Handoff

Handoff

Als Handover, im amerikanischen Fachenglish Handoff, bezeichnet man einen Vorgang in einem mobilen Telekommunikationsnetz (zum Beispiel GSM oder UMTS), bei dem das mobile Endgerät (Mobilstation) während eines Gesprächs oder einer Datenverbindung von einer Funkzelle in eine andere wechselt. Auch beim Wechsel zwischen GSM und UMTS mit einem Dual-Mode-Mobiltelefon spricht man von Handover. Im US-amerikanischen Sprachgebrauch ist der Begriff Handoff geläufiger.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Während eines Gesprächs oder einer Datenverbindung kann die Notwendigkeit entstehen, dass das Gespräch an eine andere Funkzelle übergeben werden muss. Der häufigste Grund hierfür ist, dass der Teilnehmer sich aus dem Versorgungsgebiet seiner aktuellen Zelle herausbewegt. Aber auch die Qualität des Funkkanals oder eine Überlastung der Zelle können einen Handover erforderlich machen.

Das Endgerät führt ständig Messungen der Signalstärke und -qualität der aktuellen Zelle sowie der Feldstärke der Nachbarzellen durch - bei GSM misst es die Empfangssignalstärke des Broadcast Control Channel (BCCH). Dieser Bericht wird an den Base Station Controller (BSC) gesendet (bei GSM alle 480 ms). In der BSC wird dann die Entscheidung über die Notwendigkeit eines Handovers getroffen und ggf. die neue Base Transceiver Station (BTS) informiert. Bevor das Handover durchgeführt werden kann, muss in der Zielzelle ein Gesprächskanal reserviert werden. Erst wenn dies erfolgreich war, kann der BSC der Mobilstation den Handover-Befehl geben.

Ein Handover erfolgt grundsätzlich nur während eines Gesprächs oder einer Datenverbindung. Im idle mode (Gerät in „Standby“) hingegen trifft die Mobilstation selbständig die Entscheidung für einen Zellwechsel beim Verlassen einer Location Area.

Im Normalzustand kennt das GSM-Netz nur die Location Area des Endgeräts. Dieses ist selbst dafür verantwortlich, sich die am besten empfangbare BTS zu suchen und dort den Kontrollkanal abzuhören.

In den meisten Mobilfunksystemen gibt es eine Fülle von Systemparametern, die das Triggern und den Verlauf des Handovers beeinflussen. Die zu treffenden Abgleiche unterscheiden sich nach Art des Handovers. In UMTS etwa lässt sich die Qualität der Funkverbindung (call quality) auf Kosten der Netzkapazität verbessern, indem die Mobilstation öfter im soft handover ist, also öfter mit mehreren Basisstationen gleichzeitig verbunden ist [1]. Eine gleichzeitige Verbesserung der Qualität der Funkverbindung und der Netzkapazität kann zum Beispiel durch die Optimierung der Basisstationsantennenparameter erreicht werden [2].

Gründe für Handover

Es gibt unterschiedliche Triggerereignisse für Handover:

  • Durch Bewegung kommt der Teilnehmer in ein Gebiet, in dem eine Nachbarzelle mit besserer Empfangssignalstärke oder Signalqualität als die der aktuellen Zelle empfangen wird.
  • Die Signalstärke oder Qualität sinkt unter eine definierte Schwelle und gleichzeitig liegt die Empfangsfeldstärke einer Zelle (eines anderen Systems) über einer definierten Schwelle. Ein weiterer Parameter zum Schwellwert ist eine Hysterese, die eine nächste Basisstation nur dann auswählt, wenn sie mindestens ein um den Hysteresewert besseres Signal liefert.
  • Die Empfangsqualität (gemessen anhand der Bitfehler- oder Rahmenfehlerrate) sinkt unter eine definierte Schwelle (quality handover).
  • Aus Gründen der besseren Verkehrsverteilung (z. B. bei Überlastung einer Zelle) veranlasst das Netz einen Handover.
  • Gespräche von sich schnell bewegenden Teilnehmern sollen von kleinen (hot-spot) Zellen in Zellen mit großer Zellfläche verschoben werden, um die Signalisierung, die mit häufigen Handovern einhergeht zu reduzieren und um die Wahrscheinlichkeit von Verbindungsabbrüchen zu reduzieren (velocity based handover).
  • Bestimmte Dienste (z. B. GPRS oder HSCSD) sollen bevorzugt in bestimmten Zellen oder Zeitschlitzen abgewickelt werden (service based handover).

Arten von Handover

Handover zwischen Netzelementen:

  • Intra-Cell Handover: Es wird auf eine andere Frequenz oder einen anderen Zeitschlitz derselben Zelle gewechselt (GSM, GPRS).
  • Inter-Cell Handover: Es wird zu einer Nachbarzelle gewechselt.
  • Inter-BSC Handover: Beim Handover wird in eine Nachbarzelle gewechselt, die an einen anderen BSC angeschlossen ist.
  • Inter-MSC Handover: Beim Handover wird in eine Nachbarzelle gewechselt, die an einen anderen BSC angeschlossen ist, welche wiederum an eine andere MSC angeschlossen ist.
  • Inter-PLMN Handover: Beim Handover wird in eine Zelle eines anderen Mobilfunknetzes gewechselt.
  • Inter-System Handover: Es wird zu einer Zelle gewechselt, die eine andere Mobilfunktechnik benutzt (z. B. Handover zwischen GSM und UMTS).

Handoversteuerung:

  • Network Controlled Handover (NCHO): Sowohl die Kanalmessung als auch die Entscheidung über ein Handover werden netzseitig getroffen. Diese Variante wird (bzw. wurde) bei analogen Systemen eingesetzt.
  • Mobile Assisted Handover (MAHO): Die Kanalmessung wird auf beiden Seiten des Links durchgeführt. Die Messergebnisse werden vom Mobilgerät ans Netz übermittelt, das darauf basierend eine Handoverentscheidung fällt. Diese Variante wird bei GSM und UMTS eingesetzt.
  • Mobile Controlled Handover (MCHO): Eine Kanalmessung wird nur endgeräteseitig durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen entscheidet ausschließlich das Mobilgerät über einen durchzuführenden Handover. Einsatz beispielsweise bei DECT oder Wireless LANs nach IEEE 802.11.

Aufbau der Verbindung zur neuen Zelle vor oder nach Abbruch der Verbindung zur alten Zelle:

  • Hard Handover: Es wird die bestehende Verbindung zur aktuellen Zelle getrennt bevor die Verbindung zur neuen Zelle hergestellt wird. Da GSM-Nachbarzellen unterschiedliche Funkfrequenzen nutzen, sind GSM-Handover immer Hard Handover (Mobilfunkgerät muss Sende- und Empfangsfrequenz während des Handovers wechseln).
  • Soft Handover: Eine Verbindung zur neuen Zelle wird aufgebaut bevor die bestehende Verbindung getrennt wird. Für eine gewisse Zeit bestehen zwei gleichzeitige Verbindungen zu verschiedenen Basisstationen. Dieses Verfahren wird beispielsweise bei UMTS eingesetzt (Nachbarzellen nutzen hier in der Regel die gleichen Funkfrequenzen). Gehören hierbei die Zellen, zwischen denen der Handover stattfindet, zu unterschiedlichen NodeBs, spricht man von Soft Handover. Eine Übergabe zwischen zwei Zellen des gleichen NodeBs wird als Softer Handover bezeichnet.

Handover in idle mode und connected mode:

  • Mobilfunkstandards enthalten unterschiedliche Handovermechanismen für Endgeräte in einer Verbindung ("connected mode" in UMTS) und für verbindungslose Endgeräte ("idle mode" in UMTS). Handover in idle mode ("cell reselection" in UMTS) sind z. B. notwendig, um eingehende Anrufe in der neuen Zelle anzeigen zu können.

Quellen

  1. C. Brunner, A. Garavaglia, M. Mittal, M. Narang, and J. Vargas Bautista: Inter-System Handover Parameter Optimization. In: Proceedings of IEEE Vehicular Technology Conf. (VTC Fall '06). Montreal, Canada, September 2006 (englisch)
  2. C. Brunner, D. Flore: Generation of Pathloss and Interference Maps as SON Enabler in Deployed UMTS Networks. In: Proceedings of IEEE Vehicular Technology Conf. (VTC Spring '09). Barcelona, Spain, April 2009 (englisch)

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