Haintchen

Haintchen
Haintchen
Koordinaten: 50° 22′ N, 8° 19′ O50.368.3169444444445370Koordinaten: 50° 21′ 36″ N, 8° 19′ 1″ O
Höhe: 370 m ü. NN
Fläche: 12,02 km²
Einwohner: 968 (15. Okt. 2008)
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 65618
Vorwahl: 06475
Taunuslandschaft bei Haintchen (Östlicher Hintertaunus)

Haintchen ist ein Ortsteil der Gemeinde Selters (Taunus) im Landkreis Limburg-Weilburg in Hessen.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Ansicht Haintchen

Haintchen liegt im östlichen Hintertaunus, an der Wasserscheide zwischen dem Emsbachtal und dem Weiltal, nordwestlich des Großen Feldberg, im Naturpark Hochtaunus.
Das Dorf erstreckt sich in einer nach Nordwesten öffnenden Talmulde des Eisenbachs, zwischen den Erhebungen des Koberg (südlich) mit 461 Metern über NN und dem Blumenstück (südöstlich) mit 445 Meter über NN. Weitere Erhebungen sind der Hebenberg (südwestlich) mit 440 Meter über NN, der Liewersberg (südlich) mit 475 Meter über NN und die höchste Erhebung der Suterkopf (südwestlich), mit 492 Metern über NN. Die Höhenlage der Gemarkung liegt im mittleren Bachtalverlauf des Eisenbachs, auf 300 Meter über NN und erreicht in den umliegenden Erhebungen bis 500 Metern über NN.
Die Waldfläche beträgt 7,43 Quadratkilometer, von der Gesamtgemarkungsfläche von 12,02 Quadratkilometern.

Von den höher gelegenen Stellen des Dorfes besteht bei klarer Wetterlage eine weite Fernsicht nach Westen über den Goldenen Grund zu den Ausläufern des Westlichen Hintertaunus. Nach Nordwesten über das Limburger Becken bis in den Westerwald. Nach Norden über die Ausläufer des Östlichen Hintertaunus und Weilburger Lahntalgebiet zum Westerwald und nach Nordosten in Richtung des Gladenbacher Berglands mit dem Basaltkegel des Dünsberges. Dieser Fernblick erstreckt sich an kalten, klaren Wintertagen, wenn eine Inversionswetterlage besteht, teilweise bis 40 Kilometer Entfernung.

Nächste größere Städte in der Umgebung sind Bad Camberg (12 Kilometer südwestlich), Limburg a. d. Lahn (21 Kilometer nordwestlich) und Usingen (22 Kilometer östlich).

Ortsansicht mit Pfarrkirche St. Nikolaus

Die Gemarkung grenzt im Westen an Eisenbach und Münster. Im Norden und Nordosten schließen die Weilmünsterer Ortsteile Wolfenhausen, Laubuseschbach und Langenbach an. Im Osten und Südosten schließt sich der Hochtaunuskreis mit den Weilroder Ortsteilen Emmershausen und Hasselbach an.

Geschichte

Ersterwähnung

Die erste urkundliche Erwähnung ist aus dem Jahre 1388 belegt. In der Erwähnung vom 25. Juli 1388 in einem von der Äbtissin Sophie von Lindau angelegten Fortsetzung des Zinsbuches des Zisterzienserinnenklosters Gnadenthal heißt es: "Item gebin wir alle jar der kyerchin zu dem Hayne 1/2 punt waisis un(d) 6 junge h. zu oistirn auch von Husin, unsim hoibe.-" ( Somit geben wir alle Jahre der Kirche zu Haintchen ein halbes Pfund Wachs und sechs junge Heller zu Ostern auch von Hausen, unserem Hof).

Bereits 1388 bestand im Ort ein Vorgängerbau der heutigen Kirche, wegen der Lage an der alten Hessenstraße vermutlich ebenfalls dem Heiligen Nikolaus als Schutzpatron der Reisenden geweiht. Dazu kam ein umfangreicher Pfarrhof mit dem alten Pfarrhaus und der Scheune.

Landes- und Lehnsherren waren Diez, später Nassau und Kurtrier, der Amtssitz war das nahe Camberg. Der Ort ist vermutlich bereits im 11. oder 12. Jahrhundert als Rodungssiedlung entstanden. Der Name Haintchen lässt sich von dem alten Wort "Hain", gerodeter oder lichter und gehegter Wald, ableiten. Auch die Lage an der alten West-/Ost-Fernstraße, die man erst in neuerer Zeit Hessenstraße nannte, spricht dafür, dass das Dorf schon einige Jahrhunderte bestand, als es mit seiner Kirche zum ersten Mal im Gnadenthaler Zinsbuch von 1388 genannt wurde. Ein bedeutendes Gut nahe dem Dorf war der "Hof zu Hausen", der ebenfalls in dem Dokument aus dem Jahr 1388 erwähnt wird und noch heute besteht, allerdings inzwischen in der Gemarkung des Nachbarorts Eisenbach.

Frühe Schreibweisen: Hayne, Haynchen, Hayngen, Haingen, Haintgen.

Gang durch die Jahrhunderte

Die geschützte Tallage und die günstige Lage auf halber Höhe des Geländes ansteigen, mit einer weiten Fernsicht in das Umland, waren vermutlich ausschlaggebend für eine damalige Ortsgründung. Auch die Handelsstraße der alten Hessenstraße, die durch das Dorf führt und die unmittelbar an Haintchen vorbeiführende Rennstraße, waren für das Dorf in jener Zeit wichtige Transport- und Umschlagwege.

Spätmittelalter

In dieser Zeit war das Gericht Haintchen wohl schon dem Amt Camberg zugeordnet, dessen Anfänge als Verwaltungsbezirk um Burg und Stadt Camberg in jener Zeit zurückreichen. Seitdem blieb Haintchen unter den Erben und Pfandherren dieses Teil der Grafschaft Diez und Camberg verbunden. Die Herren von Eppstein erhielten 1428 ein weiteres Viertel, das jedoch schon 1453 durch Kauf an die Grafen von Katzenelnbogen und 1479 als Erbe an die Landgrafen von Hessen kam. Zeitweise hatte Nassau-Dillenburg ein weiteres Achtel 1454 bis 1481 an Katzenelenbogen und später an Hessen verpfändet.

Frühe Neuzeit

1508 kam Eppsteiner Hälfte an die Grafen von Königstein-Eppstein. Als diese 1535 ausstarben, nahm Kurtier als Lehnsherr diese Hälfte gewaltsam in Besitz. Er war ein hoher Preis für die Familien der Erben, die gutgläubig der Übertragung der Lehnshoheit vom Reich an Kurtier zugestimmt hatten. Im Frankfurter Vertrag, der den Streit um das Katzenelnbogener Erbe beendet, gab Hessen 1557 sein Viertel an Nassau-Dillenburg. Seitdem waren Kurtrier und Nassau-Dillenburg je zur Hälfte Herren dieser Gemeinschaft des Amts Camberg. Mehr als 200 Jahre änderten sich die Eigentumsverhältnisse für Haintchen nicht.

An der nassauischen Hälfte war 1607 bis 1628 Nassau-Hadamar zur Hälfte neben Nassau-Diez beteiligt. Danach war diese Hälfte der Gemeinschaft ein Teil der Grafschaft, seit 1655 des Fürstentums Nassau-Diez.

Vor dem 30-jährigen Kriege waren in Haintchen 40 Haushaltungen, also ungefähr 240 Einwohner. Die alten, verbürgten Nachrichten aus dem Wiesbadener Archiv lassen erkennen, wie furchtbar dieser Krieg gehaust hat. Im Jahre 1620 kam das spanisch-wallonische Heer unter Graf Spinola durch Haintchen und verbreitete Angst und Schrecken. 1622 wurden in Camberg 34 Mann aus Haintchen gemustert und auch eingezogen. Auch Marschall Tilly lagerte in dieser Gegend. Es ist bekannt, welche Unmengen an Geld, Lebensmittel und Futter für die Pferde abgegeben werden mussten. 1626 kam Wallenstein in diese Gegend und brachte als Geschenk des Krieges die Pest mit. Missernten und Krankheiten ließen die Bevölkerung nicht zur Ruhe kommen, und als endlich 1648 der Friede geschlossen wurde, lebten noch 16 Einwohner in Haintchen.

Die Dörfer Frohndorf, Wilhelmshain, Bruchhausen und Obernhain lagen in der Nähe des Ortes, überstanden aber den 30-jährigen Krieg nicht und waren vom Erdboden verschwunden. Jahrzehntelang musste der Pfarrer von Eisenbach auch Niederselters, Hasselbach und Haintchen pastorieren. „Er kam, die Kranken zu versehen und die Mühseligen zu trösten.“ Erst 1650 bekam Haintchen mit Hasselbach einen gemeinsamen Pfarrer.

Auf dem Kirchberg stand eine kleinere Kirche, 1706 erbaut, davor stand hier eine alte Kapelle mit der Burg von Hohenfeld. Von der Burghöhle oder auch Burghölle im Eisenbachtal soll es unterirdische Stollen und Verbindungen bis zur alten Kapelle auf dem Kirchberg gegeben haben. Für den Bestand der Burg, sprechen die Eintragungen im Stockbuch von Haintchen. In alten Kaufakten ist dort ein Grundstück als Hohenfeldches Grundstück verzeichnet. Die Wiesenflächen südlich des Kirchbergs sind als Hohenfeldche Wiesen bezeichnet. Auf einer Karte aus dem Jahr 1711, dem Dorfe nahegelegenen Walddistrikt: Laubus, ist dort eine Burg von Hohenfeld eingezeichnet. Die Familie des "Stadhalters des Nassauischen Landes", Freiherr von Hohenfeld war zu jener Zeit im Besitz des Gutshofs "Hof zu Hausen". Diese Adelsfamilie stammte aus Österreich und residierte im nahe gelegenen Camberg.

Krieger-Gedenksteine an der Kirche St. Nikolaus: für die Befreiungskriege 1813/15 (vorne) und für die beiden Weltkriege (hinten)

Haintchen gehörte seit 1743 zum Fürstentum Oranien-Nassau. Zeitweilige Verpfändungen der trierischen und nassauischen Hälften können hier unberücksichtigt bleiben. Ausgelöst von der französischen Revolution kam es auch hier zu einer großräumigen politischen Flurbereinigung.

Innerhalb des alten Amtes Camberg war Haintchen nach Camberg, Erbach und Würges der viertgrößte Ort. 1790 zählte es 312 Einwohner. In Haintchen lebten fünf herrschaftliche Freileute und 269 steuerpflichtige Untertanen und 38 Beisassen, Einwohner ohne volles Bürgerrecht und ohne eigenen Grundbesitz. Das alte Rathaus in Haintchen beherbergte nicht nur die Gemeindeverwaltung, sondern auch die Gemeindebäckerei.

Die zwei gleichberechtigten Landesherren Kurtier und Nassau-Dillenburg waren Ende des 18. Jahrhunderts der Kurfürst und Erzbischof von Trier sowie der Fürst des Hauses Nassau-Oranien. In der Französischen Revolution, am 9. November 1792 rückten die von Königstein und Usingen kommenden französischen Truppen im Amt Camberg ein und besetzten auch kurzzeitig Haintchen, dessen nassau-oranischer Schultheiß und der Gemeinderat insgesamt 517 Gulden an Verpflegungs- und Einquartierungskosten zahlen mussten. (Durch die Plünderungen verarmten die Ämter). Erst 1831 konnte der Schultheiß dem Gemeinderat mitteilen, Haintchen sei schuldenfrei.

In der Zeit des 18. Jahrhunderts erlebte das Dorf einen gewaltigen Aufschwung. Es herrschte ein außerordentlich starker Fuhrverkehr auf der durch das Dorf führenden Hessenstraße. Hier gab es eine Pferdewechselstationen im alten Gasthaus "Zum Hirsch" zum Einkehren für die Fuhrleute und Reisenden. In das ganze Hessenland fuhren die mit Krügen des kohlesauren Selterswassers beladenen Pferdewagen. Die Abfuhr der Eisen- und Silbererze aus dem bei Haintchen gelegenen Gruben machten die alte Hessenstraße zu einem wichtigen Transportweg. Haintchen lag in dessen Mittelpunkt und hatte wohl in dieser Blütezeit eine beachtliche Einwohnerzahl.

In dieser Zeit des Aufschwungs wurde auch eine neue katholische Kirche im Barockstil erbaut und im Jahre 1750 vom Trierer Kurfürsten eingeweiht. Mit ihrem himmelanstrebenden Turm, stellt die Kirche aus allen Blickrichtungen des Dorfes den herausragenden Mittelpunkt dar.

Christkönigskapelle auf der Kerbes (in der Hessenstraße), neu aufgebaut im Jahr 1963, Ersterwähnung im Jahr 1821

19. Jahrhundert

Am 31. Mai 1802 wurde der berühmte Räuber Johannes Bückler, auch Schinderhannes genannt, an der Grenze zwischen Haintchen und Wolfenhausen festgenommen. Die Festnahme war in der damals genannten Gemarkung: Almenseifen, heute heißt diese Hinterm Ziegengraben. Dort war die alte Grenze des ehemaligen Gemeinschaftlichen Amtes Camberg zu der Hoheit von Wied-Runkel.

Vor 1806 zerfiel der Ort in zwei Teile: Das Oberdorf und das Unterdorf. Haintchen gehörte früher politisch zum Kurfürstentum Trier, zum Teil zu Nassau-Oranien. Im Jahre 1816 kam das Dorf zum Amt Usingen

Anfang Juli 1843 wurde der Grundstein für den Schulneubau gelegt. Ein Jahr später, Ende Oktober, wurde das Schulhaus öffentlich und feierlich eingeweiht.

Im Spätsommer des Jahres 1857 konnte eine weitere bedeutende Baumaßnahme begonnen werden: der Bau einer Brunnenleitung. Im März des darauffolgenden Jahres, floss dann erstmals Wasser von der gefassten Quelle in den Dorfbrunnen. Um den oberen Teil des Dorfes besser versorgen zu können wurde im gleichen Jahr im Walddistrikt Laubus Land erworben, um eine weitere Quelle zu erschließen.

Am Ende des deutsch-französischen Krieges 1870/71 kam ein Soldat, der an Ruhr - nach heutigen Erkenntnissen eine hoch ansteckende Magen-Darm Entzündung - erkrankt war, wieder zurück in die Heimat. Im Jahre 1872 gab es einen ganz trockenen Sommer und Herbst. Die ansteckende Krankheit verbreitete sich sehr schnell und es starben täglich Einwohner. Im September waren mehr als 50 Haintchener an der Ruhr erkrankt, 17 Infizierte starben. Auffallend war, dass gerade im oberen Teil des Dorfes die meisten Erkrankten gezählt wurden und dass die Mehrzahl der Betroffenen Frauen waren. Die Einwohner wussten sich keinen Rat mehr und sagten: Nur Gott allein kann helfen. Sie beschlossen ein Gelübde abzulegen, mit einer neuntägigen Andacht zum heiligen Sebastian und einer Prozession mit dem Allerheiligsten. Als erstmals am Sonntag nach Michael (29. September), die Prozession sich aufstellte und man aus der Kirche ging, wurde es auf einmal ganz dunkel. Während sich die Prozession durch die Gartenstraße bewegte, fing es an zu regnen. Als man ins Unterdorf kam, regnete es immer stärker; niemand öffnete den Schirm und kein Mann setze seinen Hut auf. Die Leute wurden nass bis auf die Haut. Der Pfarrer ging mit zwei Messdienern mit dem Allerheiligsten in jeden Hof, wo sich ein Ruhrkranker befand und erteilte nochmals den Segen. Als man zurück in die Kirche kam, segnete der Pfarrer alle Teilnehmer der Prozession. Es regnete den ganzen Tag weiter. Als am nächsten Morgen zu Tage geläutet wurde, öffneten alle die Fenster; doch es wurde kein Totenglocke mehr geläutet. Es erkrankte noch hier und da ein Einwohner aus Haintchen, aber gestorben ist keiner mehr. Nach drei Wochen, in denen sich vier Ärzte und der Pfarrer unermüdlich einsetzten, war die Krankheit endlich besiegt. Die Ärzte hatten auch als Gegenmittel Schnaps und Rotwein verordnet, was scheinbar auch geholfen hat.
Mit Erstaunen über die Wandlungsfähigkeit der Haintchener Bürgers, schrieb der damalige Lehrer Pehl folgendes: "Im allgemeinen hätte man denken können, das bedrückende, beängstigende Gefühl würde noch einigen Nachhall im Tun und Lassen der Bewohner gefunden haben; allein nach ca. 3 Wochen wurde das Kirchweihfest gefeiert, und siehe! - es verlief in jovialsten Weise."
Noch heute wird am Sonntag nach dem Fest des heiligen Michael das Gelübde in Haintchen in Form der "Ruhrprozession" gehalten.

20. Jahrhundert

Im Sommer 1906 wurde endlich von der Regierung in Wiesbaden die Genehmigung erteilt für den Bau einer "Hochdruckwasserleitung", nachdem man seit Jahren über einen Wassernotstand geklagt hatte. Die Quelle wurde in Richtung Obernhain des Quellgebietes des Eisenbaches angelegt. Am 1. Oktober 1908 wurde die Wasserleitung übergeben und das ganze Dorf war mit sehr gutem Wasser versehen.

Im Ersten Weltkrieg waren 20 gefallene und 4 vermisste Personen zu beklagen. Für die zwei kleinen 1917 requirierten Glocken, beschaffte man 1926 zwei neue.

Im Jahr 1921 schaffte man die Voraussetzungen für die Zufuhr von elektrischem Strom. Ein Transformatorenhaus, "Lichthäuschen" genannt, wurde an der oberen Hessenstraße gebaut. Am Freitag vor Pfingsten 1922 war Haintchen erstmals mit Strom versorgt.

In den 1920er Jahren liefen die Planungen für ein Kriegerdenkmal. Dieses wurde dann im Jahr 1929 an der St. Nikolaus Pfarrkirche erbaut.

1932 wurde Haintchen aus dem Kreis Usingen ausgegliedert und kam mit Hasselbach zum Kreis Limburg.

Im März 1945 war das Kriegsende des Zweiten Weltkriegs für Haintchen nahe. Eine Gruppe von SS-Leuten war noch im Dorf mit der Absicht, Widerstand zu leisten. Am Mittwoch in der Karwoche fuhren bereits amerikanische Panzer durch Wolfenhausen. Am Gründonnerstag verminten die SS-Leute die Kreuzung und zogen dann in Richtung Hasselbach. In der Nacht brachten einige beherzigte Männer eine Warnsperre vor der verminten Kreuzung an. Vielleicht wurde Haintchen deshalb vor der Zerstörung bewahrt, denn am Karfreitag morgen, dem 30. März 1945, standen 12 schwere Panzer auf dem Feld der Wachhecke, die Kanonen auf das Dorf gerichtet. Die amerikanischen Soldaten räumten die Minen an der Kreuzung und für Haintchen war der Krieg beendet. Aus Dankbarkeit wurde später die Mariengrotte errichtet. Es waren 29 Gefallene und 11 Vermisste Personen zu beklagen.
Über das Osterwochenende lag ein starkes Truppenkontingent im Dorf. Dies deshalb, weil die SS-Gruppe an der Gemarkungsgrenze nach Hasselbach, 12 Amerikaner mit Maschinengewehren erschossen hatte.
Im Laufe des Jahres 1946, wurden über 200 Heimatvertriebene nach Haintchen zugewiesen, dadurch stieg die Einwohnerzahl in dem kleinen Dorf immens an. In den beiden Gasthaussälen, "Zum Hirsch" und "Zum Taunus" wurden die ankommenden Personen erst einmal in Massenquartieren untergebracht.
1950 konnte die zwei großen Glocken die 1942 requiriert worden waren, neu beschafft werden.

1961 wurde im Steinbruch östlich der Ortschaft ein 100 Meter tiefer Bohrbrunnen niedergebracht. Er ergab aber leider nicht den gewünschten Erfolg und somit musste im Jahre 1973 ein zweiter Brunnen am "Kölbenköpfel" im oberen Eisenbachtal gebaut werden.

Bis zum 30. Juni 1974 war Haintchen eine selbstständige Gemeinde. Seit dem 1. Juli 1974 gehört es politisch zu der Großgemeinde Selters (Taunus) zusammen mit den Ortsteilen Niederselters, Eisenbach und Münster im Landkreis Limburg-Weilburg.

1976 wurde mit einem großen dörflichen Ehrgeiz das neue Gebäude des Kindergartens erbaut und 1977 war die Inbetriebnahme und Eröffnung.

Im Jahre 1980 wurde Haintchen das Prädikat staatlich anerkannter Erholungsort verliehen und damit als Ausflugsziel dokumentiert. Die Erkennungszeichen stehen an den Ortseingängen, es sind aus Holz geschnitzte Schilder.

1988 feiert man Mitte Juni (über das Wochenende des 17. Juni), die erste urkundliche Erwähnung der 600-jährigen Geschichte von Haintchen.

Einwohnerentwicklung

Einwohnerzahlen im 17. und Anfang 18. Jahrhundert: [1]

  • in den Jahren 1610 etwa 240
  • 1648 (nach Ende des Dreißigjährigen Krieg) 16
  • 1659 etwa 75
  • 1665 etwa 85
  • 1700 etwa 160
Jahr Einwohnerzahl   Jahr Einwohnerzahl   Jahr Einwohnerzahl
1792 312   1818 460   1828 536
1838 584   1858 637   1868 649
1910 567   1945 532   1946 810
1956 655   1988 875   2006 982

Sehenswertes

Barockkirche St. Nikolaus

Pfarrkirche St. Nikolaus mit Sommerlinde

Die im Jahre 1750 erbaute katholische Barockkirche, die unter dem Patrozinium von St. Nikolaus gestellt wurde, zählt zu den wenigen Gotteshäusern im weiteren Umkreis, deren komplette alte Ausstattung des 18. Jahrhunderts sich erhalten hat. Es handelt sich um eine geostete Saalkirche mit einem schmäleren dreiseitig geschlossenem Chor. Der Innenraum besitzt ein muldenförmiges Holztonnengewölbe mit gemalten Medaillons. Die klassizistische nüchterne Raumfassung stammt, soweit vorhanden, aus der Zeit um 1810. Fast vollständig erhalten ist dagegen die aufwendige Ausstattung der Barockzeit, diese stammt aus der Hadamarer Schule.
Der Blick wird sofort vom Hochaltar angezogen. Er ist aus Holz geschnitzt. Über dem Tabernakel befindet sich ein Pelikan, der mit seinem Herzblut seine Jungen nährt, ein Sinnbild Christi. Eine Abendmahlszene und ein Bild vom Schutzpatron der Kirche, dem Heiligen Nikolaus, der Brot unter die Armen verteilt, schließen den Altar nach oben ab. Zu beiden Seiten des Altares stehen mit den Symbolen Schlüssel und Schwert die Apostelfürsten Peter und Paul, in Lebensgröße geschnitzt. Der Nebenaltar auf der Epistelseite stellt den hl. Sebastian und darüber den hl. Wendelin, auf der Evangelienseite die hl. Dreifaltigkeit dar. Interessanterweise sind diese Figuren im Relief dargestellt, ebenso wie an der reichgeschnitzten Kanzel. Außer den Altarfiguren sind die Darstellungen vom hl. Petrus mit dem Hahn und der Büßerin Magdalena (früher hielt sie einen Menschenschädel in der Hand) auf den beiden Beichtstühlen zu beachten. Der Taufstein aus Schupbacher Marmor von 1671, ein Madonnenbild und ein Taufaltärchen von 1680 sowie zwei Weihwasserbecken von 1709 und ein Opferstock von 1713 stammen noch aus der mittelalterlichen Vorgängerkirche, die den Dreißigjährigen Krieg überstanden hatte.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Chorraumes, befinden sich die zweistöckigen Westemporen. Die beiden Emporen und die Orgel selbst sind mit vielen Figuren und mit Brüstungsmalereien aus Ölgemälden ausgeschmückt. Eine Seltenheit ist auch die wertvolle, im Jahre 1754 erbaute, barocke Orgel von dem Frankfurter Orgelbauer Johann Christian Köhler. Es gibt in Deutschland nur noch wenige dieser wertvollen, wohlklingenden Orgeln.
Am 14. Juli 1781 fand die Weihe der drei Altäre der Barockkirche durch Johann Maria Cuchot d'Herbain, Bischof von Ascalon und Hilfsbischof von Trier statt.
Der hohe Westturm, der von einer barocken Haube bekrönt ist, wirkt weit in die Talebene hinein. Die prächtige, seit 1934 vom damaligen Landrat des Kreises Limburg durch Naturschutz geschützte Sommerlinde, trägt dazu bei den Anblick zu vervollständigen.

Klassizistisches Schulgebäude aus dem Jahr 1843

Grundschule

Aus dem Jahr 1664 stammt die erste Erwähnung einer Schule in Haintchen, diese muss sich neben der Kirche befunden haben. Das im Jahre 1843 erbaute Schulgebäude im spätklassizistischen Baustil von stattlicher, durch die hohe Lage noch betonter Größe, ist eine weitere Sehenswürdigkeit des Dorfes und dient als Grundschule. Die Schule besitzt einen doppelten Eingang mit Windfängen und einer gemeinsamen Vortreppe. Auffallend sind die gegliederten Kassettentüren. In charakteristischer Form zeigt sich das Satteldach mit dem knappem Kranz- und Giebelgesims. Symmetrisch zugeordnet befindet sich im Hof der ehemalige Schulstall oder das Ökonomiegebäude, das vor einigen Jahren als neuer Klassenraum umgebaut wurde. Die Haintchener Grundschule ist eine der kleinsten Grundschulen des Landkreises Limburg-Weilburg.

Heiligenhäuschen und Bildstöcke

Hubertuskapelle, erbaut 1992

Erwähnenswert sind noch mehrere Heiligenhäuschen und Bildstöcke, die im Dorf und in der Gemarkung zu finden sind. Diese wurden größtenteils im 18. Jahrhundert erbaut. Heiligenhäuschen sind meistens an Wegen, an den Dorfrändern, errichtet an denen man in früherer Zeit weite Strecken per Fuß zurücklegte, um in die umliegenden Ortschaften zu gelangen. Dort betete man um einen sicheren Hin- und Rückweg.
Das jüngste Heiligenhäuschen ist dem heiligen St. Hubertus geweiht und wurde vom Schützenverein "Hubertus" Haintchen im Jahre 1992 errichtet. Dieses ist das einzige seiner Art im katholischen Bezirk Limburg. Neben dem Heiligenhäuschen wurde im November 2008 ein zwei Meter hohes Hubertuskreuz aus Eichenholz aufgestellt.
Es ist auffallend, wie viele Heiligenhäuschen und Bildstöcke im Vergleich zu anderen Ortschaften in Haintchen bestehen, die von bestimmten Familien über Generationen erhalten und bei verschiedenen Anlässen geschmückt werden.

Brunnen

Der althistorische Johannisbrunnen im Unterdorf, am Freien Platz gelegen, ist Johannes von Nepomuk geweiht und trägt dessen Bildnis mit der Umschrift auf der Relieftafel: "ST. JOHANNES NEPOMUCENUS - ICH HABE DEIN GEHEIMNIS BEY MIR BEHALTEN. - ANNO 1764". Der Brunnen steht unter Denkmalschutz. Man vermutet, dass der Johannisbrunnen eng mit den Anfängen der Siedlungsgeschichte von Haintchen in Verbindung steht. Der Brunnen führt heute kein Wasser mehr und wird als Zierbrunnen genutzt. Am Johannistag wird dort das Bornfest gefeiert.
Der Ecker-Born ist ein weiterer Brunnen im Unterdorf, am Camberger Weg, wurde 1978 wieder instand gesetzt und führt durch eine Quelle Wasser. Dort wird seit der Instandsetzung am letzten Wochenende der Sommerferien das Ecker-Bornfest gefeiert.
Zwischen Kirche und Schule gab es bis ungefähr 1845/50 noch einen ganz in Felsen eingehauenen Brunnen, die damals einzige Wasserversorgung für das Oberdorf.

Altstraßen und alte Fußwege

Die alte Hessenstraße war für das Dorf in jener Zeit ein wichtiger Transportweg. Die Landstraße L3449 von Niederselters kommend, hat den gleichen Verlauf wie die alte Hessenstraße.

Die Rennstraße, die vom südöstlich gelegenen Hasselbach kommend, in unmittelbarer Nähe an Haintchen vorbei verläuft, war einst eine der wichtigsten Handelsstraßen und Höhenwege, die das Rhein-Main-Gebiet mit dem Hintertaunus verband und bis nach Weilmünster führte. Der Verlauf dieser Altstraße ist wohl auf die fränkische Zeit zu datieren.

Fernblick aus Richtung Südosten

Öffentliche Einrichtungen

Seit dem Jahr 1932 sorgt die Freiwillige Feuerwehr Haintchen (ab 14. November 1973 mit Jugendfeuerwehr) für den Brandschutz und die allgemeine Hilfe in diesem Ort. Die kommunale Kindertagesstätte ist im Wolfenhäuser Weg.

Freizeit- und Sporteinrichtungen

Es bestehen Möglichkeiten zum Wandern, Jogging, und Walken. Auf dem Sportgelände befinden sich ein Fußballplatz und Tennisplätze. Das Freizeitgelände besteht aus einem Naturschwimmbad, Wassertretbecken, Grillhütte und Feuchtbiotope.

Vereine

Aussicht auf Haintchen

Literatur

  • 600 Jahre Haintchen, 1388 - 1988, Seltersdruck & Verlag, ISBN 3-923811-04-7
  • Flurnamen, Walddistrikte, Abteilungen in der Gemarkung Haintchen/Ts., 2002

Weblinks

 Commons: Haintchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Rudolf Wolf: 600 Jahre Haintchen - Familiengeschichte im 17. und 18. Jahrhundert

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