Hans Deutschmann

Hans Deutschmann

Hans Deutschmann (* 19. September 1911 in Kuchelberg, Krs. Liegnitz/Schlesien; † 11. April 1942 in Rennes) war ein deutscher Segelflugpionier, Testpilot, Diplom-Ingenieur und Träger des Silbernen Segelflugabzeichens Nr. 30.

Biografie

Der am 19. September 1911 in einem kleinen Ort bei Liegnitz/Schlesien geborene Hans Deutschmann ist der Sohn des Dorfschullehrers August Deutschmann, der 1925 nach Grunau im Riesengebirge versetzt wird. Der Gymnasiast Hans Deutschmann verfolgt den Aufbau der Segelflugschule Grunau (ab 1923) mit großem Interesse und lässt sich von der Flugbegeisterung dieser Zeit mitreißen. In Grunau haben drei schwäbische Segelflugpioniere großartige Arbeit geleistet, so die Konstrukteure Espenlaub und Schneider (Grunau-Baby) und der berühmte Wolf Hirth, der eben noch über New York segelnd, 1931 die Segelflugschule Grunau übernimmt und zum führenden deutschen Segelflug-Schulungszentrum ausbaut.

Hans Deutschmann verbringt seine Freizeit meist auf dem „Fliegerberg“ seines Heimatdorfes und wird bereits in jungen Jahren selbst begeisterter Segelflieger. Noch ehe Wolf Hirth in Grunau auftritt, den er später sehr verehrte, legt Hans Deutschmann die Segelflieger-C-Prüfung ab. Sein Reifezeugnis vom Humanistischen Gymnasium Hirschberg enthält einen entsprechenden Vermerk. Glänzende Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern, aber auch sein Spezialgebiet „Technik“ im Fach Griechisch legen ein Studium an der TH Breslau nahe, das er zum WS 1930/31 aufnimmt (Aerodynamik). Das Segelfliegen wird neben dem Studium weiter betrieben. 1931-1933 beteiligt er sich am Rhönwettbewerb. Spektakuläres Ende seiner Rhönabenteuer: Am 13. August 1933 gerät er mit der „Schlesien in Not“ in eine Gewitterfront, die sein Flugzeug bersten lässt und ihn herausschleudert. Nach glücklicher Fallschirmlandung wird er vom Sturm noch kilometerweit über die Rhön geschleift, aber zum Glück nicht schwer verletzt.

Am 10. März 1933 macht Hans Deutschmann eine für den Segelflug wie auch für die Meteorologie bedeutsame Entdeckung. Mit einem Grunau-Baby I an der Nordseite des Riesengebirges in Schlesien fliegend, wird er unerwartet durch starke Aufwinde in eine Höhe von 3000 bis 4000 m getragen. Ungesicherte Deutungen des Ereignisses werden durch spätere wissenschaftliche Untersuchungen, vor allem durch Dr. Joachim Kuettner, bestätigt, dass hier atmosphärische Schwerewellen (Leewellen) wirksam waren. In den dreißiger Jahren gelingt es dann auch, geheimnisumwitterte Wolkengebilde wie das "Moazagotl" zu erklären. Als stationäre Lentikulariswolke über einem Schwerewellen-Berg wird sie fortan von Segelfliegern in aller Welt angeflogen und ist der Garant für große Höhen und Weiten.

In der Folgezeit wendet sich Hans Deutschmann dem Motorflug zu. Auch hier will er Neuland betreten und stellt sich Alexander Lippisch als Testpilot zur Verfügung. Mit dem experimentellen Nurflügel „Delta I“ verunglückt er auf der Rhön im September 1933 schwer und liegt bis Ostern 1934 in einer Fuldaer Klinik. Kaum genesen, erwirbt er im Juli 1934 die Silber-C im Segelflug, es ist die 30. Verleihung im Deutschen Reich.

Ab 1935 widmet sich Hans Deutschmann wieder mehr seinem Studium in Breslau. Weil er das Fliegen nicht ganz lassen kann, betätigt er sich als Wetterflieger und ist Segelflugreferent für Niederschlesien. 1937 schon Zweitplazierter beim Deutschlandflug, gewinnt er diesen ein Jahr später mit dem Stieglitz-Verband (Fw 44) der Fliegerschule Breslau. Über 400 Flugzeuge beteiligen sich 1938 an dieser größten flugsportlichen Veranstaltung, die die internationale Luftfahrt bisher gesehen hat. Der für 1939 vorgesehene Deutschlandflug findet kriegsbedingt nicht mehr statt.

Mit einer Arbeit über den schwanzlosen Motorflug beendet Hans Deutschmann sein Studium im Frühjahr 1939 und verdingt sich danach als Testpilot bei verschiedenen Flugzeugherstellern, z. B. Heinkel, Rostock. Seit 1938 verheiratet, sucht und findet er seinen dauerhaften Broterwerb als Fliegerhauptingenieur a. K. bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe in Rechlin. Da die Erprobung von Neuentwicklungen deutscher Flugzeughersteller und später auch von Beuteflugzeugen strenger Geheimhaltung unterliegt, ist über die dortige Arbeit wenig bekannt geworden. Flugberichte aus Rechlin belegen jedoch, dass Hans Deutschmann auch hier an zukunftsweisenden Konstruktionen mitgewirkt hat. So hat er am 22. September 1940 als Pilot einer He 111 dem ersten zweimotorigen Strahlflugzeug der Welt - die He 280 besaß noch keine Triebwerke - per Schlepp zum Erstflug verholfen.

Weshalb Hans Deutschmann als 2. Flugzeugführer am 10. April 1942 an einem Militäreinsatz des Kampfgeschwaders 40 teilnimmt, ist Angehörigen verborgen geblieben. Die Crew der Fw 200 "Condor" hat bewaffnete Aufklärung an der spanisch-portugiesischen Küste zu betreiben. In den frühen Morgenstunden des 11. April 1942 ist die Viermotorige wieder über dem Einsatzflughafen Rennes/Nordfrankreich, wo es beim Einschweben zur Landung Bodenberührung gibt und die Maschine durch Aufschlagbrand zerstört wird. Von der siebenköpfigen Besatzung überleben drei Mann, Hans Deutschmann ist unter den Toten. Dreißigjährig wird er post mortem zum Fliegerstabsingenieur befördert.

Quellen

  • Paul Karlson: "Segler durch Wind und Wolken", Ullstein Verlag Berlin 1933
  • Flugberichte Rechlin (Erprobung der He 280), 22. September - 29. Oktober 1940
  • Wilhelm Sachsenberg: "Einst und Jetzt - Die Geschichte des Deutschlandfluges", 1971
  • Peter Riedel: "Über sonnige Weiten", Motorbuch Verlag Stuttgart 1985
  • A. Dörnbrack, R. Heise, J.P. Kuettner: "Wellen und Rotoren"

in: promet., Jahrgang 32, Heft 1/2, 2006, S. 18 - 24


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