Haus des Volkes (Probstzella)

Haus des Volkes (Probstzella)

Das Haus des Volkes in Probstzella (Thüringen) wurde 1925 bis 1927 im Auftrag des Industriellen Franz Itting von Alfred Arndt und Ernst Gebhardt als Hotel und kulturelles Zentrum erbaut. Die Inneneinrichtung wurde vollständig von Künstlern des Bauhauses Dessau gestaltet, es handelt sich um das größte in Thüringen realisierte Bauhaus-Ensemble.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von der DDR als Zollamt genutzt, im roten Saal fanden Aufführungen und Feiern verschiedener Art statt. 1970/1971 wurde das Gebäude im Inneren umgebaut und um ein Restaurant erweitert. 1995 wurde das Haus und der Hotelpark unter Denkmalschutz gestellt. 2003 wurde das Haus von Privatpersonen gekauft, welche sich zum Ziel gesetzt haben, das Gebäude zu sanieren und wieder zu nutzen. Das Restaurant wurde Ende 2005 wiedereröffnet, 2008 ein Hotel.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerk

Haus des Volkes

Kubatur

Das Haus des Volkes beherrscht durch seine Größe das Ortsbild von Probstzella. Es befindet sich gegenüber dem Bahnhof und steht zurückgesetzt hinter einer Häuserzeile. Diese Häuserzeile war schon damals vorhanden. Durch den „Meininger Hof“ (Gasthaus) ging der Eingang in den Hof des Gebäudes, wo sich der Haupteingang für das Hotel befand. Auf der anderen Seite des Gebäudes zum Park hin befand sich der zweite Eingang für den Saal.

Es handelt sich um einen in den Hang zurückgesetzten mehrgeschossigen Bau, durch die Hanglage in der Geschossigkeit variierend, zur Straße sechs- zum Garten zwei- bzw. dreigeschossig, das Äußere von kompakter Monumentalität, geschlossenen kubischem Umriss und weitgehend eingehaltener Mittelachsensymmetrie. Über dem schweren, von den Attikafenstern durchbrochenem Abschlussgesims befindet sich ein verschiefertes Walmdach auf Stahlbetonbindern mit massivem Dachturm und kleinen Dreiecksgaupen.

Im Inneren des Gebäudes befindet sich eine bauzeitliche Ausstattung: Fußböden, Türen, massive Treppen mit Handläufen, der große Saal mit umlaufender Empore und sichtbaren Betondachbindern um nur einiges zu nennen.

Fassaden

Die Fassaden sind sparsam durch wenige Details gegliedert, am Mittelteil befinden sich zu beiden Seiten mehrere nach außen sichtbare, schlanke, die Geschosse ungebrochen durchlaufende Betonstreben (dienen zur Gestaltung des Gebäudes und vermutlich auch zur Dachentwässerung). Beim Dachturm wird die Gliederung ähnlich wiederholt.

Im linken Teil der Straßenfassade ist ein halbrund vorschwingender, vom dritten Geschoss an aufgehender Erker sichtbar. Die Fassaden sind sonst nur durch die mehrsprossigen Flügelfenster aufgeteilt.

Zum ehemaligen Hotel an der Straße führt ein dreigeschossiger, einfach verputzter Verbindungsbau (Stahlbetonskelettbau).

Die Außentreppe besteht an der Nord-West-Seite aus Granit und im Hof befindet sich Natursteinpflaster. An der Nord-Ost-Seite des Baues ist eine flache Saalterrasse angebunden, welche am Außenbau über das spiralförmig gedrehte Treppenhaus, weiter östlich über einen überdachten Gang mit der Saaltreppe verbunden ist.

Der Pavillon ist ein zweigeschossiger, auf Stahlbetonskelett über den Hang hinausgeschobener abgestufter Flachbau, wobei seine Wände durch die Skelettbauweise weitgehend in große Glasflächen aufgelöst sind. Vom Obergeschoss ist das Flachdach als Terrasse begehbar.

Grundriss

Die Grundrisse der einzelnen Geschosse (6 Geschosse) sind klar strukturiert. Sie passen sich der unterschiedlichen Umgebung am Hang an. Natürlich wurden sie im Laufe der Zeit verändert oder umgenutzt.

Bauteile

Es handelt sich um einen Stahlbetonskelettbau, wobei die Wände zwischen den Stützen aus Mauerwerk bestehen. Die Stahlbetonstützen, die zur Be- und Entlüftung des Gebäudes dienten, sind hohl. Das Gebäude ist außen und innen verputzt. Bei den Fenstern handelt es sich um Holzkastenfenster, welche durch mehrere Reihen Sprossen eingeteilt sind. In der breiten Attika läuft die Dachentwässerung des Gebäudes entlang, wobei sich die Fallrohre in den außenliegenden Stahlbetonstreben befinden. Das Walmdach ist schiefergedeckt und die Dachkonstruktion besteht aus Stahlbetonträgern.

Der Dachturm besteht wiederum aus Stahlbetonstützen (hier endet die Be- und Entlüftung) und ist ausgemauert.

Baumaterialien und Farben

Das Haus des Volkes besteht aus Stahlbeton und Mauerwerk, wobei die Wände verputzt sind. Die Dachdeckung besteht aus Schiefer.

Farblich dominieren ein leichtes Rostrot, welches fast ins rosafarbene geht und das schimmernde schwarzblau der Schiefer auf dem Dach. Die außenliegenden sichtbaren Betonstreben sind grau. Die Rahmen der Holzfenster, auch die der Dreiecksfenster auf dem Dach, sind weiß gestrichen. Einige Bauteile, wie z.B. das halbrunde, spiralförmige Treppenhaus und der halbrunde Erker heben sich hellgrau ab.

Erkennbare Veränderungen und heutiger Zustand

1970/71 Um- und Anbauarbeiten in der DDR, wobei hierbei auch viel vom eigentlichen Innenausbau zerstört wurde (Lüftung).

Ansonsten wurden außer dem Austausch von Fenstern keine nennbaren Veränderungen an den Außenfassaden vorgenommen. Eingesetzt wurden wieder Holzfenster, allerdings ohne die ursprüngliche Sprosseneinteilung.

Der Gesamtzustand des Gebäudes ist nicht sehr gut. Teilweise ist das Dach undicht (vor allem im Bereich der in der DDR getätigten Anbauten). Der Putz ist bröcklig und die Farbe ist teilweise fleckig. Eine Gesamtsanierung des Gebäudes ist infolge dessen Größe sehr schwierig und nur mit hohem Kostenaufwand realisierbar, wobei die ungeklärten Eigentumsverhältnisse eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Gesamtanlage

Zum Haus des Volkes gehören größere Gartenanlagen hangaufwärts, welche im Norden und Osten von terrassierten Hängen eingefasst sind. Kiosk, Tonhalle, Garagen und Brunnen gehören ebenfalls zu dem Gebäudekomplex und stehen ebenfalls unter Denkmalschutz (siehe Foto des Lageplans).

Geschichte des Gebäudes

Das Haus des Volkes in Probstzella zählt zu den wenigen realisierten Beispielen von Bauhausarchitektur in Thüringen.

Als Arndt mit dem Bauhaus 1925 nach Dessau zieht, befreundet er sich mit Gotthardt Itting , dem Sohn des thüringischen Unternehmers und führenden SPD-Mitgliedes Franz Itting.

Itting errichtet in dieser Zeit in Probstzella, einer D-Zug Station der Strecke Nürnberg – Berlin und an den Südhängen des Thüringer Waldes gelegenen Ortes ein Hotel mit großem Saal, das Volkshauscharakter hat und gleichzeitig den Fremdenverkehr in dieser Region ankurbeln sollte. Arndt sieht die ganz konservativen Pläne des Saalfelder Architekten Klapproth und kann den Bauherrn davon überzeugen, dass ein modernerer Bau für seine Zwecke besser wäre.

Nach der Besichtigung des Rohbaus, welcher schon stand, wurde Klapproth abgefunden und Arndt übernahm den Bau.

Ab April 1926 ist Arndt fast ausschließlich in Probstzella, wenn er auch beim Bauhaus weiterhin eingeschrieben bleibt. Sein Mitarbeiter ist sein alter Freund Ernst Gebhardt.

Am 1. Mai 1927 wird der Bau feierlich eingeweiht.

Das Gebäude ist äußerlich ein Zwitter aus traditionellem Baukörper mit Satteldach, das trotzdem noch ein modernes Aussehen erhält. Im Inneren ist die Gestaltung frei, und somit gehört es zu den wenigen realisierten Beispielen für komplette Innenausbauten der Bauhauswerkstätten.

Stoffe, Möbel, Lampen, Türgriffe alles wurde in den Bauhauswerkstätten erstellt. Die Möbel stammen von Arndt, Gebhardt und Breuer, die Stoffe und Vorhänge von Marlis Heumann, die Lampen aus der Metallwerkstatt, die Möbelstoffe aus der Bauhausweberei und die farbige Gestaltung von Alfred Arndt. Arndt hatte an der Gestaltung aller Dinge mitgewirkt. So war z.B. das Gestühl auf der Empore des Roten Saales eine von ihm entwickelte Abwandlung von Breuers Auflagestuhls des Dessauer Bauhauses.

Arndt entwirft für das Haus des Volkes auch alle Geschäftspapiere, von der Einladung zur Eröffnung über Speise- und Weinkarten sowie Rechnungen bis zu Plakaten für Veranstaltungen.

Arndt konnte die Architektur des Gebäudes nicht mehr durchgreifend ändern. Trotz der Bereinigung der Fassade blieb das Haus des Volkes ein repräsentativer Bau mit auffälliger Mittelbetonung und einigen expressionistischen Details, so wie sie bei vielen Gebäuden dieser Art und Zweckbestimmung in ganz Deutschland zu finden sind. Seine Überarbeitung der Pläne hat sicher zu einem modernen Aussehen beigetragen, doch zeigt sich, dass auch da, wo er freie Hand hatte, wie etwa in den Restaurants, sich die Ansprüche eines solchen Betriebs in eigenartiger Weise mit den Gestaltungsprinzipien des neuen Bauens reiben. Seine Architektur ist dabei nicht auftrumpfend, modern, eher zurückhaltend und von den strukturellen Gegebenheiten des Baus bestimmt, die durch farbliche Gestaltung hervorgehoben werden.

Die innere Ausstattung verzichtet dabei bewusst auf die ästhetische Überhöhung, die sich bei den gleichzeitigen Arbeiten von Breuer findet.

1935 wird das Haus des Volkes um Kleinkaliberschießstände erweitert, welche auch von Arndt geplant wurden.

Das Haus des Volkes war von Anfang an für das Volk geplant. Es sollte von allen genutzt werden, wie sein Name schon besagt. Es gab Veranstaltungen und auch Kino war möglich, wobei das Gestühl hierfür variabel war. Die Schräge konnte man wieder ausbauen. Interessant war auch das ausgeklügelte Lüftungs- und Heizungssystem. Das Gebäude wurde über Fernwärme aus dem Heizwerk von Franz Itting beheizt. Die Lüftung erfolgte über die Stahlbetonstützen und führte in den Turm hinauf, wo die Abluft abging. Es wird berichtet, dass im Roten Saal 300 Leute Zigarren rauchen konnten, ohne dass man etwas davon merkte. Nachteil war aber die Beheizung. Nachdem das Heizwerk nicht mehr betrieben wurde, war es sehr mühsam, den Saal zu beheizen.

Als Hotel war das Gebäude für diese Gegend überdimensioniert. Das Haus lief damals in den 1920er- und 1930er-Jahren nur rentabel, weil Itting alles selbst herstellte und das Haus so mit Lebensmitteln aus selbst angelegten Gärten, Strom und Wärme versorgte.

Später, in der DDR wurde es intensiv genutzt für Veranstaltungen im Saal. Unten in den ehemaligen Hotelzimmern waren die Zollräume untergebracht. Probstzella war Sperrgebiet in der DDR, und um die Leute bei Laune zu halten, wurden die vielen Veranstaltungen abgehalten. Das Gebäude wurde optimal ausgenutzt und wie mit erzählt wurde auch sehr gepflegt. Im Park gab es Freiluftveranstaltungen, Konzerte usw.

1970/71 wurde an der Südseite ein Speisesaal mit Küche angebaut und der gesamte Eingangsbereich daneben wurde auch neu gestaltet. Durch weitere Umbauarbeiten auch im Innern wurde das Lüftungssystem zerstört.

1995 wurde das Haus des Volkes mit Park und Nebengebäuden sowie Garagen zum Kulturdenkmal ernannt.

Zu der alten Innenausstattung zählte auch noch ein Fahrstuhl, welcher noch erhalten aber nicht mehr betriebsbereit ist. Teils sind noch die Originaltüren im Inneren erhalten.

2003 wurde das Haus versteigert und erstrahlt heute wieder in alter Schönheit in der Mitte von Probstzella.

Weblinks

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