Hermann Becker (Politiker)

Hermann Becker (Politiker)

Hermann Becker (* 8. April 1905 in Plauen; † 1981 in West-Berlin) war ein deutscher Politiker (LDP) und Herausgeber der Thüringische Landeszeitung.

Leben

Hermann Becker war der Sohn des Kaufmanns Benno Becker und dessen Frau Ottilie, geborene Möller. Ab 1911 besuchte er die Höhere Bürgerschule in Plauen. Nachdem der Vater 1913 gestorben war, übersiedelte er 1914 nach Kassel, wo er ab 1915 die Oberrealschule II besuchte. Eine 1922 begonnene kaufmännische Lehre brach er im folgenden Jahr zugunsten einer Banklehre bei der Commerz- und Privat-Bank AG ab. Nach dem Abschluss ging er 1925 als Werkstudent nach Göttingen und 1926 nach Berlin, wo er neben dem Besuch der Universität auch Vorlesungen an der Hochschule für Politik hörte. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage musste er Ende 1926 sein Studium der Volkswirtschaft und Philosophie abbrechen und arbeitete ab 1927 bei der Commerzbank in Saalfeld/Saale.

Anfang 1929 wechselte er zur Deutschen Verkehrs-Kreditbank nach Erfurt. In Erfurt begann er sich politisch zu betätigen und trat der Radikaldemokratischen Partei bei, für die er 1932 erfolglos für den Reichstag kandierte. Mit Beginn der Zeit des Nationalsozialismus zog er sich weitgehend aus dem politischen Leben zurück. In den Jahren 1939 bis 1943 leitete er die Bankfiliale in Erfurt, dann wurde seine UK-Stellung aufgehoben. Er wurde als Soldat nach Hersfeld kommandiert, wo er bis zur Einnahme des Ortes durch die US Army Anfang April blieb.

Hermann Becker ging zurück nach Erfurt, wo er sich an der Vertretung der deutschen Bevölkerung gegenüber den Amerikanern beteiligte. Nach der Besetzung Thüringens durch die Rote Armee gehörte er 1945 zu den Gründern der Liberal-Demokratischen Partei in Erfurt und deren Landesverband. Im Herbst 1945 gründete Hermann Becker zusammen mit anderen Verlegern die Thüringische Landeszeitung. 1946 wurde er in den Thüringer Landtag gewählt und Vorsitzender der LDP-Fraktion. Becker trat in Parlamentsreden wiederholt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze ein und forderte eine größere Beteiligung der LDP an der Aufbauarbeit ein. Die LDP wandte sich gegen die in der SBZ praktizierte willkürliche Enteignung von Privatbetrieben und forderte für diese gleiche wirtschaftliche Bedingungen.

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) griff 1948 nachhaltig in die Personalpolitik der LDP ein. Vor dem Landesparteitag im Juli 1948 versuchte die SMAD Hermann Becker zum Rückzug aus dem Landesvorstand zu bewegen. Becker, der auch außerhalb seiner Partei sehr populär war, gab jedoch den Delegierten des Parteitages nach und wurde von diesen zum zweiten stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Wenige Tage nach dem Parteitag ließ er in der Thüringischen Landeszeitung eine Rede des Philosophieprofessors Hans Leisegang als Leitartikel drucken, in der dieser die Gewährung des gleichberechtigten Studiums aller Religionen und Weltanschauungen forderte.

Nach der Flucht des von der SMAD zum zentralen LDP-Vorsitzenden der SBZ vorgesehenen Alphons Gaertner wurde Hermann Becker wenige Tage später am 23. Juli 1948 während einer Sitzungspause des Thüringer Landtags von Angehörigen des NKWD verhaftet. Nach zwei Jahren Haft in verschieden Gefängnissen in Deutschland wurde er 1950 unter anderem wegen des Vorwurfs der Verbreitung antisowjetischer Propaganda per Fernurteil aus Moskau zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er wurde Anfang August 1950 in ein Arbeitslager bei Workuta gebracht, wo er vier Jahre bleiben musste. Nach kürzeren Aufenthalten in zwei weiteren Lagern wurde Becker im Oktober 1955 wieder nach Deutschland gebracht und nach West-Berlin entlassen.

Literatur

  • Jürgen Louis: Hermann Becker. In: Karl Wilhelm Fricke, Peter Steinbach, Johannes Tuchel (Hrsg): Opposition und Widerstand in der DDR: Politische Lebensbilder. C.H.Beck, 2002, ISBN 3-406-47619-8, S. 38ff.

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