Herbert Eichholzer

Herbert Eichholzer

Herbert Eichholzer (* 31. Jänner 1903 in Graz; † 7. Jänner 1943 in Wien) war ein österreichischer Architekt und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Herbert Eichholzer wohnte mit seinem um vier Jahre jüngeren Bruder Alfred und seinen Eltern Karl und Adele Eichholzer, beide Handelsreisende, ab 1913 in der Kirchengasse 15 (heute: Schröttergasse 7). Oft aber auch war die Familie in der Ramsau und dem Salzkammergut, der Heimat der Mutter, wo Herbert ein begeisterter Skifahrer und Kletterer wurde.

Schule

Nach der Volksschule ging Herbert Eichholzer in das Staats-Realgymnasium Lichtenfels, wechselte jedoch später in die 2. Staats-Realschule in der Pestalozzigasse, wo er 1922 seine Matura ablegte. Noch während der Schulzeit schloss er sich der „Wandervogelbewegung“ in Graz an.

Herbert Eichholzer begann im Herbst 1922 an der Technischen Universität in Graz Architektur zu studieren. 1926 traf er den Linzer Architekten Julius Schulte, der Eichholzer in seinen frühen Bauten und Entwürfen stark beeinflusste. Doch noch mehr beeinflusste ihn Friedrich Zotter. Jener war Mentor des „Akademischen Architektenvereins“ (A. A. V.) und organisierte im Namen dieses Vereins viele Architekturwettbewerbe für Studierende. Solch einen gewann Eichholzer im Frühjahr 1927. Die Auswirkungen dieses Wettbewerbs waren für Eichholzer sehr positiv, da sie nach 3 Ausstellungen noch im Oktober 1927 seinen ersten öffentlichen Auftrag zur Folge hatten. Bald darauf folgten die 5. Kunstschau, in der einige Entwürfe und Arbeiten von Herbert Eichholzer gezeigt wurden, der Umbau eines Lichtspieltheaters in Judenburg unter der Leitung von Eichholzer (Dezember 1927) und die Errichtung eines von Eichholzer geplanten, dreigeschossigen Wohnhauses. Im Juli 1928 schloss Eichholzer das Studium ab.

Studienreisen

In den zwanziger Jahren unternahm Herbert Eichholzer viele Wanderungen und Forschungsreisen, die seine politische und soziale Einstellung prägten. Diese führten ihn u. a. nach Bulgarien, Griechenland, Frankreich Spanien, Italien, Kleinasien, Abessinien, Eritrea und Somaliland.

Arbeiten in Duisburg, Paris, Graz und Moskau

Ab Juni 1928 war Herbert Eichholzer technischer Leiter der Stahlhaus GmbH Duisburg, und errichtete im Auftrag dieser Firma erdbebensichere Stahlhäuser. Er kündigte diese Stelle aber schon nach einem Jahr, da sie „rein schöpferischer Arbeit keinen Platz ließ“.[1] Anschließend ging er für drei Monate nach Paris, wo er als Praktikant bei den Architekten Le Corbusier und Pierre Jeanneret arbeitete. Dieser Paris-Aufenthalt war für seine weitere Entwicklung von großer Bedeutung. Viele von Eichholzers Arbeiten aus den 30er Jahren zeigen große Ähnlichkeit mit denen Le Corbusiers. Nach seiner Rückkehr aus Paris nach Graz wurde Eichholzers erste selbstständige Arbeit, ein dreigeschossiger Wohnbau, in Judenburg errichtet. Nachdem in der Weltwirtschaftskrise Aufträge für Eichholzer ausblieben, übernahm er von August 1931 bis Juni 1932 die Bauleitung des Grazer Arbeitsamtes. Von September 1932 bis Jänner 1939 arbeitete er mit einer Frankfurter Planungsgruppe in Moskau, wo er Wohnstädte für die Zentren der Schwerindustrie errichtete.

Eigene Ateliers, Arbeitsgemeinschaften und Bürogemeinschaften

Nach einem eigenen Atelier in der Jahngasse, teilte sich Eichholzer mit Rudolf Nowotny ein Atelier in der Gleisdorferstraße 4. Dieser starb aber schon drei Wochen nach Eichholzers Rückkehr aus Moskau, und so bildete sich zwischen 1933 und 1936 mit Viktor Badl eine Arbeitsgemeinschaft. 1936 wurde aus der Arbeitsgemeinschaft eine Bürogemeinschaft, u. a. mit Friedrich Hodnik und Anna Lülja Simidoff, Eichholzers Lebensgefährtin. 1938 bis Anfang 1940 arbeitete er mit dem österreichischen Architekten Clemens Holzmeister zusammen.

Auszeichnungen

1934 wurde Herbert Eichholzer die silberne Medaille der Stadt Graz verliehen, und 1935 die Medaille der Brüsseler Weltausstellung. Nachdem Eichholzer 1932 Mitglied der Sezession wurde, erhielt er 1935 zusammen mit Badl den Staatspreis der Sezession 2 verliehen.

Politische Wege

Schon 1926 schloss sich Eichholzer der „Vereinigung Sozialistischer Hochschüler“, der Studentengruppe der Sozialdemokratischen Partei, an. Zu diesem Zeitpunkt radikalisierte sich das innenpolitische Klima stark. Ab 1931 schlug sich Eichholzer auf die Seite der Linken, und 1932 trat er dem „Republikanischen Schutzbund“ bei.

Nachdem die sozialdemokratische Führung u. a. die Ausschaltung des Parlaments, das Verbot des Republikanischen Schutzbunds und die Einführung der Pressezensur ohne Widerstand hingenommen hatte, kritisierte die innerparteiliche Linksopposition - die Jungfront, der auch Herbert Eichholzer angehörte – den defensiven Kurs und rief im Jänner 1934 zum Kampf für ein freies Österreich auf. Als sich Eichholzer einen Monat später an den „Februarkämpfen“ beteiligte, wurde er verhaftet, jedoch noch im März 1934 wieder entlassen. 1937 schloss er sich dann der „Vaterländischen Front“ an. 1938 wirkte Eichholzer an der ersten Ausgabe der Kulturzeitschrift „Plan“ mit, deren Herausgeber sich offen gegen den Nationalsozilismus gestellt hatten. [2] Außerdem verteilte er 1938 vor der Volksabstimmung im Auftrag der Sozialen Arbeitergemeinschaft Flugblätter gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland.

Nachdem der Bundeskanzler Schuschnigg zurückgetreten war, floh Eichholzer 1938 nach Triest und anschließend über die Schweiz nach Paris, dem Zentrum des politischen Exils, aber auch der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und der KPÖ, wo er ein halbes Jahr blieb. In Paris organisierte Eichholzer unter dem Decknamen „Karl Hase“ Umschulungen und Hilfe für Flüchtlinge aus Österreich. Als Clemens Holzmeister, ein alter Freund Eichholzers, zu einem Wettbewerb eingeladen wurde, folgte ihm Eichholzer dorthin und wurde mit der Umsetzung des Projekts betraut. Im November ging Eichholzer nach Tarabya nahe Istanbul, wo er für Kost und Logis im Atelier von Holzmeister arbeitete. Außerdem baute er die Auslandsgruppe der KPÖ in der Türkei auf.

Rückkehr nach Graz

Um das illegale Widerstandsnetz gegen den Nationalsozialismus wieder aufzubauen, kehrte Eichholzer im April 1940, nachdem er eine Rückreiseerlaubnis der Gestapo erhalten hatte, indem er vorgab, sich von jetzt an nur noch nationalsozialistisch zu betätigen, nach Graz zurück. Auf seiner Rückreise traf er einen Vertreter der KPÖ, der ihm den Auftrag gab, einen illegalen Grenzverkehr nach Zagreb einzurichten, eine Verbindung zwischen der kommunistischen Organisation und dem Auslandsapparat der KPÖ herzustellen, und die selbstständigen KPÖ-Gruppen zu einer einzigen zusammenzufassen.

Eichholzer hatte sich als Kriegsfreiwilliger gemeldet, um auch innerhlab der Wehrmacht politisch tätig werden zu können. Nachdem Herbert Eichholzer am 24. Juli 1940 einberufen worden war, wurde diese Berufung am nächsten Tag widerrufen. Er protestierte gegen diesen Beschluss und wurde am 18. Oktober 1940 schließlich doch eingezogen; er trat seinen Dienst als Sonderführer für das Frontstalag 240 an, das in Verdun eingesetzt werden sollte.

Flugblatt gegen Euthanasie

Gleich nach seiner Einberufung verfasste er, u. a. mit Karl Drews, Josef Neuhold, Anton Kröpfl und Franz Weiß, Flugblätter, welche dann zur Verbreitung an Widerstandsgruppen in der Steiermark verteilt wurden. Eines dieser Flugblätter berichtete über die NS-Euthanasie:

In Steinhof in Wien, das seinerzeit von der Gemeinde Wien für Nervenkranke erbaut worden war, und wo sich 6000 Kranke befanden, brachten die Nazis einen neuen Beweis für die Menschlichkeit. Findig wie sie sind, entdeckten sie, dass die armen Geisteskranken nichts für den hitlerschen Krieg tun. Sondern nur von den angeblich für drei Jahre aufgespeicherten Lebensmittelmengen essen. Im Dritten Reich ist ein solcher Mensch, wenn er auch ein kranker Mensch ist, ein Volksschädling. So gingen diese nationalsozialistischen Unmenschen her, steckten die Narren vom Steinhof in Omnibusse und führten sie ins Altreich. Angeblich sollten sie dort in besseren Anstalten untergebracht werden. Nach kurzer Zeit wurden die Eltern oder Verwandten vom Tod ihres Angehörigen verständigt. Als Todesursache wurde Lungenentzündung, Blinddarm- oder Mandelentzündung udgl. angegeben. Eine Mutter, deren Tochter auch von Steinhof abtransportiert worden war, wurde benachrichtigt, dass ihre Tochter an Mandelentzündung gestorben sei. Und erhielt gleich die Urne mit der Asche zugestellt. Die Mutter schrieb zurück, dass dies unmöglich ist, da ihrer Tochter diese schon als Kind herausgeschnitten wurden. Antwort erhielt sie keine, wohl aber dafür eine zweite Urne. Auch kam vor, dass Leute an Blinddarmentzündung gestorben sein sollen, obgleich ihnen der Blinddarm schon früher durch eine Operation entfernt worden war. Von 6000 Nervenkranken sind nur mehr 2000 in Steinhof. (Inzwischen dürfte die Zahl schon wieder kleiner geworden sein.) Aber damit nicht genug. Auch vollkommen normale, aber auch alte Leute, die im Altersfürsorgeheim lebten, wurden abtranportiert und starben eines solch merkwürdigen Todes. Es waren Anfang September schon zwei Pavillons auf diese Weise geleert. Viele Angehörige wollten den Leichnam sehen. Niemanden aber wurde dies gestattet. Sondern ihnen Einfach die Urne geschickt. Die Angehörigen vermuteten daher, dass diese armen Menschen als Versuchskaninchen für Hitlers Kriegszwecke gedient haben und dass man an ihnen neue Giftgase ausprobiert hat. Dasselbe erfahren wir von Feldhof in Graz. Nur soll es dort noch nicht dieses große Ausmaß wie in Wien erreicht haben. Ihr Nazi! Die anständigen Leute werden sich die Schandtaten merken. Vielleicht wird auch euer Hitler, den ihr vor März 1938 in Vorausahnung schon auf die Außenseite der Feldhofmauer gemalt habt, in Steinhof, aber innerhalb der Mauer landen. Wir werden wissen, was mit ihm und seinen Helfershelfern zu geschehen hat. Die Zeit ist nicht mehr fern. Kein anständiger Mensch kann mehr in dieser Partei bleiben, die kaltblütig und überlegt kranke und alte Leute mordet.

Verhaftung und Hinrichtung

Kurz nach Herbert Eichholzers Rückkehr am 20. Jänner 1941 zu seiner Einheit in Verdun, nach einem Weihnachtsurlaub, wurde Herbert Eichholzer am 7. Februar 1941 verhaftet. Er wurde in das Militärgefängnis im 10. Bezirk in Wien überstellt. Im Dezember 1941 fing er auch an, seinen Lebensbericht zu schreiben, der an die Richter gerichtet war und versuchte jenen seine Handlungsweise zu erklären, was aber nichts half, da Eichholzer einem Gestapo-Spitzel über seine illegale kommunistische Tätigkeit schriftlich berichtet hatte. Am 9. September 1942 wurde Eichholzer, wie auch Drews, Neuhold und Weiß, schließlich wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Nachdem das Gnadengesuch abgelehnt wurde, wurde Herbert Eichholzer am 7. Jänner 1943 hingerichtet. Er ist im Familiengrab der Familie Eichholzer am St. Leonhardfriedhof in Graz begraben.

Herbert Eichholzer - Architekturförderungspreis

Der Herbert Eichholzer Förderungspreis wird alle zwei Jahre an begabte ArchitekturstudentInnen vergeben. Die Vergabe erfolgt nach Ausschreibung der Fakultät für Architektur, Technische Universität Graz. Das Kulturreferat der Stadt Graz beantragt den Preis in Anerkennung der Bedeutung des Architekten Herbert Eichholzer, der Beschluss erfolgt durch den Stadtsenat.
Der Förderungspreis soll einerseits die Verbundenheit der Stadt Graz und der Technischen Universität Graz mit Herbert Eichholzer symbolisieren und andererseits die verantwortungsbewusste Auseinandersetzung des Architekten mit den Strömungen seiner Zeit fortführen. Zugleich soll auch dem architektonischen Schaffen Herbert Eichholzers ein bleibendes Denkmal gesetzt werden.[3]

Preisträger

  • 2009: Ulrike Tinnacher, Oliver Wildpanner / Ahmed Ibrahimpašić, Boško Marušić, Ana Glavaš
  • 2007: Jürgen Trixl, Peter Leidlmayer / Johannes Pointl / Nina Valerie Kolowratnik
  • 2005: Theresa Kalteis, Georg Dornhofer, Tobias Weiss, Gernot Reisenhofer, Mario Lerner / Elisabeth Koller, Alexander Eberl
  • 2003: Daniel Bammer / Martin Strobl, Stefan Kogler / Stephan Piber, Bernhard Gilli
  • 2001: Christoph Hinterreiter / Ulrich Hagen, Roland Schober / Rudolf Gräf, Martina Mueller / Katharina Rohrmoser
  • 1998: Christian Steyrl / Alexander Vonbank, Wolfgang Löschnig, Andreas Salfellner
  • 1995: Nadia Henique / Torsten Müller / Alexander Obst, Eilfried Schoo / Martin Kempf / Vera Dobrindt, Henrik Klug / Francisca Hederer
  • 1992: Kaya Kipcak, Andreas Braunendal / Andreas Heidl, Michael Neubacher

Literatur

  • A. Senarclens de Grancy, H. Halbrainer, U. Hirschberg: „Totes Leben gibt es nicht“. Herbert Eichholzer 1903-1943, Springer, Wien 2004. ISBN 3-211-21278-7
  • Heimo Halbrainer: Ein Haus für den modernen Menschen. Herbert Eichholzer und das "Blaue Haus" in Judenburg, in: Berichte des Museumsvereins Judenburg, Heft 36, S. 3-13, 2003

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Totes Leben gibt es nicht“. Herbert Eichholzer 1903-1943, Springer, Wien 2004, S. 28
  2. Irene Leitner: NS-Euthanasie: Wissen und Widerstand. Wahrnehmungen in der Bevölkerung und der Widerstand Einzelner. In Brigitte Kepplinger, Gerhart Marckgott & Hartmut Reese (Hrsg.), Tötungsanstalt Hartheim (S. 217-260). 2008, Linz: Oberösterreichisches Landesarchiv. ISBN 978-3-900313-89-0
  3. http://www.kulturserver-graz.at/kulturamt/108

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