Hans von Seißer

Hans von Seißer

Hans Seißer, seit 1914 Ritter von Seißer (* 9. Dezember 1874 in Würzburg; † 14. April 1973 in München) war als Oberst und Chef der bayerischen Landespolizei einer der Beteiligten am Hitler-Ludendorff-Putsch im Jahr 1923.

Leben

Seißer war Sohn des Kgl. bay. Handelsrichters und Bankiers Ludwig-Barbarossa Seißer und seiner Frau Fanny Wagenhäuser. Die Familie führte seit 1773 ein Textilhandelshaus (M. Ph. Seisser) und eine Bank „Bankhaus Louis Seisser“ im Falkenhaus in Würzburg. Seißers Schwester Anna heiratete 1890 den Max-Joseph-Ritter Generalmajor Julius Ritter von Braun (1864–1933). Seißers Onkel Andreas Ritter von Seisser war Präsident der bayerischen Staatsbank; ein Neffe seines Vaters, Kommerzienrat Michael-Philipp Seißer, war Vizechef des Landesfrauenvereins vom Roten Kreuz für Nordbayern und führte die Familienfirma Seisser.

Nach dem Abschluss des Bayerischen Kadettencorps 1893 trat Hans von Seißer als Fähnrich in das 2. Bayerische Artillerieregiment ein. Bei Kriegsausbruch 1914 hatte er den Rang eines Majors erreicht. Am 26. September 1914 wurde er selbst mit dem Militär-Max-Joseph-Orden ausgezeichnet und erhielt den persönlichen, nicht erblichen Adelsstand mit dem Prädikat „Ritter von“. Am 16. September 1920 quittierte er den Armeedienst als Oberstleutnant, um am 1. Oktober desselben Jahres in die bayerische Landespolizei einzutreten.

Gemeinsam mit Gustav Ritter von Kahr und Otto von Lossow bildete Seißer das „Triumvirat“ bayerischer Honoratioren, die sich von Adolf Hitler am 8. November 1923 zur Teilnahme an einer Putschregierung unter dem designierten Ministerpräsidenten Ernst Pöhner überreden ließen. Hitler hatte an diesem Tag mit bewaffneten Kampfbündlern eine Versammlung im Bürgerbräukeller am Gasteig gestürmt und seine designierten Mitstreiter Kahr, Lossow und Seißer in ein Nebenzimmer gedrängt; Hitler soll dabei ausgerufen haben: „Wenn die Sache schief geht: vier Schüsse habe ich in meiner Pistole, drei für meine Mitarbeiter, wenn sie mich verlassen, die letzte Kugel für mich.“[1] Später kam auch Erich Ludendorff dazu.

Seißer war in der von Hitler angestrebten neuen bayerischen Regierung designierter Polizeiminister. Allerdings widerrief das „Triumvirat“ noch in derselben Nacht die Zusage zur Regierungsbeteiligung. Bei ihrem Eintreffen in der Stadtkommandantur teilten Lossow und Seißer den Generälen der Reichswehr und der Landespolizei mit, dass die im Bürgerbräukeller gegebene Erklärung unter Waffengewalt erzwungen wurde, und widerriefen diese. Sie sagten sich von Hitler und Ludendorff los und führten die Gegenmaßnahmen, um den Putsch zu vereiteln. Seißer ließ die Innenstadt von der Polizei gegen die anrückenden SA-Truppen abriegeln.[2] Am nächsten Tag brach der Putsch vor der Feldherrnhalle zusammen.

Seißer trat am 31. Januar 1930 als Oberst in den Ruhestand. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er einige Zeit im KZ Dachau inhaftiert.[2] Von Mai bis August 1945 wurde er von der amerikanischen Besatzungsmacht kurzzeitig nochmals als Polizeipräsident der Stadt München reaktiviert.

Seißer war seit 1903 verheiratet mit Walburga (Wally) Leube, Tochter des Pathologen und Internisten Prof. Dr. Wilhelm von Leube. Die beiden hatten einen Sohn und eine Tochter. (Sein Sohn Dr. Hans-Ulrich Seisser war verheiratet mit Barbara Brinckman (1921), Tochter des Hamburger Kaufmanns und Konsuls Franz Brinkman. Die Ehe wurde später geschieden. Seissers Tochter heiratete ebenfalls in eine Hamburger Kaufmannsfamilie). Seine Nachfahren leben in München.

Wappen Hans von Seisser: (Familienwappen Seisser verbunden mit dem Wappen der Stadt Bapaume. Seisser war an der Schlacht bei Bapaume beteiligt und integrierte mit Erlaubnis des bayerischen Reichsherolds die Schwurhand aus dem Wappen der Stadt Bapaume in sein Wappen).

Wappenschild geteilt: Oben in blau ein goldener Sparren (aus Familienwappen Seisser). Unten in rot eine silberne offene Hand (aus dem Wappen von Bapaume). Auf dem gekrönten Spangenhelm ein blauer Flug mit einem goldenen Sparren belegt. Helmdecken rechts blau-golden, links rot-silber.

Einzelnachweise

  1. Werner Maser: Die Frühgeschichte der NSDAP: Hitlers Weg bis 1924. Athenäum-Verlag, 1965, S. 446
  2. a b Gestorben. In: Der Spiegel. Nr. 17, 1973, S. 180 (online).

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