Heinrich Wuttke

Heinrich Wuttke
Heinrich Wuttke

Johann Karl Heinrich Wuttke (* 12. Februar 1818 in Brieg, Schlesien; † 14. Juni 1876 in Leipzig) war ein deutscher Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Vater, Bürgermeister der Stadt Brieg, schickte sein einziges Kind, Heinrich Wuttke, 1829 auf das Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau. Nach dem Abitur im Jahre 1836 studierte Heinrich Wuttke an der Universität Breslau. Aus dieser Zeit stammte seine Freundschaft mit Hoffmann von Fallersleben. 1838 promovierte er bei Gustav Adolf Harald Stenzel in Breslau mit einer Arbeit über Thukydides. Ab 1841 hielt er Vorlesungen an der Universität Leipzig, nachdem er unter Wilhelm Wachsmuth ebenfalls mit einer Arbeit über Thukydides habilitiert wurde. 1848 wurde er ordentlicher Professor für historische Hilfswissenschaften an der Universität Leipzig. Bemerkenswert hierbei ist, dass er nach dem Erlangen seiner Privatdozentur nie nach einer Beförderung zum außerordentlichen Professor nachgesucht hatte. Seine Beförderung vom Privatdozenten zum ordentlichen Professor resultierte aus einen guten Beziehungen zu dem damaligen sächsischen Kultusminister Ludwig von der Pfordten und dem Tod von Friedrich Christian August Hasse, der den Lehrstuhl für die historischen Hilfswissenschaften in Leipzig innehatte. 1848 war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, den gemäßigten Linken und der großdeutschen Richtung zugehörig, eng verbunden mit Robert Blum. Er gehörte zum sogenannten "Württemberger Hof" und dem großdeutschen Verfassungsausschuss an und stimmte gegen Friedrich Wilhelm IV.. Später stand er zeitweise Ferdinand Lassalle nahe.

Er vertrat eine großdeutsche Geschichtsauffassung und war zudem bestrebt, Berufungen von Professoren aus den sog. "Berliner Richtungen" zu behindern. Damit waren Historiker gemeint, die eine dezidiert kleindeutsch-preußische Geschichtsauffassung vertraten. So zum Beispiel war es bei dem Historiker Georg Voigt der Fall. In seinem "historischen Seminar", was eigentlich nur eine seminaristische Übungsgesellschaft gewesen war, saß auch Heinrich von Treitschke als Student. Wuttke war alles in allem ein hervorragender Gelehrter. Das schließlich hatte auch Treitschke anerkannt, auch wenn dessen geschichtlicher Standpunkt dem von Wuttke geradezu entgegengesetzt war.

Wuttke war Mitglied zahlreicher Vereine insbesondere in Leipzig. So war er im Verein für die Geschichte Leipzigs, im Leipziger Schillerverein, im Deutschen Verein, Redeübungsverein u.a.

Für die Universitätsgeschichte war er auch als Reformer hervorgetreten, wenngleich seine Bemühungen um eine Neuregulierung des Gebührenwesens bei Promotionen in Leipzig von den Kollegen zunächst blockiert wurden. Ihm fiel auf, dass die brauchtumsähnliche Verfahrensweise bei den Promotionen keinen Bezug zu den Universitätsstatuten besaßen. Später kam durch Druck des sächsischen Königshauses jedoch eine solche Regelung zustande. Außerdem hatte er zusammen mit anderen Professoren sich für den Erhalt der völkerkundlichen Sammlung von Gustav Friedrich Klemm eingesetzt, welche den Grundstock für das Museum für Völkerkunde in Leipzig bildet. Die Universität hatte er jedoch nicht zum Ankauf der Sammlung zu bewegen vermocht.

Wuttke war Ehrenmitglied der Leipziger Burschenschaft Germania.

Der Nachfolger Wuttkes verbunden mit der Umbenennung des Lehrstuhles für die Historischen Hilfswissenschaften in den für Mittlere und Neuere Geschichte wurde Carl von Noorden.

Wuttkes Sohn war der Volkswirt und Volkskundler Robert Wuttke.

Werk

Als Historiker machte er sich vor allem mit seiner Geschichte der Schrift einen Namen. Dieses Werk beließ er als Torso, weil er nur die nichtalphabetarischen Schriftsysteme von den Tattoo über die Keilschriften und Hieroglyphen bis zu den japanischen und chinesischen Zeichen hin beschrieb. Die alphabetarischen Schriftsysteme beschrieb er nicht mehr. Er hatte dem Vorwort zufolge auch nicht zuletzt aus Kostengründen davon Abstand genommen. In der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Leipzig befindet sich ein Nachlass Wuttkes, der das Vorhandensein einer Materialsammlung auch für diesen Band bezeugt. Materialmangel ist demnach wohl auszuschließen. Außerdem lieferte er zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte Schlesiens bis zu Friedrich II..

Sein Verhältnis zu den Polen war ein feindliches.[1] So schrieb er auch unter dem Eindruck und sicher nicht ohne agitatorische Absicht ein Buch unter dem Titel Polen und Deutsche, welches eine Streitschrift gegen die Polen zutreffender genannt werden sollte als eine historisch-wissenschaftliche Abhandlung. Er verwahrte sich gegen die Wiederherstellung des unter Preußen, Österreich und Russland aufgeteilten polnischen Staates und wies ausdrücklich den Anspruch zurück, dass die geforderte polnische Westgrenze die Oder sein sollte. Dabei gab er zu, dass die Slawen eigentlich auf Gebiete bis zur Saale „und tief in das Herz von Deutschland“ Anspruch hätten, die ihnen seit dem 10. Jahrhundert entrissen worden waren.[2] Schließlich schrieb er auch über das Zeitungs- und Pressewesen, wobei er den sog. Reptilienfonds angriff. Wuttke schrieb auch zur Erdkunde im Mittelalter.

Die Herausgabe von Christian Wolffs eigener Lebensbeschreibung mit einer Abhandlung ist wegen des Umstandes, dass die damals in Görlitz befindliche Handschrift als verschollen gilt, für die Geschichte der Aufklärung und des Wolffianismus von einem besonderen Wert. Außerdem gab er zusammen mit seinem Schüler Mosig von Ährenfeld, der die Übersetzung aus dem Tschechischen besorgt eine große Abhandlung von Pavel Jozef Šafárik über die slawischen Altertümer und slawische Volkskunde heraus. Auch ein Urkundenbuch zur Stadt Posen gibt es von ihm wie auch über die Völkerschlacht bei Leipzig. Dieses ist jedoch nur eine Auswahl einer Vielzahl seiner Schriften.

Den Wert seiner historischen Arbeiten zu bestimmen, ist überaus schwierig, weil nicht selten historische Darstellung mit tagespolitischem Geschehen vermengt wurde. Die zeitgenössische Kritik hatte daher auch nicht selten den Wert seiner Arbeiten über Gebühr getadelt und missachtet. Sein hauptsächlich in Dresden liegender Nachlass von Arbeiten, die für den Druck bestimmt gewesen sind, fand aus seiner politischen Einstellung heraus auch keinen Herausgeber und Verleger. Wissenschaftliche Unzulänglichkeiten dürften eher eine sekundäre Ursache gewesen sein. Nur seine Geschichte zur Bartholomäusnacht wurde aus dem Nachlass von seinem Schüler Georg Müller-Frauenstein[3] herausgegeben.

Literatur

  • Art. Wuttke, Johann Carl Heinrich, in: Helge Dvorak, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, hrsg. von Christian Hünemörder, Bd. I: Politiker Teilband 6: T-Z, Heidelberg 2005, S. 393-396.
  • Georg Müller-Frauenstein: Johann Karl Heinrich Wuttke. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 44, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 569–572.
  • Jens Blecher/ Mario Todte: Johann Karl Heinrich Wuttke (1818-1876), in: Sächsische Lebensbilder. Herausgegeben von Reiner Groß und Gerald Wiemers, Band VI, Stuttgart 2009, S. 799-830.
  • Mario Todte, Studien zum Geschichtswerk von Heinrich Wuttke (1818-1876), München 2010.

Einzelnachweise

  1. Vgl. hierzu Wolfgang Wippermann, Der ‚deutsche Drang nach Osten‘. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes, Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 1981, S. 39 f.
  2. Polen und Deutsche (1846), S. 6
  3. Der Doppelname erklärt sich aus dem Herkunftsort Frauenstein, aus dem dieser Georg Müller stammte. Todte, Heinrich Wuttke, S. 6 und 102.

Weblinks



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