Herbert Gans

Herbert Gans

Herbert Julius Gans (* 7. Mai 1927 in Köln) ist ein in Deutschland geborener US-amerikanischer Soziologe.


Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Gans war 1940 mit seiner Familie aus dem nationalsozialistischen Deutschland in die Vereinigten Staaten emigriert. Er studierte Soziologie an der University of Chicago (unter anderem bei David Riesman, und an der University of Pennsylvania. Er lehrte von 1971 bis 2007 als Professor an der Columbia University (New York) und war somit auch als Emeritus sehr lange akademisch aktiv. Gans wird zu den produktivsten Vertretern seiner Zunft gezählt.

Werk

Mit seinen Forschungsergebnissen über den „Irrtum des architektonischen Determinismus“ nahm Gans erheblichen Einfluss auf die Stadtplanung. Im Rahmen teilnehmender Beobachtung hatte Gans zu Beginn der 1960er Jahre ermittelt, dass die damals groß angelegten Stadterneuerungen (Vernichtung sogenannter Slums) ihr angestrebtes sozialpolitisches Ziel verfehlen würden. Man hatte die baulich-physische Umwelt „Slum“ als Ursache für soziale Probleme angesehen. Gans belegte dagegen, dass es in Slums durchaus soziale Beziehungen und Institutionen gab und somit von einer sozialen Verwahrlosung nicht die Rede sein könne. Tatsächlich seien die sozialen Bindungen durch eine familienzentrierte Lebensweise und verbindliche nachbarschaftliche Kontakte geprägt. Für diesen Lebensstil fand Gans den Begriff „urban villager“ („städtischer Dörfler“).[1] Dessen Lebensweise wich deutlich von den individualisierten, annonymen und mittelschichtsorientierten Großstadt-Vorstellungen der Stadtplaner ab.

Laut Hartmut Häußermann stellen Gans' Untersuchungen

ein Beispiel soziologischer Forschung dar, das die unwissenschaftliche Problemdiskussion einer ganzen Profession (hier der Stadtplaner) als wirklichkeitsfremde Vorurteile entlarvte und Forderungen für die Veränderung der stadtplanerischen Praxis aufstellte - die mit einiger Zeitverzögerung dann tatsächlich auch befolgt wurden.[2]

Zudem forschte und publizierte Gans zu Fragen des kulturellen Unterschieds zwischen den gesellschaftlichen Schichten, zur Mediensoziologie und zur Soziologie der Soziologie.

1988 war er Präsident der American Sociological Association.

Schriften (Auswahl)

  • The Urban Villagers (1962)
  • The Levittowners (1967)
  • People and Plans (1968)
  • More Equality (1973)
  • Popular Culture and High Culture (1974)
  • Deciding What's News: A study of CBS evening news, NBC nightly news, Newsweek, and Time (1979)
  • Middle American Individualism (1988)
  • People, Plans, and Policies (1991)
  • The War Against The Poor (1995)
  • Making Sense of America (1999)
  • Democracy and the News (2003)
  • Imagining America in 2033 (2008)

Literatur

  • Hartmut Häussermann: Herbert J. Gans, in Dirk Kaesler/Ludgera Vogt (Hg.): Hauptwerke der Soziologie, Stuttgart: Kröner-Verlag, 2000, S. 133-136.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Er aktualisierte damit für industrialisierte Gesellschaften den Begriff rus in urbe („Landleben in der Stadt“) von William Bascom von 1955 (Urbanization among the Yoruba), wie er als Konzept für die Stadtsoziologie der ‚Entwicklungsländer‘ sehr fruchtbar gewesen ist.
  2. Hartmut Häussermann: Herbert J. Gans, in: Dirk Kaesler/Ludgera Vogt (Hgg.): Hauptwerke der Soziologie, Kröner, Stuttgart 2000, S. 136.

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