Hatice Akyün

Hatice Akyün
Hatice Akyün

Hatice Akyün (* 15. Juni 1969 in Akpınar, Türkei) ist eine freie Journalistin und Schriftstellerin türkischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hatice Akyün wurde in Akpınar Köyü nahe Kütahya in einem kleinen anatolischen Dorf geboren. 1972 zog sie mit ihren Eltern und einer älteren Schwester nach Duisburg, wo ihr Vater, ein Landwirt, begann, als Bergmann zu arbeiten. Sie lernte Deutsch mit Grimms Märchen und sagt von sich, dass ihr „Herz deutsch und ihre Seele türkisch“ sei.

Nach der Mittleren Reife machte Hatice Akyün eine Ausbildung zur Justizangestellten beim Amtsgericht in Duisburg. Anschließend holte sie ihr Abitur nach. Nach einem Jahr als Au-pair in New York begann sie ein Studium der Betriebswirtschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zugleich arbeitete sie als Freie Journalistin für die Lokalredaktion der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Nach einem Volontariat zog sie im Jahr 2000 nach Berlin und arbeitete als Society-Reporterin für die Zeitschrift Max.

Ein Scoop gelang ihr mit dem Skandalinterview, das sie mit der damaligen Ehefrau des Schweizer Botschafters in Berlin Shawne Fielding Borer führte. Für ein Fotoshooting setzte diese sich in der Botschaft auf ein Pferd. Das Interview und die Fotos lösten in der Schweiz einen Skandal aus.

Im Jahr 2007 brachte Akyün eine Tochter zur Welt. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg, lebt sie seit 2009 wieder in Berlin. In den letzten Jahren, vor allem seit der von Thilo Sarrazin entfachten Debatte, meldet sich Akyün auch verstärkt in Sachen Integration zu Wort. Zuletzt berichtete sie sogar, sie denke daran, in die Türkei auszuwandern: „Ich möchte nicht, dass meine Tochter irgendwann aus der Schule nach Hause kommt und erzählt: Mama, die sagen, ich bin dumm, weil ich Türkin bin. Ich will nicht, dass sie das Gefühl bekommt, nicht zu diesem Land zu gehören.“[1]

Im Jahre 2009 wurde Hatice Akyün mit dem Duisburger Preis für Toleranz und Zivilcourage ausgezeichnet. Die Jury aus Vertretern verschiedener Bereiche des öffentlichen Lebens würdigte das Engagement der Autorin für Toleranz und für die wichtige Bedeutung der Sprache bei der Integration. Weiter hieß es in der Begründung der Jury:

„Die in Duisburg aufgewachsene Autorin schreibt mit Temperament und Humor über ihr Leben in unterschiedlichen Kulturen, und über die Bereicherung, die dies mit sich bringen kann. Ihre Erzählungen rufen auf zu einem toleranten Zusammenleben und befassen sich mit dem Thema Integration aus mehreren Blickwinkeln. Immer wird deutlich, welche Wichtigkeit die Autorin der Sprache beimisst als wichtigem Schlüssel im Zusammenleben. Fast beiläufig wird das Thema Toleranz und seine Bedeutung für ein friedliches Miteinander in das Licht der Öffentlichkeit gerückt.“

Am 12. Mai 2009 wurde Hatice Akyüns Blog „Neulich in der Parallelwelt“ auf westropolis.de vom Grimme-Institut aus 1.700 eingereichten Vorschlägen für den Grimme-Online-Award 2009 nominiert. Die Nominierungskommission begründete dies mit den Worten:

„‚Hatice Akyün, Türkin, Deutsche, Muslima, Journalistin. Nicht zwangsverheiratet und trägt auch kein Kopftuch.‘ So die nonchalante Einleitung des kulturkritischen Blogs unter dem Titel ‚Neulich in der Parallelwelt‘. Hier schreibt eine, die keine Klischees bedient, sondern diese mit Ironie entlarvt. Hatice Akyün steht mit ihrer Biografie repräsentativ für viele Deutsch-Türken, die selbstbewusst zwischen zwei Kulturen wandern. Klug, launig und locker schildert die Journalistin kleine Alltagsszenen, die sich wie in einem Kaleidoskop zu einem schillernden Bild zusammenfügen. Das Blog zeigt, welche Bereicherung kulturelle Vielfalt für eine Gesellschaft sein kann.“

Zu den Preisträgern gehörte es nicht. Das von der WAZ-Gruppe betriebene Kulturblog Westropolis, auf dem diverse Gastautoren schrieben, wurde im Dezember 2010 eingestellt und komplett aus dem Netz genommen.[2]

Innerhalb des VOX-Formats Frauenzimmer (2009) war Akyün drei Wochen lang auch regelmäßig im deutschen Fernsehen zu sehen.

Seit 2010 ist sie in der Jury des Franz-Hessel-Preises. Er ist ein deutsch-französischer Literaturpreis, der jährlich verliehen wird.

Hatice Akyün war 2011 in der Jury des Nachwuchsfilmpreises “First Steps” in der Kategorie „Dokumentation“, der von der Deutschen Filmgesellschaft jährlich verliehen wird. Bei der Preisverleihung am 23. Juli 2011 hielt sie die Laudatio für den Gewinner.

Für das Festivalorchester Deutschland-Türkei des Young Euro Classics übernahm sie 2011 die Patenschaft.

Werk

Seit 2003 arbeitet Hatice Akyün als freie Autorin und schrieb bzw. schreibt unter anderem für den Spiegel, Emma und den Berliner Tagesspiegel.

Sie verfasste für den Spiegel die Titelgeschichte Allahs rechtlose Töchter und die Reportagen Eine Stadt wie ein Versprechen über junge türkische Akademikerinnen in Istanbul und Der Denkzettel über den Solinger Brandanschlag.

Im Jahre 2005 veröffentlichte sie den biografischen Roman Einmal Hans mit scharfer Soße, den sie auch für ein gleichnamiges Hörbuch las. 2008 erschien die Fortsetzung Ali zum Dessert, in der sie über ihr deutsch-türkisches Leben als Mutter schreibt.

Seit März 2011 schreibt Hatice Akyün im Berliner Tagesspiegel eine wöchentliche Kolumne, die „Mein Berlin – Notizen aus der globalen Stadt“ heißt und immer montags erscheint. In ihr berichtet sie über das Leben in einer Großstadt aus dem Blickwinkel einer Zugewanderten heraus. Sie setzt sich mit dem Alltag ihrer Mitmenschen mit und ohne Migrationshintergrund in der Metropole Berlin auseinander. Die Kolumne umfasst auch das Thema Integration im weitesten Sinn. Akyün schreibt mit Ironie und Humor über ihr Leben in der deutschen und türkischen Kultur, das in ihren Geschichten aber nicht sehr unterschiedlich ist. Sie schreibt z. B. über Mütter, deren Probleme sich gleichen, auch wenn die Mütter aus verschiedenen Regionen der Welt stammen. Integration sei etwas, was eben nicht auf dem Papier passiere, sondern auch auf dem Spielplatz nebenan. Oft geht es in den Kolumnen um das Leben, die Liebe, Pannen und Peinlichkeiten, Größe und Kleinmut, Hoffnung und Enttäuschun und darum, sich selbst treu zu bleiben. Das alles dreht sich um die Lebensweisheiten ihres türkischen Vaters, der am Ende ihrer Kolumnen stets den passenden Satz zum Thema sagt.

Schriften

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Interview mit Hatice Akyün: Wir stehen wieder bei null. In: Migazin, 8. Februar 2011
  2. Westropolis ist dann mal weg Ruhrbarone, 7. Januar 2011

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