Herderkirche (Weimar)

Herderkirche (Weimar)
Südansicht der Herderkirche
Herderplatz von Südosten (Stahlstich von L. Oeder um 1840)
Das Herder-Denkmal von 1850
Christus am Kreuz. Cranachsches Altarbild
1552 begonnen, 1555 vollendet

Der im Volksmund als Herderkirche bezeichnete Bau nennt sich eigentlich Stadtkirche St. Peter und Paul und ist das bedeutendste Kirchengebäude der Stadt Weimar. Sie dient seit der Reformation 1525 der Gemeinde evangelisch-lutherischen Glaubens.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eine erste Kirche wurde an dieser Stelle bereits zwischen 1245 und 1249 gebaut, aber 1299 durch Brand zerstört. Von ihr sind nur die Fundamente geblieben. Der zweite Bau wurde beim Stadtbrand 1424 schwer betroffen. Das heutige Gebäude geht auf die dreischiffige Hallenkirche im spätgotischen Stil zurück, die zwischen 1498 und 1500 errichtet wurde. Der Chor diente als Grabstätte der ernestinischen Linie der Wettiner.

Ihren Beinamen „Herderkirche“ trägt sie nach dem berühmten Theologen und Philosophen Johann Gottfried Herder, der von 1776 bis zu seinem Tode im Jahre 1803 in der Stadtkirche als Generalsuperintendent wirkte. Der Friedhof der Stadtkirche war seine letzte Ruhestätte. Hier wurde im Jahre 1807 auch die Herzogin Anna Amalia bestattet. Der Platz vor der Kirche wurde nach der Errichtung des Herderdenkmals im Jahre 1850 ebenfalls nach ihm benannt. Am Wohnhaus nördlich hinter der Stadtkirche kennzeichnet eine Gedenktafel Herders frühere Amtswohnung.

Gegen Ende des II. Weltkrieges wurde die Kirche am 9. Februar 1945 durch Bomben stark beschädigt. Sie wurde ab 1948 wiederaufgebaut und konnte am 14. Juni 1953 wiedereingeweiht werden.

Die Herderkirche und der Herderplatz spielten im Herbst 1989 auch eine Rolle in der Friedlichen Revolution.

Die Herderkirche gehört gemeinsam mit Herders Wohnhaus und dem Alten Gymnasium zum Ensemble Klassisches Weimar, das 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde.

Ausstattung

Altarbild von Cranach

Das bemerkenswerte dreiflügelige Altarbild der Stadtkirche wurde von Lucas Cranach dem Älteren in seinem Todesjahr 1552/1553 begonnen und 1555 von seinem Sohn Lucas Cranach dem Jüngeren vollendet. Es gilt heute als Hauptwerk der sächsisch-thüringischen Kunst des 16. Jahrhunderts. Im Altarraum steht auch das Original der Grabplatte Lucas Cranach des Älteren aus der Jakobskirche. Gleichfalls bedeutend mit dem Altarbild ist der sogenannte Lutherschrein, ein Triptychon mit Bildnissen Martin Luthers.

Glocken

Im Turm der Herderkirche hingen drei Glocken, die die Namen Martin Luther, Johann Sebastian Bach sowie Johann Gottfried Herder tragen. Die ursprünglichen Glocken aus Bronze wurden im Ersten Weltkrieg vom Staat konfisziert und für Rüstungszwecke eingeschmolzen. Der Ersatz wurde 1922 aus Eisenhartguss gegossen. Diese Eisenglocken hatten nach mehr als 80 Jahren Läutearbeit ihre Belastungsgrenzen erreicht und sollten durch neue bronzene ersetzt werden. Unter anderem hatten für den Neuguss die Mitglieder aus dem Verein für die Geschichte Berlins Gelder gespendet. Die Glockengießerei Rudolf Perner in Passau fertigte 2008 drei neue Glocken, die am 28. September desselben Jahres in den Glockenstuhl der Weimarer Stadtkirche gehoben wurden. Am Reformationstag 2009 wurde das Geläut geweiht.[1] Die drei neuen Glocken heißen Luther (Ewigkeitsglocke, Schlagton h0, Masse 3.000 kg), Herder (Friedensglocke, Schlagton cis1, Masse 1.930 kg) und Bach (Taufglocke, Schlagton e1, Masse 1.382 kg). Als Zeichen der Verbundenheit mit den anderen Geläuten der Stadt wurden die neuen Kirchenglocken mit den Glocken auf dem Turm des Weimarer Stadtschlosses sowie denen der römisch-katholischen Herz-Jesu-Kirche abgestimmt.

Orgel

Die Orgel der Stadtkirche wurde im Jahr 2000 von der Orgelmanufaktur Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder) im historischen Gehäuse von 1812 erbaut. Es handelt sich dabei um eine Rekonstruktion der Vorgängerorgel, die im Jahr 1907 von Eberhard Friedrich Walcker (Ludwigsburg) erbaut worden war. Obwohl diese Orgel im Krieg stark beschädigt wurde, konnte sie bereits nach dem Krieg teilweise wiederhergestellt werden. In der heutigen Orgel befinden sich noch einige Register der historischen Walcker-Orgel, außerdem wurde deren Spieltisch wiederhergestellt.

Das Instrument hat heute 53 Register, es verfügt über Schleifladen und eine mechanische Spieltraktur. Die Registertraktur und Koppeln sind elektrisch.

I Rückpositiv C–g3
1. Prinzipal 8′
2. Gedackt 8′
3. Oktave 4′
4. Blockflöte 4′
5. Ital. Prinzipal 2′
6. Quinte 11/3
7. Oktave 1′
8. Scharff IV
9. Sesquialtera II 22/3
10. Krummhorn 8′
Tremolo
II Hauptwerk C–g3
11. Bordun 16′
12. Prästant 8′
13. Hohlflöte 8′
14. Quintadena 8′
15. Oktave 4′
16. Rohrflöte 4′
17. Quinte 22/3
18. Superoktave 2′
19. Terz 13/5
20. Mixtur IV-V
21. Mixtur IV
22. Fagott 16′ W
23. Trompete 8′ W
24. Chamade 8′ W
Tremolo
III Schwellwerk C–g3
25. Gedackt 16′
26. Geigenprinzipal 8′
27. Rohrflöte 8′
28. Aeoline 8′ W
29. Schwebung 8′ W
30. Oktave 4′
31. Flöte 4′
32. Nasat 22/3
33. Gemshorn 2′
34. Quinte 11/3
35. Sifflöte 1′
36. Mixtur IV-V
37. Dulzian 16′ W
38. Franz. Trompete 8′ W
39. Oboe 8′ W
Tremolo
Pedal C–f1
40. Untersatz 32′ W
41. Prinzipalbaß 16′
42. Subbaß 16′
43. Gedacktbaß 16′
44. Oktavbaß 8′
45. Baßflöte 8′
46. Nachthorn 4′
47. Oktave 2′
48. Baßaliquot III
49. Hintersatz IV
50. Bombarde 32′ W
51. Posaune 16′ W
52. Trompete 8′ W
53. Singend Cornett 4′ W
W = Register aus der Walcker-Orgel von 1907

Weblinks

 Commons: Stadtkirche St. Peter & Paul (Herderkirche) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jörg Kluge: Glocken für die Herderkirche in Weimar. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 4, Oktober 2009, S. 286
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