Hallstattkultur

Hallstattkultur
Mitteleuropäische
Eisenzeit
Völkerwanderungszeit
nach Eggers
D 375–568 n. Chr.
Römische Kaiserzeit
nach Eggers
C3 300–375 n. Chr.
C2 200–300 n. Chr.
C1 150–200 n. Chr.
B2 50–150 n. Chr.
B1 0–50 n. Chr.
Latènezeit
D 100 v. – 0 n. Chr.
C 300–100 v. Chr.
A + B 480–300 v. Chr.
Hallstattzeit
Ha D1 - D3 650–475 v. Chr.
Ha C 800–650 v. Chr.

Die Hallstattzeit bezeichnet einen Zeitabschnitt der älteren Eisenzeit. Sie wird nach den Funden in einem ausgedehnten Gräberfeld oberhalb des Ortes Hallstatt im Salzkammergut (Österreich) benannt.

Inhaltsverzeichnis

Chronologie

Nach dem Schema von Paul Reinecke werden die ausgehende Bronzezeit und die frühe Eisenzeit in vier Perioden eingeteilt, Hallstatt A-D. Davon gehören HaA (1200–1000 v. Chr) und HaB (1000–800) zur bronzezeitlichen Urnenfelderkultur, HaC (800–650) und HaD (650–475 v. Chr) zu der eisenzeitlichen Hallstattkultur. An die Hallstattzeit schloss sich die La-Tène-Zeit an, die in die Perioden A-D unterteilt wird.

Leittypen:
  • HaC: Schwert Typ Mindelheim, Brillenfibeln, Harfenfibeln und Bogenfibeln, Lanze, Schild mit Schildbuckeln, Wagen
  • HaD: Dolch, verschiedene Fibeln

Da die Fibelmode sich rasch änderte, wurde HaD in 3 Stufen unterteilt (D1-D3). In HaD1 sind Kahnfibeln und Schlangenfibeln vorherrschend, in HaD2 die Paukenfibel sowie die Doppelpaukenfibel, die Fußzierfibel in HaD3. Der Übergang zu Latene-Zeit macht sich am Ende von HaD3 mit dem Auftreten von Tierfibeln, Certosafibeln, Mazzabottofibeln und Omegafibeln bemerkbar.

Der namensgebende Fundort

Gräberfeld der Hallstattzeit

Die Hallstattkultur steht üblicherweise für die Periode der älteren Eisenzeit. Am Salzberg bei Hallstatt wurde 1846 von Johann Georg Ramsauer ein ausgedehntes Gräberfeld entdeckt und teilweise ausgegraben. Dabei ließ er die Ausstattung jedes einzelnen Grabes durch vorzügliche Zeichnungen dokumentieren, eine Seltenheit in der Frühzeit der Archäologie. Das Gräberfeld liegt in einem Hochtal über dem Hallstätter See. In dem Gebiet findet man Siedlungsspuren, die bis ins Neolithikum zurück reichen. Die Hauptphase der Besiedlung reicht aber von HaC bis LtA. Danach scheint Hallein die führende Position im Salzbergbau eingenommen zu haben. Das Gräberfeld umfasst über 1000 Gräber. 55% davon sind Körpergräber, 46% Brandgräber. Bei 26% der Gräber handelt es sich um Waffengräber, die meistens am äußeren Rand des Gräberfeldes angelegt wurden, während sich die waffenlosen Gräber in der Mitte befinden. In Frauengräbern fand man Fibeln, Gürtel und Schmuck, in Männergräbern Nadeln und Waffen.

Verbreitung und kulturelle Zuordnung

Ausdehnung der Hallstattkultur

Fundstätten existieren von Nordostfrankreich bis zum Nordwesten der Balkanhalbinsel. G. Kossak teilte diesen Bereich 1959 in einen westlichen- und östlichen Kreis. Der Westhallstattkreis umfasst NO-Frankreich, Süddeutschland, das Mittelrheingebiet, Böhmen und Oberösterreich; zum Osthallstattkreis zählen Mähren, Niederösterreich, das westliche Ungarn, Slowenien und das nördliche Kroatien. Diese Zuordnung erfolgte nicht auf Grund verschiedener Sprachen oder Dialekte, da diese nicht überliefert sind, sondern basiert auf den Ausformungen der materiellen Kultur und den Bestattungsbräuchen.[1] Wurden im Westen wichtige Persönlichkeiten mit Schwert (HaC) oder Dolch (HaD) bestattet, gab man ihnen im Osten eine Streitaxt mit ins Grab. Im Westen gibt es reiche Wagengräber, während der Krieger im Osten mit seiner kompletten Bewaffnung, inklusive Helm, Brustpanzer, etc, beerdigt wurde. Da keine Schriftzeugnisse überliefert sind, ist unbekannt, welche Sprache die Hersteller der charakteristischen materiellen Kultur sprachen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Kulturen in der Region des Caput Adriae mit den Illyrern gleichgestellt, inzwischen ordnet man die Westhallstattkultur gerne den Kelten zu. Ob eine Gleichsetzung von materieller Kultur, Sprache oder gar biologischer Abstammung möglich ist, gilt inzwischen jedoch als fraglich.

Sozialstruktur

In dieser Zeit lässt sich eine deutliche Hierarchisierung der Gesellschaft feststellen, die sich besonders in reich ausgestatteten Bestattungen unter Grabhügeln, wie etwa dem Grab von Hochdorf an der Enz (Baden-Württemberg) teilweise mit der Beigabe von Wagen und Pferdegeschirr (Wagengrab) niederschlug. Das größte mitteleuropäische Hügelgrab dieser Zeit ist der Magdalenenberg in Villingen. Im 8. Jahrhundert v. Chr. begann sich das Eisen auch in Mitteleuropa zu etablieren. Dies hatte zur Folge, dass das alte Fernhandelssystem, welches den Handel mit Kupfer und Zinn kontrollierte, zusammenbrach. Es bildeten sich neue Verkehrswege mit neuen Handelsstationen. Durch den Handel mit dem begehrten Eisen entstand eine neue Oberschicht, die ihren erwirtschafteten Reichtum in mediterrane Importe und „Fürstensitze“ (v.a. in Baden-Württemberg, der Schweiz und Ostfrankreich) investierte. Statt der in der Bronzezeit üblichen Großsiedlungen entstanden vor allem in Bayern nun Einzelhöfe. Diese Herrenhöfe signalisierten einen neuen Anspruch auf Eigentum und das Bedürfnis nach Abgrenzung und Repräsentation. Diese neue Form von Selbstdarstellung führte auch zu einer Veränderung des Verhältnisses der Menschen zu Leben und Tod. Der Bestattungsritus änderte sich von den einheitlichen Urnenbestattungen der späten Bronzezeit zu teils pompösen Gräbern. Auch hier machte sich mit prunkvoll ausgestatteten Großgrabhügeln ein Repräsentationsbedürfnis bemerkbar. Diese Hügel dienten dann einer, selten mehreren Generationen als Grabstätte.

Über die Einordnung der Siedlungsorte der Oberschicht als „Fürstensitz“, gegliedert in Burg und Unterstadt, besteht eine wissenschaftliche Debatte. Wolfgang Kimmig (1910–2001), Prähistoriker der Universität Tübingen prägte den Begriff insbesondere für die Heuneburg am Oberlauf der Donau, sein Kollege Manfred Eggert (* 1941) ebenfalls an der Uni Tübingen lehnt den Begriff nach neueren Forschungen an der Außensiedlung der Heuneburg, am Ipf und in Hochdorf an der Enz ab und entwickelt ein differenzierteres Bild der keltischen Zentralorte. Seit 2004 wird die Siedlungsstruktur der Hallstattzeit im Forschungsprogramm „Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft untersucht.

Die ursprüngliche Definition Kimmigs hatte drei Kriterien um einen Ort als „Fürstensitz“ zu klassifizieren:

  • Die innere Struktur der Siedlung: Es müssen eine Burg und eine Unterstadt vorhanden sein
  • Die Funde: Es muss Importware (z. B. Weinamphoren aus Massilia, attische schwarzfigurige Keramik...) vor Ort gefunden worden sein
  • Grabhügel: In der nächsten Umgebung muss sich mindestens ein 'fürstlicher' Grabhügel befinden

Da dieses System ziemlich flexibel ist, stand man bald vor einer Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten. Manchmal reichten schon Funde einiger Scherben von Importkeramik, um einen Fundort als „Fürstensitz“ zu bezeichnen.

Beispiel: In Bragny sur Saône fand man attische Keramik, es handelt sich aber um eine Flachlandsiedlung und keine befestigte Höhensiedlung. Der Ausgräber Guillot interpretierte daraufhin die Siedlung als Handelsplatz, während Spindler darin einen „Fürstensitz“ sah.

Eggert sieht das Problem darin, dass man dem Fürstensitzkonzept einen bestimmten Siedlungstypus unterstellt. Waren die „Fürsten“ der Hallstattzeit aber auf einen bestimmten Typus festgelegt?

Handelsbeziehungen

Funde von griechischer Keramik, etruskischen Bronzegefäßen in reichen Gräbern und in befestigten Siedlungen auch massaliotische Weinamphoren beweisen Kontakte mit dem Mittelmeerraum, vermutlich über Massillia und den Rhônelauf. Eisen wurde in der Hallstattzeit noch spärlich verwendet und setzte sich erst in der La-Tène-Zeit durch. Funde spezieller Pferdetrensen und von Dolchen mit durchbrochenem Griff belegen für Hallstatt C1 Kontakte mit der Steppenzone (Thrako-Kimmerischer Horizont) (siehe Thraker, Kimmerer).

Literatur

  1. N. Müller-Scheeßel: Die Hallstattkultur und ihre räumliche Differenzierung. Der West- und Osthallstattkreis aus forschungsgeschichtlicher Sicht. 2000

Allgemeine Übersichten:

  • S. Rieckhoff: Die Kelten in Deutschland. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2001
  • K. Spindler: Die frühen Kelten. 1996
  • B. Cunliffe: The ancient Celts. 1997

Forschung:

  • K. Kromer: Das Gräberfeld von Hallstatt. 1959
  • N. Müller-Scheeßel: Die Hallstattkultur und ihre räumliche Differenzierung. Der West- und Osthallstattkreis aus forschungsgeschichtlicher Sicht. 2000
  • L. Pauli: Die westliche Späthallstattkultur - Aufstieg und Niedergang einer Randkultur der antiken Welt. Bayer. Vorgeschichtsblätter, 60, 1995

Sozialstruktur:

  • Stefan Burmeister Geschlecht: Alter und Herrschaft in der Späthallstattzeit Württembergs. Waxmann, Munster 2000, Tübinger Schriften zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie Bd. 4

Chronologie

  • H. Parzinger: Chronologie der Späthallstatt- und Frühlatènezeit. Studien zu Fundgruppen zwischen Mosel und Save, 1988

Weblinks


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