Hatto I.

Hatto I.

Hatto I. (* um 850; † 15. Mai 913) war von 888 bis 913 Abt des Klosters Reichenau und anderer Reichsklöster, Erzbischof von Mainz (891–913) und Erzkanzler des Ostfränkischen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Schreibweise des Namens Hatto variiert. Es kommen vor: Hatto, Haddo, Hadtho, Haito, Heito, Hato, Havto, Hatho, Hetto, Atto, Addo ; die Schreibweise Hatto ist die gebräuchlichste.

Hatto wurde um 850 als Kind einer schwäbischen Adelsfamilie geboren. Hatto, der auch literarisch gebildet und im Kirchenrecht bewandert war, war ein Gefolgsmann Königs Arnulf von Kärnten (888–899), mit dem er spätestens seit November 887 bekannt war. In der Nachfolge Liutberts (863–889), der maßgeblich das politische Geschehen in den Karolingerreichen unter anderem als Erzkanzler in Ostfranken beeinflusst hatte, ernannte Arnulf Hatto im September 891 zum Erzbischof des wohl wichtigsten Bistums seines Herrschaftsbereichs. Schon vorher war Hatto (als Hatto III.) Abt des Bodenseeklosters Reichenau (888) und Vorsteher der Abtei Ellwangen geworden. Später wurden ihm die Reichsklöster Lorsch, Weißenburg und Klingenmünster übertragen, so dass Hatto über eine Anzahl von Abteien verfügen konnte. Er setzte im Verlauf seiner verschiedenen Abbatiate in den ihm unterstellten geistlichen Gemeinschaften das Recht der Mönche auf eine freie Abtswahl durch und drang darauf, dass sie vom ostfränkischen Herrscher Königsprivilegien (u. a. Besitzbestätigungen) erhielten.

Die Abteien mit ihren Erträgen bildeten die Grundlage für Hattos Einsatz auf dem Feld nicht nur der ostfränkischen Politik. Der Erzbischof von Mainz begleitete unter anderem Anfang 894 und im Winter 895/96 den König auf seinen Italienzügen, die letztlich zur Kaiserkrönung Arnulfs am 15. oder 22. Februar 896 führten. An der Wahl des legitimen, aber noch minderjährigen Arnulf-Sohnes Ludwig IV. des Kindes zum ostfränkischen König (900–911) war Hatto maßgeblich beteiligt, ebenso an der Regentschaft für diesen König. Er und andere unterdrückten im Jahr 906 den Aufstand des Babenbergers Adalbert (Babenberger Fehde), der nach dem Überfall der Babenberger auf die Konradiner in der Schlacht bei Fritzlar gefangen genommen und (nach Bruch Hattos Versprechens von freiem Geleit) hingerichtet wurde; damit fiel die fränkische Herzogswürde an die Konradiner in der Person Konrad des Jüngeren, dessen Vater Konrad der Ältere, wie auch beide Brüder Adalberts, 906 bei Fritzlar gefallen war. Das gute Verhältnis Hattos zu den Konradinern wird nicht zuletzt bei der Erhebung Konrads I. (911–918) zum König erkennbar.

Eine große Nähe zu den Herrschern Arnulf, Ludwig und Konrad I. zeichnete damit den Mainzer Erzbischof aus, wie auch eine gewisse Skrupellosigkeit. Letztere bewies er nicht nur beim Bruch seines Versprechens von freiem Geleit für Adalbert von Babenberg, sondern auch bei seinem späteren Versuch, Herzog Heinrich von Sachsen durch Verrat umbringen zu lassen.

Hatto war darüber hinaus ein Mann von hoher theologischer Bildung, der sehr wohl fähig war, die kirchlichen Synoden von Frankfurt (892) und Tribur (895) entscheidend mit zu gestalten.

Hatto starb am 15. Mai 913. Um den Tod Hattos rankt sich die Legende vom Binger Mäuseturm. Danach soll Hatto als Strafe für die hartherzige Behandlung der hungernden Bevölkerung von Mäusen in dem auf einer Rheininsel stehenden Turm bei Bingen bei lebendigen Leibe aufgefressen worden sein. Seit dem 19. Jahrhundert wird diese Legende, insbesondere aufgrund der Veröffentlichungen des Historikers Cornelius Will, Hatto I. zugeschrieben, nachdem sie sich vorher vor allem auf einen seiner Nachfolger, Hatto II., bezogen hatte.

Quellen

  • Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvey. In: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Übersetzt von Albert Bauer und Reinhold Rau. Darmstadt 1971, S. 1–183 (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Band 8).

Literatur

  • Ernst Dümmler: Hatto I.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 26–29.
  • Gerd Althoff: Verformung durch mündliche Tradition. Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz. In: Iconologia sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag. Berlin und New York 1994, S. 438–450, ISBN 3-11-013255-9.
  • Helmut Beumann: Erzbischof Hatto I. von Mainz. In: Hessischer Rundfunk, Schulfunk. Jahrgang 26, Januar–Juli 1971, Geschichte, S. 35–42.
  • Alois Gerlich: Hatto I. In: Lexikon des Mittelalters. Band 4, 1987–1989, Nachdruck Stuttgart 1999, Sp. 1957f
  • Peter HerdeHatto I.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, S. 60.
  • Friedrich Knöpp: Hatto, Abt von Reichenau, Ellwangen und Weißenburg, Erzbischof von Mainz 891–913. In: Friedrich Knöpp (Hrsg.): Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764. Teil 1, Darmstadt 1973, S. 261–267.
  • Thilo Offergeld: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hannover 2001, S. 538–542.

Weblinks

Vorgänger Amt Nachfolger
Sunderold Erzbischof von Mainz
891–913
Heriger
Ruodho Abt von Reichenau
888–913
Hugo
Salomo Abt von Ellwangen
896–913
Adalbero von Dillingen

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