Hebräische Bibel

Hebräische Bibel
Tanach
Tora

1. Buch Mose (Bereschit: „Im Anfang“)
2. Buch Mose (Schemot: „Namen“)
3. Buch Mose (Wajikra: „Er rief“)
4. Buch Mose (Bemidbar: „In der Wüste“)
5. Buch Mose (Devarim: „Worte“)

Nevi'im: Propheten

Buch Josua
Buch Richter
Erstes und Zweites Buch Samuel
Erstes und Zweites Königsbuch
Jesaja
Jeremia
Ezechiel
Zwölfprophetenbuch

Ketuvim: Schriften

Buch der Psalmen
Buch Hiob
Buch der Sprichwörter
Buch Rut
Hohes Lied
Prediger Salomo
Klagelieder Jeremias
Buch Ester
Buch Daniel
Buch Esra und Nehemia
Erstes und Zweites Chronikbuch

Der Tanach (תנ״ך) ist die Heilige Schrift (Bibel) des Judentums. Er besteht aus den drei Hauptteilen Tora („Weisung“), Nevi'im („Propheten“) und Ketuvim („Schriften“), deren Anordnung ihrem Alter und theologischen Rang weitgehend entspricht. Er wurde um 100 n. Chr. in 22 oder 24 Bücher eingeteilt und kanonisiert.

Alle seine Bücher und zusätzlich einige aus seiner um 250 v. Chr. begonnenen griechischen Übersetzung, der Septuaginta, wurden vom Christentum als gültiges Wort Gottes übernommen, bis 400 als Altes Testament kanonisiert und dem Neuen Testament vorangestellt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Begriff

„TNK“ ist ein aus den hebräischen Initialen der drei Hauptteile zusammengesetztes Kunstwort (Akronym). Die Konsonanten Taw (ת), Nun (נ) und Kaph (כ; Schlussform ך) werden vokalisiert zu Tanakh oder Tenakh (IPA: [taˈnax] oder [təˈnax]); der Schlusskonsonant wird aspiriert und als „ch“ ausgesprochen.

Verwendung im Gottesdienst

Der Tanach wird im jüdischen Gottesdienst am Schabbat in der Synagoge regelmäßig für Schriftlesungen verwendet und dann als Mikra oder Miqra (מִקְרָא: „Lesung“) bezeichnet. Aus der Tora wird fortlaufend vorgelesen; ausgewählte Prophetentexte (Haftarot) werden als Kommentare dazu vorgetragen. Aus den Schriften dagegen wird nicht kontinuierlich, sondern nur zu bestimmten Anlässen gelesen. Besonders die fünf Megillot und die Psalmen haben liturgische Bedeutung.

Entstehung und Einteilung

Seite eines Targums, 11. Jhdt.

Der Tanach entstand als Sammlung verschiedenster, religiöser und profaner jüdischer Schriften in einem komplexen Prozess von ca. 1200 Jahren in und mit der wechselvollen Geschichte Israels. Seine ältesten Bestandteile sind mündlich überlieferte Sagenkränze und Ätiologien einzelner Sippen und Stämme, die allmählich zusammenwuchsen, später aufgezeichnet und in eine theologisch konzipierte Heilsgeschichte integriert wurden und so gesamtisraelitische Bedeutung erhielten.

Die Tora entstand seit der Staatsbildung in Israel und lag schon in vorexilischer Zeit als schriftliches Gesetzbuch und Grundlage des Jerusalemer Tempelkults vor. Sie wurde bis 250 v. Chr. endgültig fertiggestellt und dann ins Griechische übersetzt.

Seit etwa 400 v. Chr. wird sie in fünf Bücher des Moses eingeteilt. Dies hing mit theologischen Gründen und dem Umfang von zusammengerollten Pergamentschriften zusammen. Darum wird die Tora auf Hebräisch Chumasch [חומש] („die Fünf“), Griechisch auch Pentateuch („Fünf-Schriftrollen-Behälter“) genannt.

Die Schriftbücher der Propheten und das Zwölfprophetenbuch lagen großenteils bis 200 v. Chr. vor. Im Buch Sirach (um 190 v. Chr.) wird erstmals eine dreiteilige Sammlung heiliger Schriften vorausgesetzt. Damals war nur noch der dritte Teil unabgeschlossen.

Um 90 n. Chr. teilte Flavius Josephus den Tanach gemäß der Buchstabenzahl des hebräischen Alphabets in 22 einzelne Bücher (griech. biblia) ein. Dabei zählte er die Bücher Samuel, Könige, Chronik, Esra/Nehemia, die 12 „kleinen“ Propheten, Richter/Rut und Jeremia/Klagelieder als je ein Buch. Das 4. Esrabuch dagegen teilte den Tanach in 24 Bücher ein, indem es Richter, Rut, Jeremia und Klagelieder einzeln zählte. Es erreichte so eine Analogie zu den Zwölf Stämmen Israels und dem in 12 Monate geteilten Jahreszyklus.

Umfang und Einteilung des Tanach wurden im Judentum etwa 100 n. Chr. endgültig festgelegt. Die Abfolge der Bücher im Propheten- und Schriftenteil und die Aufnahme und Zuordnung weiterer Bücher zum Schriftenteil blieb bis etwa 200 n. Chr. umstritten. Als eins der letzten Bücher wurde das Buch Daniel (entstanden um 165 v. Chr.) aufgenommen, aber den Schriften, nicht den Propheten zugeordnet.[2]

Aufbau

Die drei Hauptteile des Tanach sind in der Reihenfolge ihrer Entstehung angeordnet. Die Tora enthält JHWHs bleibend gültige Erwählung des Gottesvolks und Offenbarung seiner Rechtsordnung, auf die die Schöpfung der Welt von Anfang an zielt: Darum ist dieser erste zugleich der theologisch wichtigste Hauptteil des Tanach, auf den die beiden später entstandenen Teile bezogen bleiben.

Ihre Rangfolge spiegelt nach orthodox-jüdischem Glauben einen abnehmenden Grad an Inspiration: Die Tora beruht demnach auf direkter Zwiesprache des Mose mit Gott, die Nevi'im beruhen auf gottgesandtem Wortempfang, Träumen und Visionen, die Ketuvim beruhen auf indirekter Beeinflussung der menschlichen Autoren durch den Heiligen Geist.

In dieses abgestufte Ordnungsschema wurden weitere biblische Bücher nach der angenommenen oder tatsächlichen Entstehungszeit und aus theologischen Gesichtspunkten eingeordnet. Der zweite Hauptteil verbindet Aufzeichnungen der Geschichte Israels, die heute als Deuteronomistisches Geschichtswerk angesehen werden, und die Bücher der klassischen Prophetie unter dem Titel der Nevi'im: Dies deutet die Geschichte Israels von vornherein nicht als bloße Erinnerung an Vergangenes, sondern als vorausweisende Zukunftsansage. Damit erscheinen die vorexilischen Propheten, deren Verkündigung nicht in eigene Bücher gefasst wurde, als legitime Nachfolger des Toraempfängers und Propheten Mose (Dtn 18,18; 34,10) und als Wegbereiter der klassischen Schriftprophetie, deren Theologie das Geschichtswerk entscheidend beeinflusste. So stellen Samuel, Natan, Ahija von Schilo, der Gottesmann aus Juda, Micha ben Jimla, Elija, Elischa und die Prophetin Hulda in den Königsbüchern immer wieder die Weichen für die Zukunft der Königreiche Israel und Juda, indem sie oft an den in der Tora geoffenbarten Gotteswillen erinnern und ihre Interventionen damit begründen.

Der dritte Hauptteil enthält vor allem Bücher, die die menschliche Antwort auf Gottes Offenbarung (Teil 1) und seine Selbstauslegung in der prophetisch gelenkten Geschichte Israels (Teil 2) behandeln und spiegeln. Deshalb enthält er sowohl vorexilisch entstandene Bücher wie die gesammelten Psalmgebete als auch spät und auf Griechisch abgefasste Bücher wie das apokalyptische Buch Daniel. Das zweigeteilte Chronikbuch, das dieselbe Zeit wie die Königsbücher behandelt, aber über das Ende des ersten Jerusalemer Tempels hin fortsetzt, wurde an das Ende des dritten Hauptteils gestellt. So bildet das Cyrusedikt zur Freilassung der exilierten Juden und der Erlaubnis zum Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels (um 539 v. Chr.) den programmatischen Abschluss des Tanach: Die Heilsgeschichte JHWHs mit seinem erwählten Volk Israel zielt auf sein erneuertes Leben im gelobten Land um sein wiederhergestelltes Heiligtum, im Frieden (Shalom) mit Gott und seinen Nachbarn.

Inhalte

Der Tanach erzählt die Geschichte der Schöpfung und des Volkes Israel unter JHWHs gnädiger Führung über einen Zeitraum von etwa 1300 Jahren. Er enthält verschiedenste Traditionen der einzelnen Stämme von Halbnomaden, die sich um den Glauben an den Gott JHWH im Raum des heutigen Palästina zu einem Volk vereinten. Dazu gehören Ortsätiologien, Kultsagen, Erinnerungen an Siege und Niederlagen aller Art und Gebotssammlungen. Sie wurden von verschiedenen Autoren redaktionell zu einer Gesamtgeschichte Israels verbunden.

Ein Teil dieser Gebote spiegelt längst vergangene vor-antike Lebensverhältnisse, die bis ins Einzelne geregelt waren. Wesentliche Kernbestandteile der jüdischen Tora sind jedoch in das kulturelle Erbe der Neuzeit eingegangen: Dazu gehören vor allem der Dekalog und die Menschenwürde jedes Einzelnen. Sie wird im Tanach mit der Befreiung Israels aus der in der Antike allgemein üblichen Sklaverei, die als Erwählung eines Volkes zum Segen für alle Völker verstanden wird, und der Gottebenbildlichkeit des Menschen begründet.

Einige Schichten des Tanach spiegeln andere als die jahwistische Tradition: Beim Einsickern der Halbnomaden-Stämme in das Kulturland Kanaan brachte jeder Stamm seinen Sippengott mit. Diese wurden erst miteinander, dann mit der Gotteserfahrung der Hebräer aus dem Raum Ägyptens und der Sinaihalbinsel verschmolzen (Ex 3). Sie wurden zum Teil auch zusammen mit Gottheiten der Kanaanäer verehrt (Synkretismus). Während etwa die Schöpfergottheit des kanaanäischen Pantheons El problemlos mit JHWH identifiziert werden konnte (Gen 14,17f), wurden Fruchtbarkeits- und Astralgötter wie Baal, Astarte, Marduk u. a. als der eigenen Glaubensidentität fremd abgestoßen. Die einheitsstiftende Rolle des 1. Gebots – der sogenannte Monotheismus – setzte sich erst allmählich in Israel durch.

Textgeschichte

Die Hebräische Sprache eignete sich nicht für Tontafeln, die sonst im Alten Orient in Keilschrift beschrieben wurden. Auch mit sakralen Texten beschriebene Tonscherben (Ostraka) wurden in Israel bisher nicht aufgefunden. Das übliche Schreibmaterial waren handgefertigte Papyrus-, vereinzelt auch Lederrollen, mit Tinte aus rußigem Olivenöl oder metallhaltigem Vitriol beschrieben. Sie waren ebenso haltbar wie heutiges hochwertiges Papier, blieben aber nur unter günstigen klimatischen Bedingungen erhalten.

Die ältesten bekannten zusammenhängenden Bibeltexte sind die Schriftrollen vom Toten Meer, entstanden zwischen 200 und 100 v. Chr.. Sie umfassen die meisten Bücher der ersten beiden Hauptteile, darunter eine fast 7,5 Meter lange Rolle des vollständigen Jesajabuchs (66 Kapitel). Diese wich zur großen Überraschung der Bibelforschung nur minimal von den bis dahin bekannten, 1.200 Jahre jüngeren mittelalterlichen Bibelhandschriften ab, so dass von einer enormen Disziplin und Texttreue bei der generationenlangen Abschrift von Bibeltexten ausgegangen wird.

Seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. löste Pergament das Papyrus als Schreibmaterial ab: Nun wurde es möglich, mehrere umfangreiche Schriftrollen zu einem „Kodex“ zu bündeln. Der älteste erhaltene hebräische Bibelkodex ist der Codex Cairensis aus 895 n. Chr.; er enthält nur die Bücher der 12 „kleinen“ Propheten.

Der 1616 wiederentdeckte samaritanische Pentateuch wich in etwa 6000 Fällen meist nur orthografisch vom bis dahin bekannten Masoretentext ab, stimmte aber in einem Drittel dieser Fälle mit der Septuaginta überein. 1850 kamen Zufallsfunde in einer zugemauerten Geniza (Rumpelkammer) zum Entsorgen überholter Schriftrollen in Kairo hinzu. Dadurch weiß man heute, dass die bis 1945 bekannte Textversion überwiegend die palästinische Tradition überliefert hat, die vor 135 nicht die einzige war.

Der Konsonantentext vor allem der Tora wurde um 135 n. Chr. – nach der Niederlage des Simon Bar Kochba im letzten jüdischen Aufstandsversuch gegen das Römische Reich – festgelegt. Dass er dabei alter vorchristlicher, jedoch noch nicht kanonisierter Überlieferung folgte, ist durch die Funde in Qumran und den Papyrus Nash (um 170 v. Chr. entstanden) erwiesen. Bis dahin gab es mehrere Versionen der Hebräischen Bibel nebeneinander: die Septuaginta, den samaritanischen Pentateuch und hebräisch-aramäische Vorformen des Tanach mit leichten Abweichungen, auf die innerbiblische Paralleltexte hinweisen: z. B. Psalm 18 und 2. Samuel 22 oder Jesaja 2, 2-4 und Micha 4, 1-3.

Nach Festlegung des Konsonantentextes begann die 1000-jährige „Masora“ (philologische Arbeit) der danach genannten „Masoreten“: jüdischen Schriftgelehrten in Palästina – hier besonders in Tiberias – und Babylonien, die mit dem Sammeln und Redigieren von biblischen Handschriften befasst waren. Eine ihrer Aufgaben war auch die Punktuation (Markierung) des festgelegten Konsonantentextes durch Vokalzeichen, Akzente, Satzzeichen und Verseinteilungen. Ferner mussten nach ihren strengen Vorschriften ältere, von der als gültig vereinbarten Textversion abweichende Abschriften vernichtet werden.

Der Konsonantentext enthielt einige uneinheitlich gebrauchte Buchstaben, die den Masoreten als Interpunktionszeichen dienten, den matres lectionis. Im frühen Mittelalter codifizierten sie die mündliche Tradition der Lesung des Tanach, indem sie zwei wesentliche Interpunktionszeichenarten einführten:

Nikud (hebr. נִקּוּד), ein System von Punktierungen oder Vokalzeichen, das zur Darstellung von Vokalen in der hebräischen Schriftsprache dient, und Kantillation (hebr. ta`amei ha-mikra oder kurz te`amim; Jiddisch trope, auch im Englischen gebräuchlich) bezeichnet spezielle Interpunktions-Zeichen, die die Buchstaben und Vokalzeichen ergänzen. Einige dieser Zeichen wurden auch in den mittelalterlichen Handschriften der Mischna benutzt. Danach lautete z.B. der Beginn des 1. Buch Mose:

בְּרֵאשִׁ֖ית בָּרָ֣א אֱלֹהִ֑ים אֵ֥ת הַשָּׁמַ֖יִם וְאֵ֥ת הָאָֽרֶץ׃

Bis etwa 1000 vereinheitlichten die Masoreten den Text des Tanach. Sein vollständiger Text liegt erstmals in der Handschrift B19 (Codex Leningradensis) vor, die 1008 n. Chr. aufgeschrieben wurde. Dieser hebräisch-aramäische Masoretentext wurde erst im Zeitalter der Renaissance und der Reformation von Christen wiederentdeckt und dann zur Grundlage ihrer Bibelübersetzungen, besonders der von Martin Luther (1534). Diese seit dem Mittelalter bekannten masoretischen Bibelhandschriften galten lange Zeit als „Urtext“ der Bibel. Auf ihren Kodices beruhen alle modernen „Urtext“-Ausgaben des Tanach, so die Biblia Hebraica (Herausgeber Rudolf Kittel) und Biblia Stuttgartensia (Herausgeber Karl Elliger und Wilhelm Rudolph).

Verhältnis zum Alten Testament

Im Christentum wird der Tanach als Altes Testament (AT) im Gegenüber zum Neuen Testament (NT) bezeichnet. Auch die Bücher des AT werden in drei Hauptteile eingeteilt: „Geschichtsbücher“ (1. Mose bis Buch Esther), „Dichtung“ oder "weisheitliche Schriften" (Hiob, Psalmen, Sprüche Salomos, Prediger, Hoheslied) und „Propheten“.

Das AT enthält sämtliche Schriften des Tanach, wobei sich Zuordnung und Reihenfolge der Bücher je nach christlicher Konfession unterscheiden. Das evangelische AT enthält ausschließlich diese Schriften. Hauptunterschied ist die Stellung der Propheten, die im Tanach nach der Tora stehen, im AT erst am Ende nach den übrigen Schriften. Zudem gehören im Tanach auch solche Bücher zu den Propheten, die im AT als Geschichtsbücher gelten. Darin zeigt sich bereits das unterschiedliche inhaltliche Verständnis der Heiligen Schriften im Judentum und Christentum: Für Juden ist die Geschichtserinnerung zugleich aktuelle Zukunftsverheißung.

Die Tora eröffnet die Bibel in beiden Religionen. Im AT bildet sie aber keine eigene Gruppe, sondern steht mit den Büchern Josua, Richter, Samuel, Könige, Ruth, Chronik, Esra, Nehemia und Ester in einer Reihe. Damit wird der in der Tora geoffenbarte Wille Gottes in gewisser Weise zu einer Erinnerung an vergangene Geschichte. Auch die übrigen Schriften (Ketuvim) sind anders zugeordnet. In der Reihenfolge der sogenannten „hinteren“ Propheten (Nevi'im) stimmen beide Versionen überein.

Die römisch-katholische Kirche zählt zu den Geschichtsbüchern noch die Bücher Tobit und Judith, die nicht Teil des Tanach sind.

Im Christentum werden die fünf Bücher Mose also hauptsächlich als geschichtliche Zeugnisse des Volkes Israel gelesen und weniger als aktuelle Lehre oder Unterweisung, abgesehen von den Zehn Geboten, frühen Verheißungen an die Erzväter und messianischen Weissagungen der Propheten Israels. Die christlichen Kirchenväter, die einerseits die Aufnahme des AT in den christlichen Bibelkanon durchsetzten, deuteten andererseits viele prophetische Verheißungen, Psalmgebete und Schöpfungserzählungen entgegen ihrem Eigensinn allegorisch oder typologisch, um auf das Kommen Christi hinzuweisen.

Die Bezeichnung „Altes Testament“ geht auf die Rede vom „Alten“ und „Neuen“ Bund im Hebräerbrief zurück. Sie wurde oft irrtümlich als Ablösung des Bundes Gottes mit Israel durch das neue Gottesvolk, die Kirche, aufgefasst, so dass „alt“ als „veraltet“ oder „überholt“ gedeutet wurde. Damit war die „theologische Enteignung“ des Judentums in der Substitutionstheologie verbunden.

Um diese traditionelle Abwertung zu vermeiden, nennen manche Christen, Theologen und Kirchen den Tanach bzw. das AT heute Hebräische Bibel, Erstes Testament oder Hebräische Schriften. Damit grenzen sie sich vom christlichen Antijudaismus ab und betonen die gemeinsame Grundlage beider Religionen. Denn auch das NT verkündet den „Neuen Bund“ als endgültige Bekräftigung des ersten Bundes Gottes mit seinem Volk Israel (Röm 11,2), der nun allerdings auch alle übrigen Völker einschließt (Joh 4). An der lebendigen Beziehung des einen Gottes zu seinem zuerst und bleibend erwählten Volk halten bekennende Juden und Christen gerade heute, nach der Erfahrung des Holocaust, gemeinsam fest.

Einzelnachweise

  1. Adolf M. Ritter: Zur Kanonbildung in der Alten Kirche, in: Charisma und Caritas. Aufsätze zur Alten Kirche, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-58160-2, S. 273ff
  2. Erich Zenger: Einleitung in das Alte Testament, Kohlhammer, 6. Auflage 1995, S. 23

Literatur

  • Hanna Liss u. a.: Tanach. Lehrbuch der jüdischen Bibel. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5116-5.
  • Erich Zenger (Hrsg.): Einleitung in das Alte Testament. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-019526-3, S. 21-32.
  • Erich Zenger: Das Erste Testament. Die jüdische Bibel und die Christen. Patmos, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-69416-7.

Weblinks


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