Hans Ruesch

Hans Ruesch

Hans Ruesch (* 17. Mai 1913 in Neapel, Italien; † 27. August 2007 in Massagno bei Lugano, Schweiz) war ein Schweizer Rennfahrer, Publizist und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Rennfahrer

Hans Ruesch, Sohn eines deutschsprachigen Schweizer Industriellen, Archäologen, Philosophen und einer italienischsprachigen Schweizerin, wuchs bis zu seinem 13. Lebensjahr in Neapel auf, wo sein Vater eine Textilfabrik besaß. Er begann zunächst an der Universität Zürich ein Jura-Studium, um dann eine journalistische Laufbahn einzuschlagen. Schon früh war er so sehr vom Motorsport fasziniert, dass er sich von seinem ersten verdienten Geld als Journalist einen Rennwagen kaufte, um sich aktiv seiner großen Leidenschaft widmen zu können. 1932 fuhr Ruesch im Alter von 19 Jahren das Klausenrennen auf einem MG mit. Im gleichen Jahr belegte er auf einem Alfa Romeo den 3. Platz beim Brno Grand Prix auf dem Masary-Ring in der Tschechoslowakei. 1934 konnte er auf einem Maserati 8CM auf dem Titisee und dem Eibsee zwei der damals populären Eisrennen für sich entscheiden. Ein Jahr später beendete er die Mille Miglia auf Rang vier. Ruesch gewann den Großen Preis von Donington (1936), Finnland (1937), Bukarest (1937) und Chimay (1937) sowie den Mountain Championship im britischen Brooklands und stellte zwei Weltrekorde auf, darunter den „Standing start“-Geschwindigkeitsrekord im Autodrome de Linas-Montlhéry mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 88,33 Meilen pro Stunde. Bis 1937 siegte er bei 27 Rennen. Nach einem Training von nur drei Monaten nahm er 1937 für die Schweiz auch an der großen St. Moritzer Weltkonkurrenz im Bob teil. Insgesamt vertrat Hans Ruesch die Schweiz in den 1930er-Jahren bei über 100 internationalen Autorennen und maß sich mit Fahrern wie Rudolf Caracciola, Bernd Rosemeyer, Manfred von Brauchitsch, Hans Stuck, Hermann Lang, Giuseppe Farina, Achille Varzi oder Tazio Nuvolari, der auch als „Fliegender Mantuaner“ bekannt war. Rueschs Rückkehr in den Motorsport nach dem Zweiten Weltkrieg endete mit einem tragischen Unfall, der zugleich das Ende seiner Rennfahrer-Karriere markierte. 1953 verlor er beim Supercortemaggiore Grand Prix, der auf öffentlichen Straßen ausgetragen wurde, die Kontrolle über seinen Ferrari 4.1-litre MM und schleuderte in eine Menschengruppe. Ein Polizist wurde getötet und drei weitere Zuschauer verletzt.

Schriftsteller

1939 erschien unter dem Titel Gladiatoren sein erster großer Roman, der sich an Rudolf Caracciola orientierte, dem erfolgreichsten deutschen Automobilrennfahrer der Vorkriegszeit. 1940 flüchtete Hans Ruesch - kurz bevor die Wehrmacht einmarschierte - aus seinem Wohnort Paris über Madrid und Lissabon nach New York. Dort machte er sich bereits nach wenigen Monaten mit seinen Kurzgeschichten, die in führenden anglo-amerikanischen Zeitschriften wie Esquire, Collier’s Weekly und The Saturday Evening Post veröffentlicht wurden, einen Namen als spannungsreicher, wirklichkeitsnaher Erzähler. Daneben schrieb er in deutscher, französischer und italienischer Sprache für bekannte Magazine verschiedener Länder. 1946 kehrte er in seine Geburtsstadt Neapel zurück, wo er 1949 Maria Luisa de la Feld heiratete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Vivian Ruesch Mellon, Hans jr. Ruesch und Peter Ruesch. Zum US-amerikanischen «Bestseller des Jahres» wurde sein 1950 in New York veröffentlichter Eskimo-Roman Top of the World, (deutsch: Im Land der langen Schatten). Das Buch, von dem sich 3 Millionen Exemplare verkauften, wurde in fast alle Kultursprachen übersetzt. Es machte Hans Ruesch zum erfolgreichsten Schweizer Schriftsteller seiner Zeit. Die Weltwoche (Zürich) hob die „dokumentarische Wucht“ der Sprache hervor und zog einen Vergleich zu Hemingway. Der Schriftsteller Thomas Mann rühmte es als „ein besonders packendes Werk, das dem Leser Einblick in eine völlig neue Welt eröffnet“. Rueschs zweiter Rennsport-Roman The Racer, den er 1953 auf Englisch verfasst hatte, wurde von Arno Schmidt ins Deutsche übersetzt.

Tierversuchsgegner

Anfang der 1970er-Jahre wurde Hans Ruesch bei den Recherchen zu einem geplanten Gesundheitsbuch auf das Thema Tierversuche aufmerksam, gegen die er sich von diesem Zeitpunkt an intensiv engagierte. Fünf Jahre arbeitete er an Nackte Herrscherin – einer in Umfang und Ausführlichkeit noch nie dagewesenen kritischen Darstellung der Geschichte des Tierversuchs, die Ruesch über den Physiologen Claude Bernard bis zu den Lehren des griechischen Arztes Galenos von Pergamon (deutsch: Galen) zurückverfolgt. 1976 wurde die Imperatrice Nuda in Italien erstveröffentlicht. In Deutschland und den USA kam das Buch zwei Jahre später heraus. In beiden Ländern hatten zahlreiche Verlage eine Veröffentlichung abgelehnt – unter anderem mit der Begründung, es sei „nicht unsere Aufgabe, extreme und gefährliche Meinungen zu verbreiten“[1]. Nackte Herrscherin löste in den Medien zahlreicher Länder ein großes Echo und heftige, emotionale Debatten zwischen Wissenschaft und Tierschutz aus. 1979 begleitete Hans Ruesch die Anti-Vivisektions-Demonstrationen in Oxford und Cambridge, wo er an beiden Universitäten eine Rede hielt. Die International League of Doctors Against Vivisection (ILDAV) ernannte ihn zu ihrem Honorarpräsidenten. Heute zählt Nackte Herrscherin neben Die Vivisektion von Gennaro Ciaburri und Victims of Science von Richard Ryder zu den Klassikern der internationalen Antivivisektions-Literatur.

Ende August 2007 starb Hans Ruesch im Alter von 94 Jahren in Massagno nahe Lugano. Er war der älteste noch lebende Gewinner eines Grand Prix in der goldenen Zwischenkriegs-Ära des Autorennsports. In seinem Heimatland Schweiz blieb Hans Ruesch bis zu seinem Tod eher unbekannt.

Werke

Romane

  • Gladiatoren, Hallwag, Bern 1939
  • Top of the World, 1950, ISBN 999755602X; deutsch: Im Land der langen Schatten. 1959 verfilmt von Nicholas Ray mit Anthony Quinn und Peter O’Toole unter dem Titel The Savage Innocents
  • The Racer, 1953; deutsch: Rennfahrer, Übersetzung von Arno Schmidt, Rowohlt, Reinbek 1955. Verfilmt 1955 von Henry Hathaway mit Kirk Douglas unter dem Titel The Racers; deutsch: Der Favorit
  • Die Sonne in den Augen. Ein Schelmenroman, Steinberg, Zürich 1955
  • South of the Heart: A Novel of Modern Arabia / The Great Thirst / The Arab, 1957; dt.: Der schwarze Durst, Ullstein, Berlin 1959. Verfilmt 2011 von Jean-Jacques Annaud mit Antonio Banderas und Freida Pinto unter dem Titel Black Gold
  • The Stealers, 1962; deutsch: Die kleinen Diebe, Diana, Zürich 1964
  • Die Rivalen, Diana, Zürich 1965
  • Make a Fortune, 1967
  • Back to the Top of the World, 1974, ISBN 0450021084; deutsch: Iglus in der Nacht, Rowohlt, Reinbek 1974

Sachbücher

  • Slaughter of the Innocent (433 Seiten), Bantam Books, New York, 1978, ISBN 0553111515; deutsch: Nackte Herrscherin. Entkleidung der medizinischen Wissenschaft (427 Seiten), Hirthammer, München 1978; Sonderausgabe mit dem Untertitel Das Manifest gegen Tierversuche, Nymphenburger, München 1984, ISBN 3-485-00481-2
  • Die Fälscher der Wissenschaft. Technischer Rapport, Hirthammer, München 1979
  • Naked Empress – or the Great Medical Fraud (222 Seiten), Civis, 1982, ISBN 0686402332
  • Die Pharma-Story. Der große Schwindel, Hirthammer, München 1985
  • Tausend Ärzte gegen Tierversuche, Civis, Klosters 1986
  • Tausend Ärzte gegen die Vivisektion, Neuauflage des Werks von Ludwig Fliegel aus dem Jahr 1935, Civis, Klosters 1986

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ruesch, Hans: Die Fälscher der Wissenschaft. Technischer Rapport (S. 45), 4. Auflage, Edition Hirthammer, München, 1990



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