Heilig-Geist-Kirche (Braunschweig)

Heilig-Geist-Kirche (Braunschweig)
Toni Zenz: Agape (Liebesmahl)

Die Heilig-Geist-Kirche ist eine katholische Kirche in Braunschweig-Lehndorf. Der Bau von 1952 ist durch Architektur und Ausstattung bemerkenswert.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Der niedersächsische Raum und mit ihm Braunschweig war durch die nachhaltige Wirkung der Regel Cuius regio, eius religio einer von Landesfürsten bestimmten Vergangenheit zur Diaspora für die Christen katholischer Konfession geworden. Nach dem Verlust der deutschen Ostgebiete und der einhergehenden Vertreibung der dortigen deutschen Bevölkerung stieg in Braunschweig auch der Anteil der Katholiken sprunghaft an. Eine unmittelbare Nachwirkung davon ist auch der Bau der röm.-kath. Heilig-Geist-Kirche.

Heilig-Geist-Kirche in Braunschweig-Lehndorf

Die katholische Gemeinde in Lehndorf, zuerst benannt nach dem Hl. Godehard und Filialgemeinde der St.-Josefs-Gemeinde in der Goslarschen Straße, feierte ihre Hl. Messen zunächst in privaten Wohnzimmern und sodann in der ev. luth. Alt-Lehndorfer Kreuzkirche, die die dortigen ev.-luth. Gemeindemitglieder, den erst später populär gewordenen Geist der Ökumene bereits damals praktizierend, bereitwillig zur Verfügung stellten. Mit den einfachsten Mitteln musste damals die Seelsorge für 2.000 Gemeindemitglieder gewährleistet werden. Umso dringender wurde die Notwendigkeit eigener Räumlichkeiten, wie sie dann, unterstützt durch das Bonifatiuswerk, alsbald in Angriff genommen wurden.

Bau der Kirche

Toni Zenz: Der Beter St. Antonius

1952 erfolgte die Grundsteinlegung für die Heilig-Geist-Kirche auf dem Grundstück St. Ingbert Str. 90 durch den damaligen Pfarrer der Gemeinde Peter-Paul Urbanczyck (1907-1981), dem es gelang, einige der seinerzeit renommiertesten Künstler für den Kirchenbau und die Ausstattung zu gewinnen. So erfolgte die Bauausführung nach Plänen des Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm (Köln), der auch die sehenswerte Buntverglasung entwarf; die Ausstattung erfolgte durch Bildhauerarbeiten und Bronzeplastiken des Kölner Künstlers Toni Zenz, der stilistisch in der Tradition Ernst Barlachs und Käthe Kollwitz' steht. Später hinzuerworben wurde noch eine holzgeschnitze schwäbische Madonnenfigur aus dem 15. Jahrhundert. Anfang der 60er Jahre wurde die Heilig-Geist-Gemeinde zur eigenständigen Pfarrei erhoben.

Ausstattung

Innenansicht der Heilig-Geist-Kirche; über dem Altar das Bildnis „Agape“ von Toni Zenz

Herauszuhebende Werke Toni Zenz' sind in Hl. Geist die Plastiken „Agape (Liebesmahl)“, „Der Beter St. Antonius“, ein Ambo (Lesepult) in Form eines Adlers, das Baptisterium, die Taubenfigur auf dem Turm, der Altar sowie ein lebensgroßes Kruzifix. Toni Zenz stattete auch andere Kirchen in Deutschland mit seinen Plastiken aus, darunter St. Bernhard in Hamburg - Poppenbüttel und St. Kunibert in Köln.

Die Plastik „Agape“ zeigt das Kreuz nicht gegenständlich, sondern den Gekreuzigten in der Gestalt des Gottesknechtes, seine Arme ausbreitend und eingehüllt und getragen vom Geiste Gottes in der symbolischen Gestalt der Taube. Dieses schwer zugängliche Bildnis von hoher Aussagekraft hat zunächst einen heftigen Meinungsstreit in der gesamten katholischen Kirche verursacht, von dem auch einiges zu Pius XII. gedrungen sein soll, der - einer kunstkritischen Wertung sich enthaltend - die Intention des Bildes sogleich erkannt und gewürdigt haben soll.

Dominikus Böhm: Langfenster im Altarraum

Die Kirchenfenster symbolisieren die drei Attribute des Heiligen Geistes: Feuer, Wasser und Wind. Stellvertretend für diese sind in geometrisch begrenzten Formen dargestellt: Flammen, Fisch und Welle, ziehende Wolken, Vögel und Strahlenpfeile um das Himmelsgestirn. Jedes der Motive wiederholt sich über die Festerreihen der Kirche hinweg in vertikalen und horizontalen Gruppierungen und mit wechselnden Farben und Formen, doch so, dass am Fuße der Langfenster das warme tief Rot, oben aber und im Kirchenschiff die lichten hellen Farben überwiegen. Das in Sandstein eingefasste Rundfenster an der Stirnseite der Kirche ist bestimmt von scheinbar wahllosen geometrischen Formen. Sonntags gegen zehn Uhr (Hochamtszeit) fängt das Fenster bei Sonnenschein an zu glühen und verleiht dem Innenraum eine warme Farbe.

Toni Zenz: Ambo in der Form eines Adlers. Der Adler symbolisiert die Nähe zu Christus.

In der Heilig-Geist-Kirche steht eine Orgel der Hildesheimer Orgelbauwerkstatt (Erich Palandt) von 1957 mit 25 Registern, mechanischer Traktur, zwei Manualen und Pedal. Ihre Disposition geht auf eine historische Orgel aus Hildesheim zurück, die allerdings bereits im 19. Jahrhundert demontiert wurde.

Turm und Glocken

Turmpspitze der Heilig-Geist-Kirche, gekrönt von einer den Hl. Geist symbolisierenden Taube

Der Turm der Heilig-Geist-Kirche wurde erst später geplant und ausgeführt als die Heilig-Geist-Kirche. Die ungewöhnliche, abgebrochen zylindrische Form des Turmes symbolisiert den verwundeten Baum des Lebens, seiner Krone beraubt durch die Sünde, der aber durch das Wirken des Geistes Gottes neue Knospen schlägt. Der Turm beherbergt neben der Taufkapelle drei wertvolle Glocken aus der Zeit um 1750, die von verschiedenen schlesischen Wandergießern aus Troppau, Neisse und Gleiwitz gegossen wurden und vor dem Krieg in der Allerheiligenkirche in Gleiwitz läuteten. Als Schmelzgut kamen sie 1943 mit zehntausenden anderer Kirchenglocken auf den Hamburger Glockenfriedhof. Da die aus den Ostgebieten stammenden Glocken nach dem Ende des Krieges nicht dorthin zurückkehren konnten, wurden sie sodann neu erbauten Kirchen in Westdeutschland überlassen.

Pfaffenfeindtaler

Im 30-jährigen Krieg ließ Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, dem der Volksmund den Beinamen „der tolle Christian“ verlieh, den Paderborner Domschatz rauben und aus dem erbeuteten Silber Taler schlagen mit der Aufschrift „Gottes Freundt, der Pfaffen Feindt“. Diese Spottmünze auf katholische Geistliche wurde 1622 in Soest geprägt. Der Prägung dieser Münze ist unter anderem der mittelalterliche Liboriusschrein aus dem Paderborner Dom zum Opfer gefallen.

Der ev. luth. Lehndorfer Bürger Heinrich Priesmeier hatte einige dieser Pfaffenfeindtaler in seinem Privatbesitz, die er 1961 der neuen katholischen Gemeinde in Lehndorf stiftete. Die Taler wurden eingeschmolzen und dem Silberkorpus der Monstranz beigegeben, einer der Taler wurde in dem Schauglas der Monstranz eingefügt und berichtet von dem guten Ausgang einer bösen Geschichte.

Literatur

Eduard Schreuer: Heilig-Geist-Kirche 25 Jahre, Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum des Kirchenbaus, Braunschweig 1977

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