Hermann Bengtson

Hermann Bengtson

Hermann Bengtson (* 2. Juli 1909 in Ratzeburg; † 2. November 1989 in München) war ein deutscher Althistoriker, Universitätsprofessor und Rektor der Universität Würzburg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hermann Bengtson studierte von 1930 bis 1934 Geschichte, Klassische Philologie, Ägyptologie und Assyriologie in Hamburg, Pisa und München, wo er 1935 bei Walter Otto zum Dr. phil. promoviert wurde. Bereits seit 1933 gehörte er der NSDAP an und war seit 1937 Mitglied der SA.[1] In München leitete er eine Arbeitsgemeinschaft über „das Eindringen des Judentums in die antike Welt“[1]. 1939 erhielt er in München den Grad eines Dr. habil., die Lehrbefähigung (Venia legendi) aber erst 1940 in Heidelberg bei Fritz Schachermeyr, da die Habilitation in München auf Schwierigkeiten gestoßen war.

Der zeitweilige Dienst im Militär (1939–41 und 1944/45) während des Zweiten Weltkriegs tat seiner wissenschaftlichen Karriere keinen Abbruch. Er arbeitete während des Krieges gegen die Sowjetunion an seiner Habilitation. Bengtson sandte 1941 von der Ostfront kriegsbegeisterte Briefe an den Rektor der Münchner Universität, den überzeugten Nationalsozialisten Walther Wüst,[2] worauf er als Dozent nach München berufen wurde. 1940 war er in Heidelberg, 1941 in München als Privatdozent tätig und erhielt 1942 eine planmäßige außerordentliche Professur für Alte Geschichte in Jena. Seit 1944 vertrat ihn dort Viktor Burr.

Nach dem Krieg wurde Bengtson die Einreise in die sowjetische Besatzungszone verweigert und er siedelte nach München über. Er wurde wegen Mitgliedschaft in der NSDAP am 15. März 1946 aus dem Jenaer Hochschuldienst entlassen.[3]. Erst 1949 erhielt er die Lehrbefähigung an der Universität zurück und wurde zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Ab 1951 war er Assistent an der neu gegründeten Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik. 1952 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor für Alte Geschichte an die Universität Würzburg, deren Rektor er zudem 1959/60 wurde. Drei Jahre später wechselte Bengtson nach Tübingen und 1966 zurück nach München, wo er bis zu seiner Emeritierung 1977 als Lehrstuhlinhaber tätig war. Bengtson hielt auch nach seiner Emeritierung weiter Vorlesungen an der Universität München ab.

Leistungen

Bengtson beschäftigte sich, seinem Lehrer Walter Otto folgend, zunächst vornehmlich mit der griechischen Geschichte, insbesondere dem Hellenismus, aber auch der Rechtsgeschichte und der Papyrologie. Später verfasste er auch Darstellungen und Einzeluntersuchungen zu Themen der römischen Geschichte. Seine Einführung in die Alte Geschichte wurde zum Standardwerk und erfuhr zwischen der Erstveröffentlichung 1949 und 1979 zahlreiche Auflagen.

Er war ab 1953 Herausgeber des Handbuchs der Altertumswissenschaft, wobei er die Bände zur Griechischen Geschichte und zur Römischen Geschichte selbst verfasste. Seit 1955 war er zudem Mitherausgeber der Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte und von 1952 für zwanzig Jahre Mitherausgeber der renommierten Fachzeitschrift Historia. Bengtson war seit 1962 Mitglied in der Königlichen Wissenschaftlichen Gesellschaft in Lund, 1965 Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Literatur und Schönen Künste von Belgien, 1968 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. 1970 wurde er ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, 1973 Ehrenmitglied der Society for the Promotion of Hellenic Studies in London. 1971 erhielt Bengtson für seine Verdienste um die Wissenschaft den Bayerischen Verdienstorden.

Werke (Auswahl)

  • 1937–1952 Die Strategie in der hellenistischen Zeit III
  • 1939 Einzelpersönlichkeit und athenischer Staat zur Zeit des Peisistratos und des Miltiades
  • 1949 Einführung in die Alte Geschichte (8. Aufl. 1979)
  • 1950 Griechische Geschichte von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit. (5. Aufl. 1977, Nachdruck 1996)
  • 1960 Über die Zukunft unserer Universitäten
  • 1967 Grundriss der römischen Geschichte. Republik und Kaiserzeit bis 284 n. Chr. (3. Aufl. 1982)
  • 1970 Zur Geschichte des Brutus
  • 1971 Die Olympischen Spiele in der Antike
  • 1972 Zu den Proskriptionen der Triumvirn
  • 1974 Zum Partherfeldzug des Antonius
  • 1974 Kleine Schriften zur Alten Geschichte
  • 1975 Herrschergestalten des Hellenismus
  • 1977 Markus Antonius
  • 1988 Gestalter der Alten Welt
  • 1988 Die hellenistische Weltkultur
  • 1989 Geschichte der Alten Welt (posthum erschienen)

Literatur

  • Stefan Rebenich: Hermann Bengtson, 1909-1989. In: Katharina Weigand (Hrsg): Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft: 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität. Herbert Utz Verlag, 2010.
  • Jakob Seibert: Hermann Bengtson. Professor in München 1.3.1966–30.9.1977. In: Jakob Seibert (Hrsg.): 100 Jahre Alte Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (1901–2001). Duncker und Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10875-2, S. 160–173.
  • Jakob Seibert (Hrsg.): Hellenistische Studien: Gedenkschrift für Hermann Bengtson [Loseblattsammlung]. Edition Maris, München 1991, ISBN 3-925801-10-3.

Weblinks

Anmerkungen

  1. a b Stefan Rebenich: Nationalsozialismus und Alte Geschichte. Kontinuität und Diskontinuität in Forschung und Lehre. In: Isolde Stark (Hrsg.): Elisabeth Charlotte Welskopf und die Alte Geschichte in der DDR. Beiträge der Konferenz vom 21. bis 23. November 2002 in Halle/Saale, Stuttgart 2005, S. 42-64, hier: S. 57 mit Anm. 82 (online).
  2. Stefan Rebenich: Herrmann Bengtson, 1909–1989. In: Katharina Weigand (Hrsg), Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft: 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität. München 2010, S. 287. Vgl. Stefan Rebenich (Hrsg.): Hermann Bengtson an Walther Wüst. In: A. Bernhard, U. Raulff (Hrsg.): Briefe aus dem 20. Jahrhundert. Frankfurt a.M. 2005, S. 126-131 (online).
  3. Detlef Lotze: Die Alte Geschichte in Jena von 1945-1989. In: Isolde Stark (Hrsg): Elisabeth Charlotte Welskopf und die Alte Geschichte in der DDR: Beiträge der Konferenz vom 21. bis 23. November 2002 in Halle/Saale. Franz Steiner Verlag, 2005, S. 108.

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