Güldengossa

Güldengossa
Güldengossa
Gemeinde Großpösna
Koordinaten: 51° 15′ N, 12° 27′ O51.25646388888912.444938888889Koordinaten: 51° 15′ 23″ N, 12° 26′ 42″ O
Einwohner: 389 (31. Dez. 2009)
Eingemeindung: 1. Okt. 1973
Eingemeindet nach: Störmthal
Güldengossa zwischen Tagebaurand und Autobahn

Güldengossa ist ein zur Gemeinde Großpösna im sächsischen Landkreis Leipzig gehöriges Dorf. Der südöstlich von Leipzig gelegene Ort hat 387 Einwohner (2007) und liegt am Nordufer des Störmthaler Sees, einem Restloch des ehemaligen Braunkohletagebaus Espenhain.

Über Jahrhunderte wurde Güldengossa durch sein Rittergut geprägt, dessen Besitzer im 18. Jahrhundert ein repräsentatives Schloss im Barockstil errichten ließen. Das Schloss dominiert den Ort bis heute. Das zweite markante Gebäude ist die ebenfalls barocke Dorfkirche.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Verkehr

Güldengossa ist der westlichste der Ortsteile von Großpösna. Die Ortslage erstreckt über gut einen Kilometer in ost-westlicher Richtung in einer leichten Senke am nördlichen Ufer des Störmthaler Sees. Knapp 2 km südöstlich liegt das Dorf Störmthal; am Nordrand Güldengossas verläuft die Autobahn A38, westlich grenzt die zu Markkleeberg gehörige Siedlung Auenhain an. Ein großer Teil der Güldengossaer Fluren ist dem Braunkohlenabbau zum Opfer gefallen und im mittlerweile gefluteten Tagebaurestloch verschwunden.

Güldengossa ist über die etwa 2 km entfernte Anschlussstelle Leipzig-Südost der A38 an den Fernverkehr angeschlossen. Busverbindungen bestehen nach Borna und Großpösna sowie seltener am Tag nach Liebertwolkwitz und Wachau.

Geschichte

Das Gut

Das Schloss um 1860
Das Schloss 2009

Ein erster Hinweis auf einen Herrensitz stammt aus dem Jahre 1285, in dem von einem "Theodoricus de Ghzouuve" die Rede ist [1]. Dann wird 1350 ein Ritter Heinrich von Cossowe erwähnt. Verbürgt ist erst die Belehnung der Gebrüder Erdmannsdorf im Jahre 1473. 1594 war Friedrich von Burkersroda Lehnsherr auf Güldengossa, danach seine Erben. 1719 soll August der Starke seinem Oberrittmeister und Kammerherrn Friedrich I. Vitzthum von Eckstädt Güldengossa angetragen haben, wobei auch erstmals die Bezeichnung "Gülden Gossa" auftauchte[2] (bisher nur Gossa, aber häufig auch später noch so). Dieser lehnte aber offenbar ab, denn schon 1720 war nach einem Kauf für 28.000 Gulden Johann Ernst Kregel von Sternbach Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf dem Rittergut. Er war ein reicher Leipziger Handels- und Ratsherr, was ihm ermöglichete, das Herrenhaus des Gutes als barockes Gebäude neu aufführen zu lassen, so dass von da an von einem Schloss gesprochen werden kann. Ebenfalls ließ er nach Osten hin einen repräsentativen Park anlegen. 1731 erbte sein gleichnamiger Sohn das Gut.

Der nächste Besitzer war ab 1761 der Leipziger Dr. jur. Carl Friedrich Brehme. 1785 erwarb es der Leipziger Kaufmann Johann Heinrich Küstner. Küstner war Mitglied des Gewandhausdirektoriums. 1807 verfasste er die „Allgemeine Feuerordnung für Dörfer und Rittergüter“ und führte sie auf seinem Gut und in der Gemeinde Güldengossa ein.[3] 1814 hieß der neue Besitzer von Güldengossa Amtsinspektor Victor August Schoch. Die Besitzerfamilie Welter (1880–1943) unternahm zum Ende des 19. Jahrhunderts wesentliche Veränderungen. Sie vergrößerte den Grundbesitz durch Aufkauf von Bauerngütern und verlegte den landwirtschaftlichen Betrieb des Gutes komplett auf die andere Seite der südlichen Begrenzungsstraße des Parks. Dadurch und durch einen neoklassizistischen Anbau mit Balkon über dem Eingang im Jahre 1900 erhielt das Schloss einen noch repräsentativeren Charakter.

Der restaurierte Gartensaal

Der zunächst letzte private Besitzer Theodor Volkmar-Frenzel, ein Neffe der Welterfamilie, wurde 1945 im Rahmen der Bodenreform enteignet, und die KPD-Unterbezirksleitung Leipzig erhielt das gesamte Gut zur Nutzung. Dann wurden der landwirtschaftliche Betrieb und das Schloss getrennt. Der Grundbesitz wurde an 27 Neubauern und 28 Kleinsiedler aufgeteilt und die Betriebsgebäude z.T. anderweitig genutzt. Das Schloss wurde 1950 FDGB-Erholungsheim und ab 1951 Gewerkschaftsschule der IG Druck und Papier. 1968 übernahm der VEB Kombinat Espenhain das Schloss und nutzte es bis 1990 als Lehrlingswohnheim. Der Park diente z.T. als Sportplatz des Heimes.

1993 erwarb die Gesellschaft für Arbeitsförderung, Beschäftigung und Weiterbildung mbH. Leipzig (ABW) das Schloss. Nachdem die ABW mit ihrem Betreiberkonzept gescheitert war, stand es ab 1997 nahezu leer und wurde nur sporadisch zu kulturellen Veranstaltungen genutzt.

2006 kaufte ein privater Investor aus Baden-Württemberg Schloss und Park, sanierte beides innerhalb von zwei Jahren vorbildlich und verlegte den Stammsitz seines Handelsbetriebes hierher. Im Park, der öffentlich zugänglich ist, wurde das historische Wegenetz wieder hergestellt. Das Schloss dient auch kulturellen Veranstaltungen und kann bei Führungen besichtigt werden.

Das Dorf

Die Kirche um 1840
Die Kirche 2009

Über die Anfänge des Dorfes ist praktisch nichts bekannt. Die Siedlungsform des Platzdorfs lässt keine Schlüsse zu, ob es sich um eine deutsche oder eine slawische Gründung handelt, weil sowohl die deutschen Ostsiedler als auch die alteingesessenen Slawen derartige Dörfer angelegt haben. Der Name tendiert aber eher zum Slawischen. Auf das Dorf Güldengossa wird schriftlich erstmals 1350 in einem Lehnsbrief verwiesen, in dem dem Ritter Heinrich von Cossowe Fronarbeit und Zins von den untertänigen Bauern des Ortes zugesichert werden. Im Weiteren war die Entwicklung des Dorfes natürlich immer mehr oder weniger mit der des Gutes verknüpft.

1539 wurde in Güldengossa wie im übrigen albertinischen Sachsen die Reformation eingeführt. Ein Jahr später wird die Güldengossaer Kirche als Pfarrkirche erwähnt. Die Eigenständigkeit der Kirchgemeinde ging 1580 verloren, und Güldengossa wurde für einige Jahrzehnte eine Filialkirche von Liebertwolkwitz. Erst zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges hatte der Ort wieder einen eigenen Pfarrer. 1636 wurde die Kirche ebenso wie Dorf und Rittergut von marodierenden schwedischen Truppen in Brand gesteckt, aber bald darauf wieder aufgebaut. Von dem vermutlich schlichten Bau aus dem 17. Jahrhundert ist nichts erhalten. 1721 ließ der Gutsherr Johann Ernst Kregel von Sternbach aus eigenen Mitteln die Kirche im Barockstil umbauen und nach Osten hin erweitern. Er stiftete auch Altar und Kanzel sowie zwei Glocken. Heute bildet Güldengossa mit Probstheida, Störmthal und Wachau eine gemeinsame Kirchgemeinde.

Russisch-Preußisches Denkmal, davor der Apelstein Nr.2

In den Kämpfen der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 lag Güldengossa innerhalb des südlichen Schlachtfeldes. Es wurde von beiden Kampfparteien mehrfach eingenommen und dabei nahezu völlig zerstört. An den Beginn der Kämpfe erinnert das Russisch-Preußische Denkmal nördlich von Güldengossa. Hier eröffneten Prinz Eugen von Württemberg, der die russischen Truppen befehligte, und Oberst Klüx mit den preußischen Truppen am 16. Oktober 1813 die Schlacht bei Wachau gegen Napoleon. Auf das für viele Soldaten traurige Ende der Schlacht weist ein Soldatengrab im Park des Schlosses, das als Lazarett diente, hin.

1815 waren Kirche, Pfarrhaus und Schule wieder aufgebaut. 1856 wurde die Patrimonialgerichtsbarkeit abgeschafft und Güldengossa gehörte zum Gerichtsamt Leipzig I. 1910 wurde das Pfarrhaus auf Kosten des Gutsherrn neu erbaut und das alte als Kinderbewahranstalt genutzt. 1921 wurde das bis dahin selbständige Rittergut nach Güldengossa eingemeindet.

Ende der 1940er Jahre wurde das Verwaltungsgebäude des nun aufgelösten Rittergutes zur Grundschule umgebaut. Es entstanden ebenfalls zwei Lehrerwohnungen und ein Kulturraum für die Gemeinde. Die Schule wurde aber bereits 1986 wieder geschlossen. 1952 begann auch in Güldengossa die Kollektivierung der Landwirtschaft. Die erste LPG vereinte sieben bäuerliche Betriebe.

Im Jahre 1973 wurde Güldengossa in das benachbarte Störmthal eingemeindet, und 1996 kamen beide Orte zur Gemeinde Großpösna. In dessen Gemeinderat sind sie seit den Kommunalwahlen von 2009 durch eine Abgeordnete der Freien Wähler Störmthal-Güldengossa vertreten.

Zwischen Güldengossa und Störmthal entstand ein Gewerbegebiet. Das bekannteste der über vierzig dort ansässigen Unternehmen ist die Piano-Fabrik Blüthner.

Die Entwicklung der Einwohnerzahl von Güldengossa[4]
Jahr 1834 1871 1890 1910 1925 1939 1950 1964 2009[5]
Einwohner 296 348 374 343 371 378 423 416 389

Sehenswürdigkeiten

  • Das Schloss kann im Sommerhalbjahr am Wochenende bei öffentlichen Führungen besichtigt werden; es wird auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
  • Der gut fünf Hektar große Schlosspark mit Orangerie, Teichen, einem Ziergarten mit Springbrunnen und zahlreichen Skulpturen ist öffentlich zugänglich.
  • Das Russisch-Preußische Denkmal an der Straße nach Liebertwolkwitz etwa 1 km nördlich von Güldengossa.

Persönlichkeiten

  • Michael Ranft (1700-1774) war ein Sohn des gleichnamigen Pfarrers von Güldengossa. Er war ebenfalls Geistlicher, Vampirismusforscher der Aufklärung, Historiker und Schriftsteller.
  • Johann Christian August Bauer (1766-1813), Prediger und Autor.[6] Er war von 1795 bis 1812 Pastor in Güldengossa[7] und ein zu seiner Zeit bekannter Volks- und historischer Schriftsteller, z.B. Unterhaltsame Anekdoten aus dem achtzehnten Jahrhunderte. Bd. 1–6, Leipzig 1802–1804 oder auch Alexander Selkirchs sonderbare Schicksale zu Wasser und zu Lande (4 Bände)

Weiteres

Güldengossa besaß in der Vergangenheit sieben Teiche, von denen jetzt noch drei vorhanden sind. Die lautstarken Bewohner dieser Teiche brachten dem Ort den Spitznamen "Frosch-Gosse" ein.

Literatur

  • Im Pleisse- und Göselland zwischen Markkleeberg, Rötha und Kitzscher - Herausgegeben von PROLEIPZIG e.V., Leipzig 1999
  • G. A. Poenicke (Hg.), Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section: Leipziger Kreis, Leipzig (um 1860)
  • Sachsens Kirchen-Galerie, neunter Band: Die Inspectionen Leipzig und Grimma, Verlag Hermann Schmidt Dresden 1837-1845
  • Cornelius Gurlitt: Güldengossa. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 16. Heft: Amtshauptmannschaft Leipzig (Leipzig Land). C. C. Meinhold, Dresden 1894, S. 44.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Im Pleisse- und Göselland zwischen Markkleeberg, Rötha und Kitzscher - Herausgegeben von PRO LEIPZIG e.V., Leipzig 1999, S.88
  2. Chronik des Heimatvereins
  3. Gewandhausmagazin Nr. 67, Sommer 2010, S. 50
  4. Güldengossa im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  5. Website von Großpösna
  6. Allgemeine Literaturzeitung
  7. Bei Güldengossa. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 3. Band, Zwickau 1816, S. 643.

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