Hamburger Rathaus

Hamburger Rathaus
Das Hamburger Rathaus
Das Rathaus vom Turm der Petrikirche aus gesehen
Das Rathaus vom Turm der Nikolaikirche aus gesehen. Im Hintergrund Binnen- und Außenalster
Lateinischer Sinnspruch über dem Portal des Rathauses: Sinngemäß übersetzt: Die Freiheit, die die Alten erwarben, möge die Nachwelt würdig erhalten.
Der Senat hält 1897 Einzug ins neue Rathaus
Lage in Hamburg

Das Hamburger Rathaus ist der Sitz der Bürgerschaft (Parlament) und des Senats (Landesregierung) der Freien und Hansestadt Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Vorgänger

Das heutige Rathaus ist vermutlich das sechste Rathaus der Stadtgeschichte. Die beiden ersten standen wahrscheinlich in der Neustadt am Hopfenmarkt und in der erzbischöflichen Altstadt am Alten Fischmarkt. Nach der Vereinigung beider Städte im Jahr 1216 entstand ein gemeinsames Rathaus an der Kleinen Johannisstraße, Ecke Dornbusch. Durch einen Brand 1284 wurden alle Häuser und vermutlich auch das Rathaus zerstört. Einzig das Kellergewölbe blieb erhalten und diente als Ratsweinkeller und Weinlager. Das darauf errichtete Gebäude erhielt später den Namen Eimbeck'sches Haus da es als einziges eine Ausschank-Konzession für Einbecker Bier besaß. Der Ratsweinkeller stürzte 1842 beim Großen Brand zur Hälfte ein. Eine geborgene Bacchus-Figur steht noch heute im Rathaus am Treppenabgang zum Ratsweinkeller (Eingang Große Johannisstraße). Um 1290 wurde ein größeres Rathaus am Neß an der Trostbrücke erbaut. Der Backsteinbau, auf einer Fläche von 26-mal 17 Metern mit einer zweigeschossigen Halle errichtet, wurde nach und nach erweitert. Das Niederngericht kam hinzu und zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein Renaissance-Anbau. 1619 zog die Hamburger Bank mit ein. Dieses Gebäude-Ensemble in Nachbarschaft zur alten Hamburger Börse bildete mehrere Jahrhunderte das politische und wirtschaftliche Zentrum Hamburgs. Im Jahr 1842 wurde das Rathaus (vergeblich) gesprengt, um das Feuer aufzuhalten. Einige Standbilder von deutschen Kaisern, die seit 1640 an der Fassade dieses Rathauses eingefügt waren, sind erhalten geblieben und nun an der Außenfassade des Museum für Hamburgische Geschichte (hamburgmuseum) zu sehen. Auch sind mit Brandschutt verschmolzene Silberbarren des Silberschatzes im Phönix-Saal des Rathauses ausgestellt. 1842 wird das Waisenhaus an der Admiralitätsstraße (erbaut 1785, zerstört im Zweiten Weltkrieg, Gedenkplatte und Portalbogen vor Ort erhalten) zum provisorischen Rathaus. Die Bürgerschaft tagte auch im Haus der Patriotischen Gesellschaft, das 1847 an der Stelle des zerstörten Rathauses errichtet wurde und noch heute steht (1923 Aufstockung, 1943 bis auf Außenmauern und untere Gewölbe ausgebombt, 1957 Wiederaufbau vollendet).

Planung und Bau des heutigen Rathauses

Nachdem das alte Hamburger Rathaus an der Trostbrücke dem Großen Brand von 1842 zum Opfer gefallen war, wurde als Standort des neuen Rathauses ein Platz an der kleinen Alster, auf der Rückseite der neuen Börse ausgewählt, die als einziges Gebäude in diesem Gebiet über den Brand gerettet wurde. Die Realisierung des Baus dauerte allerdings 43 Jahre von den ersten abgelehnten Wettbewerbsentwürfen 1854 (43 Entwürfe) und von 1876 (128 Entwürfe) über die endgültige Annahme 1884 bis zur Fertigstellung 1897.

Gebremst wurde das Vorhaben zunächst durch den vorrangingen Wiederaufbau der Stadt, auch die politischen Umbrüche der Revolution von 1848/49, der Wirtschaftskrise von 1857, die Auseinandersetzungen der Großmächte bis zur Reichsgründung 1870/71, ein Bauarbeiter-Streik 1889 und die Choleraepidemie von 1892, vor allem aber die Tatsache, dass viele Stimmen sich über die Gestaltung und den Bauplatz einbrachten, ohne eine Entscheidung zu treffen, führten zu großen Verzögerungen. Eine Vielzahl bekannter Architekten war mit Entwürfen vertreten (z. B. Gottfried Semper, William Lindley, Alexis de Chateauneuf, George Gilbert Scott - Sieger 1854, Ludwig Bohnstedt, Mylius & Bluntschli - Sieger 1876, Jürgensen und Jensen[1] und Otto Wagner). Die Planung erfolgte schließlich durch eine Hamburger Architektengruppe, dem Rathausbaumeisterbund, unter der Leitung von Martin Haller mit seinem Sozius Leopold Lamprecht und den Architekten Bernhard Hanssen, Wilhelm Meerwein, Johannes Grotjan, Wilhelm Hauers, Hugo Stammann, Gustav Zinnow, die ohne Auftrag 1880 den später realisierten Entwurf erstellten und von 1886 an durchführten.

Architektur

Das Hamburger Rathaus ist eines der wenigen vollständig erhaltenen Beispiele des Historismus in Deutschland. Der dreiflügelige Granit- und Sandsteinbau besitzt eine 111 Meter breite Fassade mit einem 112 Meter hohen Mittelturm. Das Dach ist kupfergedeckt. Die hervorragende Kombination von italienischen und norddeutschen Renaissance-Elementen an der Fassade erzeugt eine harmonische Gesamtwirkung. Auf der Rathausmarktseite stehen zwischen den Fensternischen zwanzig Könige und Kaiser des alten deutschen Reiches, von Karl dem Großen bis Franz II. Über den Monarchen thronen am Mittelturm die Darstellungen der bürgerlichen Tugenden; Weisheit, Eintracht, Tapferkeit und Frömmigkeit. Es ist kein Zufall, dass die bürgerlichen Tugenden über den Kaisern angeordnet sind. Ihre Stellung versinnbildlicht die Freiheit der Stadt Hamburg gegenüber der Krone, da Hamburg keine Kaiserstadt, sondern eine Hansestadt war. Über dem Haupteingang befindet sich zudem ein Mosaik, das die hamburgische Nationalallegorie Hammonia darstellt. Das Fundament des Rathauses ist aufgrund der Bodenbeschaffenheit auf mehr als 4000 Eichenpfählen gegründet.

Innenhof

Zusammen mit der 1841 erbauten Börse hat das Rathaus einen prächtigen Innenhof, der vom Alten Wall und der Großen-Johannis-Straße aus zugänglich ist. Der Innenhof mit seinen reichdekorierten Fassaden im Stil der italienischen und norddeutschen Renaissance und dem zentralen Hygieia-Brunnen, ist architektonisch gesehen einer der wohl anspruchsvollsten und gelungensten Plätze der Stadt. In etwa zwölf Metern Höhe wird der Hof von sechs Nischenfiguren gesäumt. Die Figuren stellen Bischöfe dar, welche für die Geschichte der Stadt Hamburg von Bedeutung waren. Das Standbild des Bischofs Adalbert stammt von Bildhauer Wilhelm Wandschneider.

Hygieia-Brunnen

Der Hygieia-Brunnen

Im Innenhof des Rathauses befindet sich der Hygieia-Brunnen. Die weibliche Bronzefigur, die Hygieia, eine Allegorie für Gesundheit, tritt auf einen Drachen, der symbolisch für die Choleraepidemie von 1892 steht. Auch praktisch steht dieser Brunnen für Hygiene, da sich in seinem Sockel die Auslässe des Belüftungssystems des Rathauses befinden. Ursprünglich war auf dem Platz eine Figur des Handelsgottes Merkur geplant. Nach der großen Choleraepidemie mit Tausenden von Toten entschied man sich aus Imagegründen jedoch für die Göttin der Reinheit. Die die Hygieia umgebenden Figuren stellen den Nutzen und die Verwendung des Wassers dar.

Diele

Durch den Haupteingang erreicht man zunächst die Diele, eine große Säulenhalle. Zu ebener Erde angelegt, spiegelt sie das Regiment der Bürger architektonisch wider – im Gegensatz zu anderen Herrschaftshäusern soll der Bürger hier nicht zu den Machthabern hinaufsteigen müssen. Auf den Säulen der Diele befinden sich medaillonförmige Reliefs bürgerlicher Persönlichkeiten, die im Kontrast zu den Kaisern der Außenfassade die bürgerlichen Werte repräsentieren. Ausgewählt wurden Juristen, Theologen, Philologen, Historiker, Naturforscher, Kaufleute, Bankiers, Dichter, Maler, Architekten und „Wohltäter“. Ausschließlich aus der letzten Kategorie setzen sich die Bürgerinnen zusammen, die auf der so genannten Frauensäule abgebildet sind.

Von der Diele führen zwei große Treppenhäuser jeweils zum Senats- (rechts) bzw. Bürgerschaftsflügel (links). Die Diele ist öffentlich zugänglich. Hier beginnen auch die regelmäßig stattfindenden Führungen (auch fremdsprachliche) durch die repräsentativen Räume von Parlament und Senat, soweit dort stattfindende Veranstaltungen dies zulassen. Nach Anmeldung ist die Teilnahme als Zuschauer an Bürgerschaftssitzungen möglich.

Am Aufgang zur Bürgerschaft, auf halber Treppe zum Plenarsaal, wurde 1981 eine Gedenktafel zur Erinnerung an die während der NS-Zeit ermordeten 25 Bürgerschaftsabgeordneten angebracht. Es waren 17 Abgeordnete der Kommunistischen Partei (KPD), fünf Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei (SPD) und drei aus bürgerlichdemokratischen Parteien, die durch Maßnahmen von SA- und SS-Einheiten, in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern oder im Exil während der stalinistischen Säuberungen ihr Leben ließen. [2]

Innenräume

Insgesamt 647 Räume befinden sich im Rathaus. Neben Räumen für die Arbeit der Bürgerschaftsfraktionen und des Senates, der Haustechnik, Archiven und Bibliothek sind insbesondere die repräsentativen Säle des ersten Obergeschosses sehenswert. Sie sind ebenso wie die Aussenfassade im Stil der Zeit mit allegorischen Darstellungen versehen und als Ausdruck des Bürgerstolzes der Stadtrepublik reich ausgestattet. Den großen Festsaal, in dem alljährlich die Matthiae-Mahlzeit, das älteste Festmahl der Welt stattfindet, schmücken Bilder des Künstlers Hugo Vogel, die erst 1909 vollendet wurden. Der Phönix-Saal erinnert an den Hamburger Brand. Im Saal der Republiken/Turmsaal findet der öffentliche Neujahrsempfang des Ersten Bürgermeisters statt. Der Kaisersaal (bereits 1895 zur Einweihung des Nord-Ostsee-Kanals provisorisch fertiggestellt) ist Handel und Seefahrt gewidmet. Vielleicht nicht das prunkvollste, aber sicher eines der denkwürdigsten Zimmer bildet Raum Nr. 219, genannt das Waisenzimmer. Hier schmücken von 80 Knaben des Hamburger Waisenhauses (gegen Bezahlung) hergestellte Kerbholzschnitzereien Wände und Türen. Zudem wurde die Ausstattung der Räume durch zahlreiche Schenkungen von Hamburger Bürgern ergänzt.


Literatur

  • Hermann Hipp: Freie und Hansestadt Hamburg: Geschichte, Kultur und Stadtbaukunst an Elbe und Alster. DuMont, Köln 1989, ISBN 3-7701-1590-2
  • Rita Bake, Birgit Kiupel (Hrsg.): Auf den zweiten Blick. Streifzüge durch das Hamburger Rathaus. Ergebnisse-Verl., Hamburg 1997, ISBN 3-87916-040-6
  • Helga Kutz-Bauer: `´Rathaus, Handwerk und Arbeiterschaft,`` Hamburg 1997, Dölling und Galitz Verlag, ISBN 3-930-80257-0

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Hamburger Rathaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Einzelnachweise

  1. Architekturmuseum der TU Berlin mit 6 Blättern
  2. Wegweiser zu Stätten der Erinnerung an die Jahre 1933 bis 1945 aktualisierte zweite Auflage 2008, abgerufen am 15. Oktober 2010

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