Alois Schardt

Alois Schardt

Alois Jakob Schardt (* 28. Dezember 1889 in Frickhofen; † 24. Dezember 1955 in Los Alamos (New Mexico)) war ein deutscher Kunsthistoriker und Museumsdirektor, der sich bereits früh mit der modernen Kunst auseinandergesetzt hat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Alois Schardt leistete nach dem Abitur zunächst einen einjährigen freiwilligen Militärdienst und studierte anschließend von 1911 bis 1914 in Marburg, Münster, Berlin und Würzburg Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte und Archäologie. Nachdem er im Ersten Weltkrieg nach der Marneschlacht einem Nervenzusammenbruch erlitten hatte, war er von 1914 bis 1916 Reserveoffizier und wurde schließlich als dienstuntauglich entlassen. 1917 promovierte er in Würzburg zum Dr. phil. Nach dem Krieg war er bis 1920 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der ägyptischen Abteilung der Staatlichen Museen Berlin, dann kurze Zeit am Kaiser-Friedrich-Museum-Berlin und von 1920 bis 1924 an der Nationalgalerie Berlin.

1926 wurde er als Nachfolger Max Sauerlandts Direktor des Städtischen Museums Moritzburg in Halle (Saale), wo er eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst aufbaute. 1930 ernannte ihn die Universität Halle zum Honorarprofessor für Museumskunde und Kunstgeschichte.

Als nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 Ludwig Justi als Direktor der Berliner Nationalgalerie entlassen worden war, wurde Schardt als dessen Nachfolger zum Direktor der Neuen Abteilung im Kronprinzenpalais ernannt. Er schien den zuständigen Stellen im preußischen Kultusministerium für diesen Posten zunächst geeignet, da er einerseits ein ausgewiesener Kenner des Expressionismus und andererseits in Halle ein führendes Mitglied im nationalsozialistischen Kampfbund für deutsche Kultur, sowie seit Mai 1933 NSDAP-Mitglied war.[1] Zwischen den Bemühungen, den Expressionismus, insbesondere den der Brücke, zur Staatskunst durchzusetzen und den heftigen Angriffen der völkischen Propaganda gegen die moderne Kunst sollte er eine Vermittlerrolle einnehmen. Schardt hatte sich schon früh mit rassischen Eigenarten in der Kunst beschäftigt und versuchte den 'nordischen' Expressionismus im völkischen Sinne als Fortsetzung gotischer und romantischer deutscher Kunst zu verteidigen. Er stand damit den Ideologen der Nationalsozialisten nahe, erschien aber im Wesentlichen unpolitisch und naiv-überzeugt.

Schardt versuchte die Angriffsfläche im Kronprinzenpalais durch Kompromisse in der Hängung zu verringern, hatte aber letztlich keinen Erfolg: Nachdem eine erste Umhängung von Kultusminister Rust abgelehnt worden war, wurde jetzt das Untergeschoss den Romantikern wie Caspar David Friedrich, Blechen und Runge, das Mittelgeschoss Marées, Feuerbach u.a. überlassen und nur im Obergeschoss waren, als Höhepunkt des 'deutschen Kunstwollens' (nach Schardt) die Expressionisten ausgestellt: Emil Nolde, Ernst Barlach, Franz Marc, Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck, die Brücke und der Blaue Reiter. Alle ausgestellten Künstler hatten einen Ariernachweis zu erbringen. Die Werke der Neuen Sachlichkeit wurden ins Prinzessinnenpalais ausgelagert, viele Expressionisten aus der Schausammlung entfernt. Trotz der Umkonzeption wurde Schardt schon am 20. November 1933 entlassen, nachdem ihm bereits vorher ein Verbot, öffentlich zu reden oder zu schreiben, erteilt worden war.

1934 ging er wieder nach Halle und arbeitete an einer Monographie über Franz Marc. Nach einer Eröffnungsrede zu einer Marc-Gedächtnis-Ausstellung in der Berliner Galerie Nierendorf wurde er 1936 verhaftet und bat anschließend um die Versetzung in den Ruhestand. 1937 wurde ihm auch die Lehrerlaubnis entzogen, und er war bis 1939 nur noch schriftstellerisch tätig. Als er im gleichen Jahr nach Los Angeles reiste, um dort eine (nie eröffnete) Propagandaausstellung vorzubereiten, kehrte er nicht mehr nach Deutschland zurück und arbeitete zunächst als Sprachlehrer, Kulissenbauer und Vortragsredner. 1946 wurde er Direktor des Art Department der Olive Hill Foundation und lehrte am Marymount College der University of Southern California.

Werke

  • Franz Marc. Rembrandt-Verlag, Berlin 1936 (Die Zeichner des Volkes; 11)
  • Das Initial. Phantasie und Buchstabenmalerei des frühen Mittelalters. Rembrandt-Verlag, Berlin 1938 (Kunstbücher des Volkes; Bd. 25)
  • Die Kunst des Mittelalters in Deutschland. Rembrandt-Verlag, Berlin 1943

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 515.

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