Herbert Quandt

Herbert Quandt

Herbert Werner Quandt (* 22. Juni 1910 in Pritzwalk, Landkreis Prignitz; † 2. Juni 1982 in Kiel) war ein deutscher Industrieller aus der Familie Quandt.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Herbert Quandt ist Sohn des Industriellen Günther Quandt und Halbbruder von Harald Quandt. Sein ältestes Kind ist Silvia Quandt (* 1937) aus seiner ersten Ehe mit Ursel Münstermann, die Quandt 1933 geheiratet hatte. Die Ehe wurde 1940 geschieden, die Tochter blieb zunächst bei ihrer Mutter. Die Kinder Sonja (* 1951), Sabina (* 1953) und Sven Quandt (* 1956) entstammen der zweiten Ehe mit Lieselotte Blobelt (geschieden 1959). Seine beiden jüngsten Kinder Susanne Klatten und Stefan Quandt stammen aus seiner dritten Ehe mit Johanna Quandt.

Leben und Werk

Durch ein Augenleiden beeinträchtigt, hatte er sich früh darauf eingestellt, in der Landwirtschaft tätig zu werden. Als Objekt seines Wirkens war das vom Vater erworbene Gut Severin bei Parchim vorgesehen. Im Jahre 1927 starb jedoch plötzlich sein älterer Bruder Hellmut. Herbert Quandt trat daher anstelle seines Bruders in die Unternehmertätigkeit seines Vaters ein.

Nach dem frühen Tod der Mutter 1918 prägten ihn insbesondere die Auslandsreisen mit seinem Vater. Günther Quandt war inzwischen zu einem der erfolgreichsten Unternehmer in Deutschland aufgestiegen, vornehmlich in der Akkumulatoren-Industrie. Für Herbert Quandt wurde bald eine technische Ausbildung notwendig. Er verbrachte unter anderem mehrere Monate als Praktikant in den USA. In diese Entwicklung hinein kamen die Jahre der Nazi-Herrschaft und des Zweiten Weltkrieges. 1940 trat er in die NSDAP ein.[1] Während der Zeit des Nationalsozialismus war er Vorstandsmitglied der Accumulatoren-Fabrik AG (AFA; seit 1962 VARTA) und an der Seite von Günther Quandt unter anderem Leiter der Personalabteilung.[1] In der Berliner Fabrik der Pertrix-Werke GmbH war er zugleich Betriebsdirektor.[1] In den Werken kamen Zwangsarbeiter zum Einsatz, die ohne Schutz mit hochgiftigen Chemikalien hantieren mussten, was Hunderte mit dem Leben bezahlten.[2]

Nach Einschätzung von Benjamin Ferencz, der bei den Nürnberger Prozessen für die Anklagebehörde arbeitete, wären Herbert Quandt und sein Vater Günther ebenso wie Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, Friedrich Flick und die Verantwortlichen der I.G. Farben als Hauptkriegsverbrecher angeklagt worden, wenn die heute zugänglichen Dokumente den Anklägern damals vorgelegen hätten. Die entscheidenden Dokumente zu ihrem Wirken im Dritten Reich lagen den Behörden in der britischen Besatzungszone vor. Die Briten hielten das Material zurück, weil sie erkannt hatten, welche Bedeutung die Batterieproduktion der AFA auch nach dem Krieg hatte, und die Eigentümer deswegen schonen wollten.[1]

Nach dem Tod des Vaters 1954 erbten Herbert und sein Halbbruder Harald Quandt die Quandt-Gruppe, ein Konglomerat von Firmenbeteiligungen, unter anderem an der Akkumulatoren-Fabrik AG (AFA), später VARTA, BMW und der heutigen Altana AG. Insbesondere die spektakuläre Übernahme der Vorherrschaft bei BMW 1959, mit der die Übernahme durch Daimler-Benz verhindert wurde, wurde als großer Erfolg angesehen.

Herbert Quandt starb am 2. Juni 1982 in Kiel. Neben seinen großen Fähigkeiten als Wirtschaftexperte und Unternehmer galt er auch als Sammler von Kunst. So ließ er sich nach 1945 von dem nationalsozialistischen Bildhauer Arno Breker porträtieren. Damit folgte er dem Beispiel seines Vaters Günther Quandt, der Breker aus Berlin kannte.

Seit dem Tod Herbert Quandts 1982 spielen seine Witwe, die dritte Ehefrau Johanna Quandt, sowie seine beiden jüngsten Kinder Susanne Klatten und Stefan Quandt eine stille, aber entscheidende Rolle bei der Verwaltung von Herbert Quandts Vermögensanteil.

Ehrungen

Für seine Verdienste um die Nachwuchs-Ausbildung und -Schulung verlieh ihm 1960 die philosophische Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz die Ehrendoktorwürde.[3]

Zu Ehren Herbert Quandts wurden Straßen in Dingolfing, Göttingen, Hildesheim, Hannover, Regensburg und München benannt. Des Weiteren ist die Herbert-Quandt-Schule in Pritzwalk nach ihm benannt. Er war Ehrenbürger von Öhningen, wo er das Hofgut Stutengarten besaß.

Literatur

  • Rüdiger Jungbluth: Die Quandts: Ihr leiser Aufstieg zur mächtigsten Wirtschaftsdynastie Deutschlands. Campus 2002, ISBN 3-593-36940-0.
  • Joachim Scholtysek Der Aufstieg der Quandts. Eine deutsche Unternehmerdynastie. C.H. Beck Verlag, München 2011. ISBN 978-3-406-62251-9.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. a b c d Das Schweigen der Quandts. Dokumentation, 60 Min., Produktion: NDR, Erstsendung, ARD, 30. September 2007, 23:30 h
  2. vgl. neben "Das Schweigen der Quandts" auch FAZ, Süddeutsche und Politische Stiftungen AG sowie Ende des Schweigens. In: Der Spiegel. Nr. 41, 2007 (online).. „Die SS bewachte das Lager. Viele Häftlinge starben wegen der dort herrschenden Arbeitsverhältnisse, die Zeitzeugen drastisch schilderten. In einem internen Papier berechnet [Günther] Quandt eine 'Fluktuation' von 80 Personen - das war wohl die erwartete Todesrate.“ (Quelle ORF)
  3. Online-Chronik: DIE ZEIT, 17. Juni 1960 Nr. 25 Personalien — Jubiläen

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