Hans Kohlschein

Hans Kohlschein
Hans Kohlschein

Hans Kohlschein (* 5. März 1879 in Düsseldorf; † 28. Dezember 1948 in Warburg) war ein deutscher Maler, Zeichner und Karikaturist. Er war der Sohn von Josef Kohlschein dem Älteren, Bruder der Maler Edmund Anton Kohlschein und Josef Kohlschein der Jüngere sowie Großvater von Rolf Gentz. Außerdem war er ein Schwippschwager und guter Freund von Erwin Böhme (seine Schwester war mit dessen Bruder Gerhard verheiratet)[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Vater erkannte früh die künstlerische Begabung des Sohnes und förderte ihn zielstrebig (vgl. Die Zeichnung des Zehnjährigen von seinem Großvater 1889). Zum Wintersemester 1892/93 wurde Kohlschein in die Elementarklasse der Kunstakademie Düsseldorf aufgenommen. Seine Lehrer wurden die Historienmaler Eduard von Gebhardt und Arthur Kampf. Später wurde Kohlschein Meisterschüler des Genremalers Claus Meyer, dem er 1898–1902 bei der Ausmalung von Schloß Burg assistierte. Dort entstand im Rittersaal sein eigenständiges, wenn auch nicht signiertes Werk „Die Ermordung Engelberts von Berg“. 1903/4 folgten zwei Fresken aus Goethes „Faust“ in Isselhorst bei Gütersloh, sodann die großen Historiengemälde in Kleve 1906/7: „Der Besuch des Großen Kurfürsten“ und in Czarnikau 1911: „Der Besuch Friedrich des Großen im neuen Land“ (beide 1945 zerstört) Die Monumentalgemälde: „Schlesische Landwehr bei Waterloo“ 1902 und „Lützows Freischar vor dem Kampf“ 1904 kaufte die Alte Nationalgalerie Berlin an. Für „Die Moselbauern“ 1911 erhielt er die Preußische Goldene Staatsmedaille 1913.

Vor allem in den frühen Wandgemälden zeigt sich der Historienmaler Kohlschein. Später offenbart sich – auch im großen Format – der Maler und Zeichner expressiver, bewegter Figurenszenen. Vgl. dazu sein größtes Ölgemälde (300 x 450 cm): „Der Platz an der Sonne“. Es wurde 1915 zum 100. Geburtstag Bismarcks im Künstlerverein Malkasten ausgestellt.

Im Ersten Weltkrieg wurde Kohlschein als Kriegsmaler erst im Westen (Übergabe nach der Schlacht von Maubeuge" 1915, ausgestellt Berlin 1916) eingezogen und danach dem Generalstab in Warschau zugeteilt. Dennoch wurde er kein Kriegsmaler im üblichen Sinne. Vielmehr sah er seine eigentliche Leistung darin, das Volks- und Alltagsleben in Polen zu schildern. Kohlschein schuf dynamische und kraftvolle Gemälde, die die unterschiedlichen Volksschichten ausdrucksstark thematisierten und in ihrem individuellen Umfeld lebendig in Szene setzten: Soldaten, Bettler, Juden, Szenen im Ghetto und auf Märkten, Bauern mit Pferden, Brand und Elend, Priester und Prozessionen. Kohlschein schuf in diesen drei Jahren nach eigenen Angaben rund 300 Arbeiten, von denen heute noch sechzig bekannt sind. Er entwickelte dafür eine schnelltrocknende Temperamischtechnik, die sein rasches Arbeiten begünstigte. Fast fünfzig dieser Arbeiten stellte Kohlschein 1918 in einer Kollektivausstellung in Düsseldorf vor. Auch den heutigen Betrachter faszinieren sie durch ihre mit oft wenigen Strichen ins Bildhafte übersetzte Spontanität.

1922 erwarb die Nationalgalerie in Tokio als erstes Gemälde eines zeitgenössischen deutschen Malers Kohlscheins „Großes Frauenbad an der Weichsel“.

1917 wurde Kohlschein zum Königlichen Professor ernannt und zum Ehrenmitglied der Düsseldorfer Kunstakademie. Dort übernahm er 1921 einen Lehrauftrag, den er 1927 zurückgab.

Es folgten weitere bedeutende Ausmalungen: Gartensaal des Malkasten 1922, Aktsaal im Schadowkeller, Kirche Maria Rosenkranz, Haus zum Kurfürsten 1925/26 und die Ausmalung seines eigenen Wohnhauses mit biblischen Szenen. Auch in seiner Monumentalmalerei, verlor Kohlschein nie sein Interesse an der Darstellung pulsierenden Lebens und der mannigfaltigen menschlichen Charaktere und Leidenschaften.

1929 vollendete Hans Kohlschein drei Wandgemälde im Sitzungssaal des Kreishauses in Düsseldorf: „Zusammenbruch und Wiederaufbau“. Diesen Zyklus hielt er neben den Bildern aus der Polenzeit für das Beste seines gesamten Schaffens. („Mein ganzes Leben steckt darin!“).

Das 1932 vom Kunstmuseum Düsseldorf angekaufte Gemälde: „Vor der Stadt“ wurde 1937 für „entartet“ erklärt und vermutlich zerstört.

1934 stellte er auf der Deutschen Kunstausstellung in Düsseldorf erstmals großformatige Karikaturen seiner Malerkollegen aus. Schon in den Zwanziger Jahren hatten seine im Malkasten bei den abendlichen Treffen verfertigten Karikaturen starke Beachtung gefunden- bestaunt wie gefürchtet in ihrer Treffsicherheit. Dem KVM hatte er seit 1901 angehört und ihn als Gestalter der Malkastenfeste und Aufführungen maßgeblich mit geprägt.

In den Dreißiger Jahren wandte er sich verstärkt der Landschaftsmalerei zu. Er und seine Frau Ella, sie waren seit 1906 verheiratet, zogen sich häufiger nach Warburg zurück. Die großen Aufträge, die noch folgten, sind deutlich als „Brotaufträge“ anzusehen. Dazu gehören die Wandmalereien im Generalkommando Hannover von 1938/39 sowie die im Polizeipräsidium Wuppertal von 1940/41. Die überdimensionierten Fassadenmalereien für die Firma Henkel anlässlich der Ausstellung „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf 1937 sind sicher auch schon dazu zurechnen. An den offiziellen großen Kunstausstellungen, die seit 1937 in München stattfanden, hat Kohlschein nicht teilgenommen.

Ein großer Teil der wichtigsten Arbeiten Kohlscheins ging durch Kriegseinwirkung verloren.

Werke

Hauptwerke

  • 1904 „Lützows Freischar vor dem Kampf“ (250 x 400 cm) L 45 M
  • 1910 „Nidegger Brücke“ (61 x 86 cm) L 66
  • 1911 „ Die Moselbauern“ (150 x 160 cm) L83
  • 1917 „Troika“ (70 x 100 cm) L 129
  • 1924 „Karfreitagsprozession in Sorrent“ (70 x 100 cm) L 180
  • 1930 „Kerzenkapelle Kevelaer“ (72 x 79 cm) L 249
  • 1934 Karikaturen der Malerkollegen 9 Teile, 157 cm hoch L 276

Porträts

Wichtige Porträts dieser Zeit sind:

  • 1909 „Kinderbildnis Tochter Wendula“ (74 x 60 cm) L 76
  • 1913 „Bildnis Ella Kohlschein“ (80 x 80 cm) L 89
  • 1913 „Bildnis des Kluspaters“ (80 x 80 cm) L90
  • 1917 „Bildnis des Fliegerleutnants Erwin Böhme“ (63 x 61 cm) L 149
  • 1918 „Bildnis Prof. Eduard von Gebhardt“ (120 x 102 cm) L 150M

Standorte und Ausstellungen

Standorte

Ausstellungen

  • „Josef Kohlschein, Hans Kohlschein und Josef Kohlschein der Jüngere“ im Städtischen Museum Neuß 1912
  • Kunsthalle Düsseldorf 1928
  • Kunsthalle Düsseldorf 1952
  • Künstlerverein Malkasten 1964
  • Stadtbücherei Düsseldorf 1979
  • „Die Künstlerfamilie Kohlschein“ im Stadtmuseum Düsseldorf 1985
  • Museum im „Stern“ Warburg 1998
  • Hans Kohlschein, Ein Künstlerleben in Zeiten des Umbruchs, auf Schloss Cappenberg vom 05.07.- 25.10.2009

Einzelnachweise

  1. Werner Johannes: Briefe eines deutschen Kampffliegers an ein junges Mädchen, Leipzig/Berlin 1930, S. 51.

Literatur

  • Hans Kohlschein. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 21, E. A. Seemann, Leipzig 1927, S. 209f
  • Willy Oskar Dressler, Kunsthandbuch II. Band 1930
  • Der Große Brockhaus, Brockhaus Enzyklopädie 1931
  • Hans Kohlschein. In: Hans Vollmer: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Bd. 3. E. A. Seemann, Leipzig 1956, S. 85
  • Irene Markowitz: Die Künstlerfamilie Kohlschein. Faltblatt zur Ausstellung im Stadtmuseum Düsseldorf 1985
  • Emanuel Bénézit (Hrsg.): Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous des pays. Grund, Paris
  • 6 - Jacobs-Loyer. 1976, ISBN 2-7000-0154-0
  • Museumsverein Warburg (Hrsg.): Hans Kohlschein. 1879-1948, Leben und Werk, Bochum 2002, ISBN 3-9803617-8-0
  • Lexikon der Düsseldorfer Malerschule. Bruckmann, München 1996
  • 2. Haach-Murtfeld. 1998, ISBN 3-7654-3010-2
  • Michael Okroy: Allegorie mit Hakenkreuz und Rune. Zum Fund eines NS-Wandgemäldes im Polizeipräsidium Wuppertal, in: Alfons Kenkmann/Christoph Spieker (Hg.): Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung, Essen 2001, S. 318-325. ISBN 3-88474-970-6
  • Silke Köhn: "Hans Kohlschein (1879-1958)" in: Sammler Journal, November 2008
  • Oliver Gradel u. Silke Köhn: "Künstler im Weserbergland und die Düsseldorfer Malerschule", Ausst.-Kat. Schloss Corvey, Bönen 2010, 126 S.

Weblinks


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