Allegorie der Liebe

Allegorie der Liebe
 
Allegorie der Liebe
Agnolo Bronzino, vor 1550
Öl auf Holz, 146 cm × 116 cm
National Gallery (London)

Allegorie der Liebe ist ein allegorisches Gemälde des italienischen Malers Agnolo Bronzino.

Das Bild hat das Format 146 cm × 116 cm und befindet sich seit 1860 in der National Gallery in London.

Inhaltsverzeichnis

Titel

Außer der Bezeichnung Allegorie der Liebe trägt es u. a. die Titel Venus küsst Amor; Venus, Cupido, Wahnsinn und Zeit; Die Wahrheit wird enthüllt durch die Zeit (La verità svelata dal tempo) oder Die Enthüllung der Üppigkeit (Panofsky).

Allein aus der Anzahl seiner Titel lässt sich folgern, dass der Sinn des Bildes sich nicht einfach erschließen lässt, und es ist auch häufig und auf unterschiedliche Weise interpretiert worden. Alle Deutungen beruhen auf Vasaris Beschreibung eines Bildes, das Bronzino im Auftrag von Cosimo I. de’ Medici gemalt hat. Es wurde als Geschenk an Franz I. von Frankreich geschickt, und Vasari hat es aus der Erinnerung in den vite von 1550 und 1568 beschrieben:

Er malte ein Bild von einzigartiger Schönheit, das nach Frankreich an König Franz geschickt wurde. Auf ihm war eine nackte Venus mit Amor, der sie küsste, und auf der einen Seite waren das Vergnügen (Piacere), sowie das Spiel (Giuoco) und andere Amoretten, und auf der anderen Seite die Tücke (Fraude), die Eifersucht (Gelosia) und andere Leidenschaften der Liebe.

Beschreibung

Das Bild zeigt eine Fülle von Figuren, die sich dicht gedrängt um das zentrale Paar von Venus und Amor gruppieren. Venus, die auf einem weißen Seidentuch kniet, hält in der linken Hand den goldenen Apfel der Hesperiden, den ihr Paris als Preis für ihre einzigartige Schönheit überreicht hatte. In der erhobenen Rechten trägt sie einen Pfeil, den sie offenbar aus Amors Köcher gezogen hat. Amor drängt sich mit erhitzten Wangen an die Mutter, streichelt zärtlich ihre Brüste und küsst sie auf den Mund. Venus erwidert mit geöffneten Lippen und ihrer Zunge den Kuss, die Täubchen unter Amors Fuß unterstreichen als Symbole für leidenschaftliche Liebe den erotischen Reiz der Szene.

Agnolo Bronzino, Allegorie, Detail

Die Figur auf der linken Seite, die sich mit verzerrtem Gesicht wie in Verzweiflung die Haare rauft, wurde als Allegorie des Wahnsinns gedeutet, für Vasari ist es die Eifersucht, eine Deutung, die mit der ersten gut zu vereinbaren ist.
Der Knabe mit den Glöckchen an den Fesseln, der im Begriff ist, Rosen auf das Paar zu streuen, kann als Allegorie von Spiel und Vergnügen gelten.

Am schwersten zu deuten ist die dunkelhaarige Figur mit dem Perlendiadem, die dem Betrachter eine Honigwabe entgegenhält. Der vor dem blauen Vorhang wie in der Luft schwebende Kopf gehört offenbar ebenso wie die anatomisch rätselhaft verdrehte Hand zu einem mit Schuppen bedeckten Vogelkörper, den Löwentatzen und dem schlangenartigen Gebilde, das möglicherweise der Echsenschwanz des Mischwesens ist. Vasari deutet diese Figur als Fraude, d. h. als Tücke und heuchlerische Falschheit. Nach Cesare Ripa, der unerschöpflichen Quelle für gelehrte Verschlüsselungen in Kunst und Literatur, ist Fraude eine Gestalt mit einem Vogelleib, Tierfüßen und zwei Köpfen, die sich hinter Masken verbergen. Bronzino hat zu Füßen des Monsters, vielleicht als Hinweis für eine solche Deutung, zwei Masken gemalt.
Über der ganzen Gruppe breiten zwei Gestalten mit dramatischer Geste ein großes blaues Tuch aus, man weiß nicht, wollen sie die Szene verhüllen oder haben sie die Akteure gerade entschleiert, um sie ans Licht der Wahrheit zu bringen. Der kahlköpfige Alte mit grauem Bart ist an seinen Flügeln als Gott Saturn und damit als Allegorie der Zeit zu identifizieren. Die zweite Figur könnte eine Allegorie der Wahrheit – die Tochter der Zeit – sein, auf die einer der Bildtitel anspielt.

Deutung und kunstgeschichtliche Einordnung

Deuten könnte man das Bild als spöttischen Kommentar zu den Widersprüchlichkeiten der Liebe: Liebe als ambivalente menschliche Erfahrung, die sowohl Freuden als auch Leiden bereitet, bei der man sich leicht der Täuschung, der Verleumdung und dem Betrug aussetzt, die den Liebenden zum Wahnsinn bringen kann und die vergänglich ist. Sie erscheint und verschwindet durch das Wirken der Zeit.

Das Bild ist ein Beispiel für das am Florentiner Hof und an den anderen Höfen der Manierismus in Frankreich und in Italien beliebte Spiel mit mythologischen Geschichten, mit gelehrten Allegorien und Rätseln, die die Fantasie und das Bildungswissen der Betrachter herausfordern.

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Film

Terry Gilliam verwendete im Vorspann zu Monty Python's Flying Circus Amors Fuß, um eine Trickfigur von Königin Viktoria zu zerquetschen.

Literatur

  • Erwin Panofsky: Studien zur Ikonologie der Renaissance. [1939]. 2. Aufl. Köln 1997.
  • Emil Maurer: Klassizistisch = antiklassisch? Notizen zur Formensprache in Bronzinos Allegorie der Liebe. In: Maurer, E.: Manierismus. Zürich 2001.

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