Heiliges Grab (Görlitz)

Heiliges Grab (Görlitz)
Heiliges Grab in Görlitz

Das Heilige Grab in Görlitz, auch Görlitzer Jerusalem genannt, wurde als religiöses Gesamtkunstwerk geschaffen, das sich von der Krypta der Kirche St. Peter und Paul über den Stadtraum zum Heiligen Grab erstreckt. Es gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Heilig-Grab-Kapelle in der Neißestadt ist eine verkleinerte Kopie des Jerusalemer Originals aus der Zeit des hohen Mittelalters, deren Genauigkeit bei keiner anderen Nachbildung des Heiligen Grabes in Deutschland erreicht wurde. Das Bild, das sie in Görlitz bietet, stand in der gleichen Form den Kreuzfahrern vor Augen, ebenso auch Georg Emmerich, dem späteren Bürgermeister und Agnete Fingerin, als sie eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternahmen.

Im Jahr 1989 wurde das 500-jährige Jubiläum des Heiligen Grabes zu Görlitz gefeiert. Der Anlass der Feierlichkeiten war nicht unumstritten, weil für die Entstehung der Anlage die Jahre zwischen 1481 und 1489 ebenso genannt werden wie die Zeitspanne zwischen 1481 und 1504.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Die Gesamtanlage um 1700
Die Anlage um 1710

Auf der spätmittelalterlichen Anlage als Landschafts- und Architekturensemble errichtet, entstand die Doppelkapelle zum Heiligen Kreuz, die verkleinerte Nachbildung des maurisch-romanischen Heiligen Grabes und die Salbungskapelle, mit einer Skulptur von Hans Olmützer. Bezeichnungen wie Jüngerwiese, Kidrontal und Ölberg (siehe auch Kalvarienberg) machen deutlich, dass die Anlage als religiöses Gesamtkunstwerk verstanden werden sollte.

Die neuere Forschung belegt nicht eindeutig das, was gerne als Legende erzählt wird: Georg Emmerich (1422–1507), der Sohn eines reichen Kaufmannes in Görlitz, Studiosus in Dresden, schwängert die Tochter des Görlitzer Nachbarn Benigna Horschel und verweigert die Ehe. Die Pilgerreise nach Jerusalem 1465 ist nicht nur Ausdruck tiefer Religiosität, sie endet für Emmerich auch mit der Absolution seiner Sünden: Er wird zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen.

Die Anlage steht in direkter Abhängigkeit zu den Heiligtümern in der Grabeskirche in Jerusalem. Die Kreuzkapelle in Görlitz ist eine verkleinerte Kopie der hochmittelalterlichen Heilig-Grab-Kapelle, die so nicht mehr in Jerusalem steht. Baubeginn der Anlage ist das Jahr 1480, als der Rat der Stadt Görlitz einen Bauantrag für eine steinerne Kreuzkapelle an den Bischof von Meißen stellt. 1504 ist die Einweihung mit einer Messe durch den Bischof von Meißen.

Die gesamte Anlage besteht aus der Heilig-Grab-Kapelle, der Doppelkapelle zum Heiligen Kreuz mit Adamskapelle (unten) und Golgathakapelle (oben) sowie dem Salbhaus mit der Skulptur „Die Beweinung Jesu“ von Hans Olmützer. Die Landschaft mit den Anhöhen nördlich der Grabeskapelle stellt den Ölberg mit dem Garten Gethsemane dar, mit der Gebetsstätte und der Jüngerwiese. Der Wasserlauf symbolisiert das Tal des Baches Kidron. Die Straßen der Stadt von der Krypta der Peterskirche bis zur Anlage bilden den Kreuzweg mit verschiedenen Stationen der Rast.

Agnes Fingerin

Agnes oder Agnete Fingerin (–1515) ist eine der wenigen Frauen aus dem Mittelalter, die nach dem Tod (1465) ihres reichen Ehemannes mehr als 50 Jahre unverheiratet ein selbstbestimmtes Leben führt. Sie pilgerte 1476 mit der Reisegesellschaft von Herzog Albrecht von Sachsen ins Heilige Land, "ein Weib von männlichem Mute und Reden in einer Mönchskutte verkleidet". So wird sie in Hans von Mergenthals Reisebeschreibungen erwähnt. Vermutlich ist sie es, die die Bauunterlagen für das Heilige Grab mit nach Görlitz bringt.

Georg Emmerich

Georg Emmerich wird nach seiner Pilgerreise Ratsmitglied der Stadt Görlitz und wurde fünfmal als Bürgermeister gewählt. In dieser Position unterstützt Emmerich den Bau des Heiligen Grabes. Dass die Familie Emmerich diese Anlage nicht als Eigentum vereinnahmen konnte, belegen Quellen, wonach die Bürger der Stadt für den Erhalt im Allgemeinwohl kämpfen. Ein Enkel Emmerichs ließ 1578 in der Adamskapelle eine Inschrift anbringen, die zu der Legende führte, dass er der Stifter dieser Anlage sei.

Vom Wallfahrtsort zur Touristenattraktion

Jesusbäckerei

Heute ist der Kreuzweg mit den Leidensstationen Christi Ausgangspunkt für die Auferstehungsfeier im Heiligen Grab. Jährlich zu Karfreitag ist diese Veranstaltung ein Höhepunkt – auch als touristische Attraktion – im christlichen Jahreslauf.

Der Kreuzweg führt von der Krypta der Peterskirche über die biblischen Stationen wie Jesusbäckerei (die die Stelle markieren soll, an der Jesus unter der Last des Kreuzes zusammengebrochen ist), Garten Gethsemane (Ölberg), Gebetsplatz Jesu (Jüngerwiese) und das Kidrontal (Lunitztal). Separat zu begehen ist in der warmen Jahreszeit der benachbarte Ölberggarten.

Ebenfalls am Karfreitag beginnt der alljährliche Bußgang der Männer am Hl. Grab, welcher jedes Jahr zu einer der vier katholischen Kirchen in Görlitz führt.

Förderverein zur Denkmalspflege für das Heilige Grab in Görlitz e.V.

Laut Satzung von 1987 dient der Förderverein der Förderung der Denkmalpflege durch Unterstützung der Restaurierung, Sicherung und Unterhaltung der historischen Gebäude, Gartenanlage und gotischen Kunstwerke um das Heilige Grab in Görlitz. In die Denkmalspflege einbezogen ist das gesamte Ensemble des Heiligen Grabes einschließlich des Kreuzweges durch die Stadt.

Literatur

  • Ines Anders, Marius Winzeler (Hrsg.): Lausitzer Jerusalem. 500 Jahre Heiliges Grab zu Görlitz. Herausgegeben für die Städtischen Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz. Verlag Gunter Oettel, Görlitz u. a. 2005, ISBN 3-932693-89-2, (Städtische Sammlungen für Geschichte und Kultur Schriftenreihe NF 38), (Begleitpublikationzur Ausstellung, Görlitz, Kulturhistorischen Museum, Barockhaus, 10. September 2004 – 23. Januar 2005).
  • Till Meinert: Die Heilig-Grab-Anlage in Görlitz. Architektur und Geschichte eines spätmittelalterlichen Bauensembles. Rust, Esens 2004, ISBN 3-936492-06-9 (Zugleich: Berlin, Freie Univ., Diss., 2002).

Weblinks

 Commons: Heiliges Grab Görlitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


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