Luxemburg: Der dritte Mann. In: Der Spiegel. Nr. 8, 1967, S. 40 (online).
  • Büchsenlicht war nicht mehr. In: Der Spiegel. Nr. 51, 1967, S. 36 (online).
  • Die Mörder Rosa Luxemburgs. In: Geo Epoche, Nr. 27, August 2007

Weblinks

Einzelnachweise

  1. SWR Media Services: Zeitgeschichte vor Gericht: Der Fall Liebknecht-Luxemburg Teil 1, SWR Media Services: Zeitgeschichte vor Gericht: Der Fall Liebknecht-Luxemburg Teil 2
  2. Der Fall Liebknecht-Luxemburg. Eine Semidokumentation von Dieter Ertel und Gustav Strübel. Fernsehspiel für das Deutsche Fernsehen vom SDR / SWR.

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