Hengeyōkai

Hengeyōkai
Der Geist von Oiwa in der Form eines Laternen-Yōkai. Aus der klassischen Geistergeschichte Yotsuya Kaidan. Druck von Shunkosai Hokuei

Yōkai (jap. 妖怪) sind Figuren des japanischen Volksglaubens, die sich am ehesten mit Monster übersetzen lassen. Sie werden auch Mononoke (物の怪) genannt und sind eine Teilgruppe der Obake (お化け), werden oft aber auch synonym zu diesen gebraucht. Sie reichen von den bösartigen Oni (鬼, dt. Dämon) bis zu den missgünstigen Kitsune (狐, dt. Fuchs) und der Yuki Onna (雪女, dt. Schneefrau). Einige besitzen teils tierische und teils menschliche Züge, z. B. Kappa (河童) und Tengu (天狗). Yōkai besitzen übernatürliche Kräfte, so dass Begegnungen mit Menschen oft gefährlich enden. Yōkai sind oft auch von undurchsichtigen Motiven und Plänen getrieben. Einige Geschichten erzählen sogar von Yōkai, die sich mit Menschen fortgepflanzt haben, um Halb-Yōkai (Han’yō) hervorzubringen. Viele dieser Geschichten beginnen als Liebesgeschichten, aber nehmen kein gutes Ende wegen der vielen Hindernisse, die einer Beziehung zwischen Mensch und Yōkai entgegenstehen.

Einige Yōkai vermeiden Kontakt mit Menschen und leben in unbewohnten, abgesonderten Gebieten weit entfernt von menschlichen Behausungen. Andere wiederum leben bei menschlichen Siedlungen, wegen einer Faszination für Menschen oder der Wärme von menschlichen Häusern durch Feuer. Mit den Yōkai verbindet man traditionell das Feuer, den Nordosten und die Jahreszeit Sommer, in der die Geisterwelt der irdischen am nächsten ist. Yōkai und Obake werden oft in genau so belustigenden wie schrecklichen Formen abgebildet. Gegenüber menschlichen Waffen sind die meisten Yōkai unverwundbar, aber shintoistische Exorzisten (jap. 退治屋 taijiya) oder buddhistische Mönche besitzen die notwendigen Kräfte, um sie zu bekämpfen.

Japanische Volkskundler und Historiker sehen Yōkai als Phänomene an, die ihren Beobachtern übernatürlich oder unerklärlich erschienen. Inspiriert von der japanischen Mythologie oder eigenen Ideen erschufen in der Edo-Zeit viele Künstler, wie Toriyama Sekien, eine Vielzahl an Yōkai. Viele vermuten fälschlich heutzutage bei einigen solcher so erschaffenen Yōkai (z. B. Kameosa und Amikiri) einen mythologischen Ursprung.

Inhaltsverzeichnis

Arten

Es gibt eine breite Vielfalt von Yōkai in der japanischen Mythologie. Allgemein ist Yōkai ein weitgefasster Begriff, um praktisch alle Monster und übernatürlichen Wesen zu bezeichnen, einschließlich jener aus westlichen Mythologien. So wird der deutsche Schrat so oft in japanischen Mythen übernommen, dass einige glauben er entspringe diesen.

Tierische Yōkai

In Japan wird von einigen Tieren angenommen, dass diese magische Kräfte besäßen. Die meisten sind Hengeyōkai (変化妖怪) – Gestaltwandler, die Menschen, meistens Frauen, imitieren und die menschliche Charakterzüge ähnlich den Tieren aus mitteleuropäischen Märchen und Fabeln zeigen. Sie gelten als „Anführer“ des Tierreiches und sind in ihrer natürlichen Gestalt meistens nicht von gewöhnlichen Tieren ihrer Spezies zu unterscheiden. Allerdings sollen sie in der Lage sein, sich sowohl in „Herrschergestalten“ ihrer Tierformen als auch in Menschen zu verwandeln.

Bekanntere Vertreter sind:

„Herrschergestalten“ sind besonders silberfarbene Füchse (Kitsune) mit neun Schwänzen oder menschengroße Marderhunde mit riesigen Testikeln (Tanuki).

Füchse werden mit der Gottheit Inari assoziiert. Während der Kitsune[1] sich gern in die Gestalt einer schönen Frau verwandelt[2] und man ihm wie in Europa Schläue und Gerissenheit nachsagt, ist der Tanuki ein eher gemütlicher Gesell. Keine japanische Kneipe ist komplett ohne die Statue eines Tanuki mit einem dicken Sakekrug oder einem Schuldschein in der Pfote.

Oni

Eines der bekanntesten Aspekte der japanischen Mythologie ist der Oni, eine Art in den Bergen lebender Oger. Sie besitzen für gewöhnlich eine rote, blaue, braune oder schwarze Haut, zwei Hörner auf dem Kopf, einen breiten Mund mit Fangzähnen und einen Lendenschurz aus Tigerhaut. Oni haben außerdem oft eine Eisenkeule oder ein riesiges Schwert dabei. Größtenteils werden Oni bösartig dargestellt, gelegentlich aber auch als Verkörperung einer ambivalenten Naturkraft. Wie viele Obake werden sie mit dem Nordosten verbunden.

Tsukumogami

Tsukumogami (付喪神) sind eine Klasse von gewöhnlichen Haushaltsgegenständen, die zu ihrem hundertsten Geburtstag lebendig wurden. Diese praktisch unbeschränkte Klasse umfasst sowohl Bakezōri (Strohsandalen), Karakasa (alte Regenschirme), Kameosa (alte Sake-Gefäße), als auch Morinji no kama (Teekessel).

Menschliche Verwandlungen

Eine große Anzahl Yōkai waren ursprünglich Menschen, die durch extreme Emotionen eine übernatürliche Verwandlung in etwas Schreckliches oder Groteskes erfuhren. Beispiele dafür sind:

  • Futakuchi Onna (二口女, dt. zweimündige Frau): Eine Frau, der ein Extra-Mund aus der Rückseite des Kopfes wächst, der durch ihre Haarsträhnen gefüttert wird, die als eine Art Tentakel funktionieren. Diese Verwandlung wurde verursacht durch die Angst der Frau um ihre Figur.
  • Rokuro Kubi: Menschen, die ihre Hälse in der Nacht verlängern können.
  • Ohaguro Bettari: Figuren, für gewöhnlich Frauen, die beim Umdrehen ein Gesicht mit ausschließlich einem geschwärztem Mund enthüllen.
  • Dorotabou: Die wiederauferstandene Leiche eines Bauern, der sein geschundenes Land heimsucht.
  • Yuki Onna: Eine Schneefrau, die Menschen einfriert.
  • Yamauba: Eine Berghexe, die verirrte Wanderer auffrisst.

Andere

Es gibt unzählige Yōkai, die zu bizarr sind, als dass man sie kategorisieren könnte. Diese sind Perversionen oder Verwandlungen von normalen Lebewesen oder vollkommen neue Arten von koboldähnlichen Geschöpfen. Beispiele dafür sind:

  • Abura Sumashi: Ein alter kartoffelköpfiger Kobold mit einem selbstgefälligen Gesicht, der Öl trinkt.
  • Amikiri: Ein Geschöpf, das nur existiert, um Moskitonetze zu zerschneiden.
  • Ushioni: Ein Kuh-Dämon, der manchmal mit dem Körper einer riesigen Spinne abgebildet wird.
  • Baku: Ein Chimärenwesen, das sich von Seuchen und Alpträumen ernährt.
  • Kappa: Ein froschähnliches Wesen, das in Teichen wohnt und diese beschützt.

Verwendung in Literatur und Film

Verschiedene Arten von Yōkai sind in von Mythologie inspirierter Literatur, besonders Manga, und japanischen Horrorfilmen (J-Horror) anzutreffen. Der Mann, den man in Japan am meisten mit dem Verbleib von Yōkai in der allgemeinen Vorstellung verbindet, ist Shigeru Mizuki, der Schöpfer von Serien wie Ge Ge Ge no Kitaro über einen einäugigen Yōkai-Superheld und Sampei no Kappa. Andere bekannte Manga und Anime in denen Yōkai eine wichtige Rollen spielen, sind Urusei Yatsura, in dem der Hauptcharakter eine weibliche Oni ist und InuYasha, das von einem Hanyō handelt und im mittelalterlichen Japan spielt, von Rumiko Takahashi; sowie Pom Poko, ein Film über Tanuki in der heutigen Welt, die von der Zivilisation bedroht werden und in dem auch Kitsune vorkommen; Prinzessin Mononoke in der viele tierische Yōkai / Mononoke eine Rolle spielen, und Chihiros Reise ins Zauberland, in dem die Hauptfigur in einem Badehaus voller Götter und Yōkai arbeitet, von Studio Ghibli.

Kinofilme, in denen Yōkai vorkommen, sind Yokai Daisenso, eine Filmreihe der 1960er/70er und ein Remake von 2005 und Akira Kurosawas Träume, in dem eine Prozession von Kitsune und eine Person, die einem traditionellen Oni ähnelt, vorkommen.

Aber auch in westlichen Romanen und Filmen kommen Yōkai vor, wie Tom Robbins Roman Villa Incognito, in der ein Tanuki die Hauptrolle übernimmt, aber auch Harry Potter von Joanne K. Rowling, in der Kappa und andere Geschöpfe kleinere Rollen spielen. Lafcadio Hearns Sammlung von Geistergeschichten Kwaidan: Stories and Studies of Strange Things beinhaltet viele Geschichten von Yūrei und Yōkai. Der hawaiische Volkskundler Glen Grant war für seine Obake Files bekannt, eine Serie von Berichten über übernatürliche Zwischenfälle in Hawaii. Der größte Teil dieser Vorfälle und Berichte waren japanischen Ursprungs, die sich durch häufiges Weitererzählen von diesem entfernten. Der mexikanisch-amerikanische Autor Alfred Avila fügte die Geschichte La Japonesa, über eine Nekomusume (Katzenmädchen), in seine Sammlung Mexican Ghost Tales of the Southwest ein.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. zur Symbolik
  2. vgl. Nihon Ryōiki, I,2, II,4

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