Henrik de Man

Henrik de Man

Henri de Man (flämisch auch: Hendrik de Man; * 17. November 1885 in Antwerpen; † 20. Juni 1953 in Greng) war ein belgischer Theoretiker des Sozialismus und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Bis 1918

1905 wurde de Man der Universität Gent verwiesen, da er sich an einer Demonstration für die aufständischen russischen Arbeiter beteiligt hatte, und floh nach Deutschland, wo er Redakteur der "Leipziger Volkszeitung" wurde. 1910 trat er in London der Social Democratic Federation bei. Nach seiner Rückkehr 1911 verursachte er durch seine radikalen Ansichten beinahe eine Spaltung der Belgischen Arbeiterpartei Parti Ouvrier Belge (POB; flämisch: Belgische Werklieden Partij (BWP)).

Zwischenkriegszeit: Professor und Minister

Nach dem Ersten Weltkrieg lehrte er Sozialpsychologie an der University of Washington in Seattle und engagierte sich dort für ausgebeutete Farmarbeiter. Aufgrund seiner politischen Aktivitäten verlor er den Lehrstuhl wieder. Zwischen 1922 und 1926 unterrichtete er an der Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main. 1929 wurde er der erste Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpsychologie an der Universität Frankfurt (bis 1933). Zur Abwehr des Faschismus entwickelte er den mit Franklin Delano Roosevelts New Deal vergleichbaren "De-Man-Plan" (Het Plan De Man), mit dem eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als sozialer Ursache des Faschismus durch Planwirtschaft erreicht werden sollte. 1935 trat er als Arbeitsminister der Regierung Paul van Zeeland bei, 1936 übernahm er das Finanzministerium. Als Minister ohne Geschäftsbereich wurde de Man 1938 von König Leopold III. beauftragt, Belgien aus dem sich abzeichnenden Krieg herauszuhalten.

Zweiter Weltkrieg: Kollaboration und Rückzug

Auch auf sein Anraten hin entschied sich der König nach der Besetzung Belgiens durch die deutsche Wehrmacht, nicht der Regierung ins Exil zu folgen, sondern im Land zu bleiben, was letztendlich zu seiner Abdankung 1951 führte. Nach der Kapitulation begrüßte de Man diese in seinem Manifest vom 28. Juni 1940 als "Niederlage des parlamentarischen Regimes und der kapitalistischen Plutokratie"[1] und hieß die deutschen Besatzer als Befreier der Arbeiterklasse willkommen. Den POB, dessen Präsident er seit 1938 war, löste er auf und half, eine dem Nazi-Regime treue, der DAF entsprechende Einheitsgewerkschaft zu installieren. Aufgrund seines Eintretens für die belgischen Interessen wurde ihm jedoch ein Rede- und Auftrittsverbot auferlegt, weswegen er sich in eine Hütte in La Clusaz (Haute-Savoie) zurückzog.

Nachkriegszeit: Exil und Tod

Im August 1944 setzte er sich in die Schweiz ab, wo ein sozialistischer Mitstreiter für ihn politisches Asyl erwirkte. Am 12. September 1946 wurde er von einem Militärgericht in Abwesenheit des Hochverrats für schuldig befunden und zu 20 Jahren Haft und 10 Millionen Franc Schadenersatz verurteilt. Seine Bemühungen um Rehabilitation scheiterten. Am 20. Juni 1953 starben er und seine Frau, als ihr Auto auf einem Bahnübergang von einem Zug erfasst wurde. Gemeinhin wird angenommen, dass sie Selbstmord begingen.

Familie

Henri de Man ist der Enkel des flämischen Dichters Jan van Beers.

Durch seine Vermittlung erhielt sein Neffe Paul de Man 1940 die Stelle als Redakteur bei der Zeitung Le Soir, die diesem nach seinem Tod den Vorwurf der Kollaboration mit dem Nationalsozialismus eintrug.

Schriften

  • Au pays du Taylorisme, Bruxelles (Verlag "Le Peuple") 1919
  • Zur Psychologie des Sozialismus, Jena (E. Diederichs) 1927
  • Au-delà du marxisme, Bruxelles (L'Églantine) 1927. (Neuausg., Paris (Alcan) 1929) (Text: [1])
  • Socialisme et marxisme, Bruxelles (L'Églantine)1928
  • Joie du travail, Paris (Librairie Félix Alcan) 1930
  • Réflexions sur l'économie dirigée, Bruxelles (L'Églantine) 1932
  • Nationalisme et socialisme, Paris 1932
  • Der neu entdeckte Marx, 1932
  • Pour un plan d'action, Paris (M. Rivière) [1934]
  • Le Plan du travail, Bruxelles (Institut d'économie européenne) 1934
  • Corporatisme et socialisme, Bruxelles (Éditions Labor) 1935
  • Masses et chefs, Bruxelles (La Nouvelle églantine) 1937
  • Après coup, mémoires, Bruxelles et Paris (Éditions de la Toison d'or et PUF) [1941]
  • Réflexions sur la paix, Paris/Bruxelles (Editions de la Toison d'Or) 1942.
  • Cahiers de ma montagne, Bruxelles (Éditions de la Toison d'or) 1944.
  • Au delà du nationalisme. Vers un gouvernement mondial, Genf (Éditions du Cheval ailé) 1946.
  • Cavalier seul. 45 années de socialisme européen, Genève (Éditions du Cheval ailé) 1948.
  • Vermassung und Kulturverfall: Eine Diagnose unserer Zeit, 1951
  • Gegen den Strom, 1953 (Erinnerungen)

Literatur

  • Jacques Derrida: Like the Sound of the Sea Deep within a Shell: Paul de Man's War. In: Critical Inquiry 14.3 1988, S. 590-652 (hier v.a. S. 604ff. Anm. 12)

Weblinks

Anmerkungen

  1. “débâcle du régime parlementaire et de la ploutocratie capitaliste”

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