Heinrich Mitteis

Heinrich Mitteis

Heinrich Mitteis (* 26. November 1889 in Prag; † 23. Juli 1952 in München) war ein deutscher Rechtswissenschaftler. Er gilt als einer der bedeutendsten Rechtshistoriker des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mitteis wurde 1889 als Sohn des Rechtshistorikers Ludwig Mitteis in Leipzig geboren. Er entwickelte ein starkes musikalisches Interesse und besuchte die humanistische Thomasschule zu Leipzig. Mit dem späteren Thomaskantor Karl Straube verband ihn eine enge Freundschaft. [1] Er studierte Rechtswissenschaft bei Karl Binding, Otto Mayer, Rudolph Sohm und Adolf Wach an der Universität Leipzig und bei Heinrich Brunner und Otto von Gierke an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Im Jahr 1913 wurde er in Leipzig mit „summa cum laude“ zum Dr. jur. promoviert. Sein Referendariat absolvierte er von 1913 bis 1914 bei Ulrich Stutz und Hans Schreuer an der Universität Bonn.

Von 1915 bis 1918 war Mitteils Soldat, wurde mehrfach verwundet und ausgezeichnet (Albrechts-Orden 2. Klasse mit Schwertern und Eisernes Kreuz II. Klasse). 1919 habilitierte er sich in Deutscher Rechtsgeschichte und Privatrecht an der Universität Halle. Nebenamtlich nahm er einen Lehrauftrag am Polytechnikum Köthen wahr. Schon 1920 wurde Mitteis mit der Abhaltung von Vorlesungen an der Universität Köln beauftragt, wo er 1921 Ordinarius für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht wurde. 1924 folgte er einem Ruf nach Heidelberg als Nachfolger Hans Fehrs.

1933 verlor er sein Amt als Dekan, weil er gegen die Verunglimpfung jüdischer Kollegen in der nationalsozialistischen Presse Stellung nahm und den Rektor kritisierte.[2] Obwohl Mitteis nicht der NSDAP beitrat, wurde er 1934 auf den Lehrstuhl für Deutsches Privatrecht, Deutsches Bürgerliches Recht, Handels- und Wechselrecht und Deutsche Rechtsgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. Wegen seiner kritischen Einstellung zum Nationalsozialismus war Mitteis offenen Angriffen von Seiten der nationalsozialistischen Studentenführung ausgesetzt. In einer Vorlesung kam es sogar zu einer Schlägerei zwischen NS-Studenten und Mitteis’ Schülern.[3] Mitteis musste auf Anweisung des Rektors Vorlesungen ausfallen lassen. Zum 1. April 1935 nahm er einen Ruf als Nachfolger von Hans von Voltelini an die Universität Wien an. Nach dem Anschluss Österreichs wurde Mitteis an die Universität Rostock versetzt, 1946 wechselte er nach Berlin. Im Dezember 1947 erhielt er einen Ruf an die Universität München, 1952 einen nach Zürich.

Mitteis war der wohl bedeutendste Rechtshistoriker des 20. Jahrhunderts. 1927 gründete er mit Leopold Wenger den Deutschen Rechtshistorikertag. Er verknüpfte die Rechtsgeschichte, die politische Geschichte und die Geistesgeschichte. Sein auf umfangreichen Quellenstudien in deutschen und französischen Archiven basierendes Buch Lehnrecht und Staatsgewalt korrigierte zahlreiche Vorstellungen von der Verfasstheit der mittelalterlichen Gesellschaft. In dem 1940 erstmals veröffentlichten Werk Der Staat des hohen Mittelalters behandelte er die Grundlinien einer vergleichenden Verfassungsgeschichte Europas. Er veröffentlichte Studienbücher zur Rechtsgeschichte und zum Privatrecht. 1947 wurde er Herausgeber der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Von 1950 bis zu seinem Tod war Mitteis Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Im Jahr 1954 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Heinrich-Mitteis-Gasse nach ihm benannt.

Mitgliedschaften

Schriften

  • Lehnrecht und Staatsgewalt – Untersuchungen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte (1933)
  • Der Staat des Hohen Mittelalters (1940)
  • Deutsche Rechtsgeschichte (1949)
  • Deutsches Privatrecht (1950)
  • Die Rechtsidee in der Geschichte (1957)

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus-Peter Schroeder: Eine Universität für Juristen und von Juristen. Die Heidelberger Juristische Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2010, ISBN 978-3-16-150326-9, S. 422.
  2. Helmut Heiber, Universität unterm Hakenkreuz, Teil II, Bd. 2, München 1994, S.288 ff.
  3. Michael Grüttner, Studenten im Dritten Reich, Paderborn 1995, S. 255 ff.

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