Helmut Herbst

Helmut Herbst

Helmut Herbst (* 2. Dezember 1934 in Escherhof, Rheinland) ist ein deutscher Filmmacher. Herbst, dessen Spezialgebiete der Animationsfilm und der experimentelle Film sind, verbindet in seinen Filmen und Texten die Erforschung der Technik, Geschichte und Ästhetik des Mediums Film.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Abitur und Studium in Hamburg ging Helmut Herbst 1958/59 mit einem Malerei-Stipendium nach Paris, wo er regelmäßig die Cinémathèque française besuchte. „Ich habe in Paris das Kino entdeckt“, erzählt der Regisseur rückblickend (Lit.: Conley et al., 1992). Durch Klaus Wildenhahn kam Herbst in Kontakt mit der Panorama-Redaktion des NDR unter Gert von Paczensky und begann 1961 mit einer umgebauten Ernemann-Holzkamera aus den 20er-Jahren Trickteile für das Fernsehmagazin zu drehen.

1962 gründete er die Firma Cinegrafik, mit der er Animationsteile für Industriefilme und Fernsehsendungen herstellte, aber auch eigene Animationsfilme wie Kleine Unterweisung zum glücklichen Leben (1962/63, in Zusammenarbeit mit dem Lyriker Peter Rühmkorf), Schwarz-Weiß-Rot (1963/64) oder Der Hut oder Mondo uovo (1964). Im selben Jahr stieß der Filmmacher Franz Winzentsen zur Firma, der 1970 Partner der Cinegrafik wurde.

Helmut Herbst, eine der prägenden Persönlichkeiten des Anderen Kino der 1960er und '70er Jahre, gehört 1967 zu den Gründungsmitgliedern der Hamburger Filmmacher Cooperative, die als eine Art europäische Variante des amerikanischen Undergroundkinos gedacht war.

Nach dem Dokumentarfilm Deutschland DADA (1968/69) produzierte Herbst neben seiner Tätigkeit als Dozent für Filmtechnik an der dffb in einer Mischung aus Animations- und Realteilen eine Reihe von "didaktischen Filmen" über Themen der Kunst- und Filmgeschichte: Synthetischer Film oder Wie das Monster King Kong von Fantasie & Präzision gezeugt wurde (1974/75), John Heartfield, Fotomonteur (1976/77) und Lebende Photographien auf einem laufenden Bande – Guido Seeber (1979), über den Pionier des Filmtricks und der Kameratechnik. Er beteiligte sich auch an der für die Hochschule und das Fernsehen produzierte Serie über Filmmontage Zwischen den Bildern, wo er den Filmmachern Werner Nekes, Jean-Marie Straub/Danièle Huillet, Alexander Kluge und Klaus Wyborny ihre Theorie und Praxis der Montage darzustellen ließ.

Als 1979 zum Filmfest der Filme[sic!]macher eine Reihe Regisseure mit politisch-finanzieller Unterstützung des Senats der Hansestadt aus München kamen und behaupteten, die Filmkultur nach Hamburg bringen zu müssen, protestierte Herbst mit anderen Hamburger Filmmachern: „Die Münchner“, sagt Herbst im Gespräch, und nennt Werner Herzog, Alexander Kluge und Wim Wenders, „wollten etwas ganz anderes. Die Münchner wollten das deutsche Kino übernehmen. [...] Und das haben sie ja dann auch gemacht.“

1981/82 realisierte Herbst den Spielfilm Eine deutsche Revolution nach Kasimir Edschmids Roman Büchner, eine deutsche Revolution, und zehn Jahre später in deutsch-ungarischer Coproduktion Die Serpentintänzerin / Szerpentintáncosnö über die Frühzeit der Kinematografie.

Seit Ende der 1960er Jahre war Helmut Herbst vor allem als Hochschullehrer tätig. Von 1969 bis 1979 unterrichtete er als Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und von 1985 bis 2000 als Professor an der HfG Offenbach.

Nach seiner Pensionierung lebt Helmut Herbst in Brombachtal-Birkert (Odenwald).

Filmografie

  • 1958. Multiplane. Animationsfilm
  • 1962/63. Kleine Unterweisung zum glücklichen Leben. Animationsfilm
  • 1963. Der große Organisator. Animationsfilm
  • 1963/64. Schwarz-Weiß-Rot. Animationsfilm
  • 1964. Abends, wenn der Mond scheint. Kurzfilm.
  • 1964. Der Hut oder Mondo uovo. Kurzfilm mit Trickteilen.
  • 1965. Die Überwindung eines Verlustes. Animationsfilm
  • 1966/67. Na und ..?. Regie mit Marquard Bohm. Kurzfilm.
  • 1968. Heute schreiben wir das Jahr 3090. Animationsfilm mit Realteilen.
  • 1968/69. Deutschland DADA. Dokumentarfilm
  • 1970. Eine regnerische Nacht in Potsdam. Animationsfilm mit Realteilen.
  • 1970-74. Die phantastische Welt des Matthew Madson. 1977 Neufassung.
  • 1974/75. Synthetischer Film oder Wie das Monster KING KONG von Fantasie & Präzision gezeugt wurde. Dokumentarfilm.
  • 1976/77. John Heartfield – Fotomonteur. Dokumentar-Animationsfilm.
  • 1979. Drei Versuche über Anton von Weberns Opus 5, 5. Satz. Kurz-Animationsfilm.
  • 1979. Lebende Photographien auf einem laufenden Bande. Guido Seeber 1879-1940. Filmpionier, Kameramann, Filmhistoriker, Techniker. Dokumentarfilm.
  • 1980-82. Zwischen den Bildern. 3. Über die Trägheit der Wahrnehmung. Regie mit Klaus Feddermann. Dokumentarfilm
  • 1981. Happening. Kunst und Protest 1968. Regie mit Friedrich Heubach. Dokumentarfilm.
  • 1981/82. Eine deutsche Revolution. Spielfilm
  • 1982/83. Dappi-Film No 1. Animationsfilm
  • 1983. Sieben einfache Phänomene. Animationsfilm
  • 1984. Das Knarren im Gehäuse. Animationsfilm
  • 1988/89. Das musikalische Opfer. Kurzfilm. 1990 Neufassung: Früher als wir noch nicht postmodern waren
  • 1991/92. Die Serpentintänzerin / Szerpentintáncosnö. Spielfilm
  • 1997/99. Die Himmelsbraut . Spielfilm

Literatur

  • Helmut Herbst: Fotomontage – Filmmontage. Einige Anmerkungen. In: Eckard Siepmann (Hg.): Montage: John Heartfield. Berlin (West): Elefanten Press 1977.
  • Helmut Herbst: Neugier. In: Das wandernde Bild. Der Filmpionier Guido Seeber. Hg. v. d. Stiftung Deutsche Kinemathek. Berlin (West): Elefanten Press 1979.
  • Helmut Herbst, Henning Zick, Klaus Feddermann: Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Gespräch. In: Filmfaust, Nr. 27, April/Mai 1982.
  • Hans-Michael Bock, Michael Töteberg: “... als operativer Künstler”. In: Eppendorfer Medienbrief, Nr. 6, April 1977. Interview mit Helmut Herbst.
  • Arthur and Corinne Cantrill: An Interview with Helmut Herbst. Hamburg, Oct. 1983. In: Cantrills Filmnotes, Melbourne, Nr. 11, 1984.
  • Patrick Conley, Karola Gramann: Über die Verbindung von politischer und ästhetischer Radikalität. Ein Gespräch mit Helmut Herbst zur 1. Hamburger Filmschau 1968. In: Bilder malen, Filme malen. Frankfurt: Filmbüro Hessen, 1992. S. 5-10. (Online-Version)
  • Dem Licht bei der Arbeit zusehen. Helmut Herbst fotografiert Freunde und Kollegen 1964-1990. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Filmmuseum Berlin 2004.

Weblinks


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