Heloten

Heloten

Heloten (v. griech. heléin = nehmen, erobern; also „die Eroberten“, „die Gefangenen“) nannte man die Angehörigen einer sozialen Schicht von Menschen im Staat Lakedaimon (heute üblicherweise nach seinem Hauptort Sparta genannt), die zwar im Staat sesshaft, aber keine Bürger waren. Sie waren an die Scholle gebunden und wurden als zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe der „öffentlichen Sklaven“ angesehen. Sie waren für jedermann an ihrer Kleidung erkennbar.

Inhaltsverzeichnis

Quellenproblematik

Viele Quellen zur Geschichte der Heloten widersprechen sich oder sind ungenau dargestellt. So bezeichnet Strabon (8,5,5) sie als „öffentliche Sklaven“, während Pollux (3,83) sie „zwischen Freien und Sklaven“ im 1. Jahrhundert v. Chr. ansieht. Bei Pausanias Periegetes (3,20,6) im 2. Jahrhundert n. Chr. ist von „spartanischen Staatssklaven“ und Sklaven des „Gemeinwesens“ die Rede. Daher besteht in der heutigen Forschung keine Einigkeit über den Status der Heloten. Unzweifelhaft hingegen ist die Meinung, dass die Heloten keinesfalls ganz privater Besitz einzelner Spartaner gewesen sein konnten, da eine doppelte Abhängigkeit zum Gemeinwesen und zu ihrem individuellen Besitzer bestand.

Die Ursprünge der Helotie

Eine These besagt, dass die Heloten in Lakonien auf die vordorische Bevölkerung zurückzuführen sind, die von den Spartanern in den Dunklen Jahrhunderten unterworfen wurde. Im 7./8. Jh. v. Chr. wurde diese Form der Sklaverei durch die Spartaner auf die Bürger des eroberten Messenien übertragen. Freilich wird der Name Helote in der Antike auch von Helos bzw. der Helos-Ebene (Paus. 3,20,6) abgeleitet, in der viele Menschen als erste gefangen genommen wurden. Diese Theorie der Herkunft des Begriffs wird aus heutiger etymologischer Sicht bestritten und erklärt die Bezeichnung aus dem griechischen Wort "gefangennehmen". Im Jahr 464 v. Chr. kam es zu einem verheerenden Erdbeben, das einen großen Aufstand der messenischen Heloten nach sich zog: Es kam zum dritten messenischen Krieg, in dem die Heloten nach langjähriger Abwehr unterlagen.

Die Institution der Helotie blieb bis zur römischen Herrschaft bestehen, wurde aber zunehmend durch die üblichen Formen der Sklaverei ersetzt.

Lakonische und messenische Heloten

Ein Unterschied zwischen lakonischen und messenischen Heloten bestand darin, dass die Unterwerfung der messenischen, im Gegensatz zu den lakonischen, mehrerer Kriege bedurfte, die zum Teil lange andauerten. Weiterhin wurden an die messenischen Heloten hohe Anforderungen an die landwirtschaftliche Leistungskraft gestellt, welche mit einer erniedrigenden Überwachung bei der Ablieferung der Ernteerträge verbunden waren. Dagegen wurden die lakonischen Heloten beim Erntevorgang nicht kontrolliert. Sie mussten einen festgesetzten Betrag an die Spartiaten abführen, während hingegen laut Tytaios um 600 v. Chr. die messenischen Heloten die Hälfte der Ernteerträge abliefern mussten. Die lakonischen Heloten rebellierten nie gegen die Spartiaten - auch nicht, als deren Macht gebrochen war -, und nach Ansicht einiger Forscher kämpften sie sogar neben den Spartiaten in der Phalanx. Dies hat in der neueren Forschung zu der Vermutung geführt, zumindest das Los der lakonischen Heloten sei faktisch weitaus besser gewesen, als es die (ohnehin problematischen) Quellen suggerieren. Die Aufstände der Messenier wären dann vielleicht eher als allgemeines Aufbegehren gegen die Fremdherrschaft als gegen die Helotie zu verstehen.

Die Rolle der Heloten in Sparta

Die Heloten bewirtschafteten das Land der Spartiaten und sorgten damit für deren Lebensunterhalt. Nach Lykurg bestimmte ein Gesetz, dass kein Spartiate seinen Grund und Boden selbst bestellen oder irgendeinem anderen Erwerb nachgehen dürfe. Vielmehr sollten sie von den Erträgen leben, die die Heloten erwirtschafteten und an sie abführten. Wie hoch die Abgaben waren, ist auch heute noch umstritten. So kann man sagen, dass das spartanische System auch auf der Arbeit der Heloten basierte, denn es ermöglichte den Spartiaten, abseits ihrer Höfe in Sparta zu leben und sich militärisch und politisch zu engagieren.

Ein Helot, der mit seiner Familie das Land bebaute, arbeitete nur für einen einzigen Spartaner, war aber trotz der persönlichen Bindung zu seinem Herren nur bedingt sein Eigentum, denn die Heloten blieben bei einem Besitzerwechsel grundsätzlich mit dem Boden verbunden. Durch die regelmäßige Selbstbeteiligung an der Ernte hatten sie Besitz und konnten ein Familienleben führen. Die Heloten durften nicht von ihrem Herrn verkauft oder freigelassen werden. Nur die spartanische Gemeinschaft konnte aufgrund besonderer Verdienste, beispielsweise im Krieg, Freilassungen erwirken. Diese Freigelassenen wurden dann mit dem Ausdruck Neodamoden (Neubürger) bezeichnet.

Sowohl Männer als auch Frauen dienten in den Haushalten der Spartiaten. Die helotischen Männer übernahmen u. a. Arbeiten als Wächter, Pferdeknechte, Tischdiener und wurden im Krieg als Leichtbewaffnete eingesetzt, die ihren Herrn begleiteten oder eine Schiffsmannschaft ergänzten.

Ihre Bindung an die Gemeinschaft, ihre Unterwerfung und Loyalität mussten sie durch ihre Teilnahme an den Begräbnissen der Könige und in ihrer gezeigten Trauer zum Ausdruck bringen.

Weitere Aspekte sind die Zurschaustellung der betrunkenen Heloten bei den Syssitien; den Gemeinschaftsmahlen der Spartiaten, und die Tötungen der Heloten während der Krypteia. Alljährlich gaben die Ephoren eine Kriegserklärung an die Heloten ab, mit der sie diese Tötungen rechtfertigten. Unter normalen Umständen wären sie als besiegte Feinde versklavt, aber nicht immerwährend bekriegt worden, in der Form der alljährlichen Kriegserklärung gegen die Heloten von Seiten der Spartiaten. Dieser Umstand bestimmte den Unterschied zwischen Heloten (auch „Staatssklaven“ genannt) und „normalen“ Sklaven. Der natürliche aber ungesicherte Rechtsstatus des Friedenszustands für die Sklaven wurde den Heloten absichtlich verweigert.

Siehe auch

Literatur

  • Baltrusch, E.: Mythos oder Wirklichkeit? Die Helotengefahr und der Peloponnesische Bund, HZ 272 (2001), S. 1-24.
  • Clauss, M.: Sparta. Eine Einführung in seine Geschichte und Zivilisation, München 1983.
  • Cartledge, Paul: Heloten, Der neue Pauly, Bd. 5 (1998), Sp. 333 – 336, Stuttgart.
  • Klees, H.: Zur Beurteilung der Helotie im historischen und politischen Denken der Griechen im 5. und 4. Jh. v. Chr., in: *Laverna 2 (1991), S. 27-52.
  • Link, S.: Der Kosmos Sparta, Darmstadt 1994.
  • Thommen, L.: Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis, Stuttgart 2003.
  • Welwei, K.-W.: Unfreie im antiken Kriegsdienst, Wiesbaden 1974.
  • Welwei, K.-W.: Sparta. Aufstieg und Niedergang einer antiken Großmacht, Stuttgart 2004.

Weblinks


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