Gut Panker

Gut Panker
Das Herrenhaus auf Gut Panker: rückwärtige Fassade mit italienischem Garten

Das über fünfhundert Jahre alte Gut Panker liegt in Panker im Kreis Plön in der Nähe von Lütjenburg in Schleswig-Holstein. Das Gut befand sich seit dem ausgehenden Mittelalter im Besitz der Familie Rantzau, wurde im Jahre 1739 vom schwedischen König Friedrich aus dem Haus Hessen zur Versorgung seiner unehelichen Söhne gekauft, die dort die Herrschaft Hessenstein begründeten, und ging 1808 an die Kurfürsten von Hessen-Kassel über. Das Gut mit seinen Ländereien und Gebäuden gehört heute der Hessischen Hausstiftung.

Das auch oft als Schloss bezeichnete Herrenhaus befindet sich in Privatbesitz, das umliegende Gutsdorf jedoch ist touristisch erschlossen und mit mehreren Gaststätten, Galerien und niedergelassenen Kunsthandwerkern eines der bekanntesten Ausflugsziele in der Region der Holsteinischen Schweiz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtlicher Überblick

Gut der Rantzaus

Auf Panker befand sich bereits zur Zeit der Wenden ein Herrensitz, doch ist über diese Zeit kaum etwas überliefert. [1] Mit dem späten Mittelalter gerieten die Ländereien in den Besitz der Familie Rantzau, die zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern ihrer Zeit in Schleswig und Holstein gehörte und eine Vielzahl an Gütern und Adelssitzen im Land besaß. Das Geschlecht der Rantzaus ist seit dem Ende des 14. Jahrhunderts auf Panker bezeugt. Sie bewirtschafteten den Gutsbetrieb mit verschiedenen Familienzweigen und errichteten um 1650 den Kern des heutigen Herrenhauses. Panker war in dieser Zeit zwar ein großes Adelsgut, in der Landesgeschichte hatte es jedoch keine größere Bedeutung. Das letzte Mitglied der Familie auf Panker war Hans Rantzau, der den Besitz kurz vor seinem Tod 1740 zum Verkauf anbot.[2]

Herrschaft Hessenstein (Haus Hessen)

Friedrich I. von Schweden
Fredrik Vilhelm von Hessenstein

1739 erwarb der aus der Linie Hessen-Kassel des Hauses Hessen stammende König Friedrich I. von Schweden das Gut Panker und das benachbarte Klamp für 88.000 Reichstaler, 1741 kaufte er außerdem für 138.000 Reichstaler die benachbarten Güter Schmoel und Hohenfelde.[3] Friedrich I. erwarb die Besitzungen auf Betreiben seiner Mätresse Hedvig Ulrika Taube, um die aus dieser nicht standesgemäßen Ehe stammenden Söhne zu versorgen. Friedrich, der seit 1730 als Landgraf von Hessen-Kassel Reichsfürst im römisch-deutschen Reich war, erwirkte beim Deutschen Kaiser außerdem eine Erhebung seiner Geliebten und seiner mit ihr gezeugten Nachkommen zu Grafen von Hessenstein. Panker wurde der Wohnsitz des älteren Sohnes Friedrich Wilhelm, der nach dem Tod des jüngeren Bruders Karl Eduard (Carl Edvard, 1737-1769) über alle vier Güter verfügen konnte. Seine Herrschaft Hessenstein entwickelte sich zu einem kleinen gesellschaftlichen Zentrum des schleswig-holsteinischen Adels in den Herzogtümern. 1772 wurde er als sogenannter Personalist in den Reichsfürstenstand erhoben.

Friedrich Karl von Hessen-Kassel, für kurze Zeit nomineller König von Finnland, wurde auf Panker geboren

In seinem Testament verfügte Friedrich Wilhelm, dass Panker und die Herrschaft Hessenstein künftig als Fideikommiss in die Hände der Hauptlinie des Hauses Hessen-Kassel - unter Ausschluss des jeweils regierenden Fürsten - gelangen solle.[4] Erster Erbe wurde Karl von Hessen-Kassel, der als Statthalter von Schleswig-Holstein eingesetzt war und vorwiegend auf Schloss Gottorf residierte. Das Gut wurde in dieser Zeit zwar durchgehend bewirtschaftet, das Herrenhaus war aber nicht ständig bewohnt. Die Familie nutzte den Besitz bis ins 20. Jahrhundert unterschiedlich intensiv. So stand das Haus mal längere Zeit leer, dann wurde es wieder zu einem regelmäßigen Wohnsitz verschiedener Familienmitglieder. Friedrich Karl von Hessen-Kassel wurde hier geboren, und durch eine Hochzeit standen die Hessensteins in familiärer Verbindung zum dänischen Königshaus.[5]

20. Jahrhundert und Gegenwart

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es auf dem Gut zu gesellschaftlichen Änderungen; die umgebenden Gutshöfe wurden zum Teil an die Bauern verkauft. Da die Weimarer Verfassung die Auflösung sämtlichen fürstlichen Privatbesitzes forderte, wurde 1928 die Hessische Hausstiftung gegründet, um die Besitzungen und das Vermögen der Familie zu verwalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Gut eine bedeutende Trakehner-Zucht begründet und das Herrenhaus ab 1954 renoviert. 1957 wurden die großen Scheunen und Ställe des Wirtschaftshofs zwischen Herren- und Torhaus durch Brandstiftung zerstört.

Das Herrenhaus diente 1967 als Kulisse in der Verfilmung der Novelle Rheinsberg von Kurt Tucholsky. In diesem Film mit Cornelia Froboess und Christian Wolff stellte es das brandenburgische Schloss Rheinsberg dar.

Zum Ende der 1980er Jahre wurde das bis dahin landwirtschaftlich geprägte Gutsdorf um touristische Nutzungskonzepte erweitert. Gut Panker und seine Ländereien werden derzeit (2009) von Moritz Prinz von Hessen und seinem Sohn Heinrich Donatus Prinz von Hessen verwaltet.

Baulichkeiten

Das Herrenhaus und der Garten

Das Herrenhaus wird auch oft Schloss Panker genannt. Nach einer alten regionalen Definition - die allerdings durchaus ungenau angewandt wurde - hatten eigentlich nur die Häuser eines Landesherrn das Recht, als Schloss bezeichnet zu werden. Da der Besitz durch den schwedischen König erworben und sein Sohn Friedrich Wilhelm 1792 schließlich zum Reichsfürsten ernannt wurde, ist die Auslegung der Bezeichnung aber durchaus möglich. Das Haus hat sich über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten hin zu seiner heutigen Gestalt entwickelt, worauf auch eine Inschrift des 18. Jahrhunderts über dem Portal hinweist:

"Altes ausgebessertes Haus / keines Tadels werth"

Der Grundriss des Gebäudes offenbart einen zentralen Mittelbau, an den vier Anbauten anschließen: zwei Flügel zur Hofseite sowie die beiden gartenseitigen Turmpavillons. Im Mittelbau verbirgt sich der Ursprungsbau des Herrenhauses, das in seinen ältesten Bauteilen aus der Zeit um 1650 stammt. Das in seinen Ausmaßen noch relativ bescheidene alte Haus wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit den hofseitigen Trakten zu einer barocken Dreiflügelanlage erweitert, die einen kleinen Ehrenhof umschloss. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Herrenhaus durch den Bau der rückwärtigen, dreistöckigen Wohntürme noch einmal vergrößert, so dass es seine heutige Gestalt erhielt. Die Fassaden sind in weiß gehalten und verzichten weitgehend auf dekorativen Schmuck, was auf die letzten Umbauten zur Zeit des Klassizismus verweist. Das Haus ist zweigeschossig, lediglich die Türme und der hofseitige Risalit verfügen über ein drittes Stockwerk.

Das Herrenhaus inmitten des Landschaftsgarten um 1822. Gemälde von J. Motz

Im Inneren des Hauses hat sich die ursprüngliche Ausstattung nur teilweise erhalten, so finden sich unter anderem barocke Plafondgemälde aus hessischen Schlössern und einige alte Balkendecken aus dem Ursprungsbau. Das Gebäude wurde 1954 umfassend renoviert und zum Teil im Geschmack der Zeit neu ausgestaltet.[6] Das Herrenhaus befindet sich bis heute in Privatbesitz und wird bewohnt, es ist daher für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Das Herrenhaus war einst von einem großzügigen barocken Garten umgeben, dessen durch Alleen gebildete Grundstruktur noch heute teilweise zu erkennen ist. Das ehemalige Gartenparterre vor der Nordseite des Schlosses wird heute von einer großen Wiese eingenommen. Der Garten wurde, dem Zeitgeist der Epoche entsprechend, im 19. Jahrhundert zu einem Landschaftsgarten englischer Prägung umgestaltet und mit Wasserläufen, Brücken, Teichen und Baumgruppen gestaltet. Wie üblich für diese Parkanlagen, ist der Garten mit verschiedenen Staffagebauten versehen, unter anderem einem Tempel aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Gestalt eines Prostylos. Neben dem Park am Eutiner Schloss gilt der Garten von Panker als einer der bedeutendsten Landschaftsgärten Schleswig-Holsteins. Da der Gartenbereich zu einem großen Teil auf dem privaten Gelände des Guts liegt, ist er für Besucher nicht zugänglich.

Vor der nördlichen Fassade des Herrenhauses wurde ab 1962 ein kleines Gartenparterre im Stil italienischer Renaissancegärten angelegt. Die Anlage ist durch Buchsbaumbeete und Rasenflächen gegliedert und mit Hecken und Büschen in Ars Topiari dekoriert. Die aufgestellten Skulpturen stammen aus Italien, sie wurden im 18. Jahrhundert angefertigt und stellen Allegorien der Jahreszeiten und der Elemente dar.

Das Torhaus, der Wirtschaftshof und die Kapelle

Westlich des Herrenhauses befindet sich das große Torhaus, das einstmals den Zugang zum Wirtschaftshof begrenzte. Das Gebäude wurde um 1790 errichtet und diente zugleich als Tor- und Kavaliershaus. Der Bau von siebzehn Achsen beherbergt heute die Werkstätten verschiedener Kunsthandwerker, außerdem sowohl privat genutzte, wie auch Ferienwohnungen. Der eigentliche Wirtschaftshof bestand aus landestypischen großen Scheunen und Stallungen, welche die gesamte Fläche der heutigen Wiese einnahmen. Die Gebäude dieses Hofs zwischen Tor- und Herrenhaus wurden 1957 durch ein Großfeuer zerstört und anschließend nicht wieder aufgebaut, stattdessen wurden neue Wirtschaftsbauten nördlich des Gutsgeländes errichtet.

Die Gutskapelle

Nordwestlich in Sichtweite des Herrenhauses befindet sich die Gutskapelle. Das einschiffige Gebäude mit schlankem Glockenturm wurde 1890 errichtet und im historisierenden Stil der nordischen Renaissance gestaltet. In der Kapelle finden keine regelmäßigen Gottesdienste mehr statt, sie wird jedoch für Trauungen und ähnliche Ereignisse vermietet.[7]

Das Gutsdorf und der Hessenstein

Das Herrenhaus bildet den Mittelpunkt des Gutsdorfes, das Teil der Gemeinde Panker ist und in dem rund 80 Menschen leben. Der Gebäudebestand des Dorfes ist seit dem 19. Jahrhundert weitgehend unverändert, abgesehen von den abgebrochenen und an anderer Stelle erneuerten Gebäuden des Wirtschaftshofs. Zu den erhaltenen Bauten gehören unter anderem die Lehnshäuser der früheren Gutsarbeiter, ein Witwenstift, die Remise und der ehemalige Marstall, in dem eines der bedeutendsten Trakehnergestüte des Landes untergebracht ist. Es wurde 1947 mit aus Ostpreußen geretteten Pferden gegründet. Weithin bekannt ist zudem ein Wirtshaus namens "Ole Liese", in dem das gleichnamige Lieblingspferd Fürst Friedrich Wilhelms von Hessenstein zu Beginn des 19. Jahrhunderts sein Gnadenbrot erhielt. Im Gegenzug für die Pflege des Tieres erhielt der hier lebende Knecht eine Schanklizenz, aus der die heutige Gaststätte hervorgegangen ist.

Der Hessenstein genannte Aussichtsturm

In ca. eineinhalb Kilometern Entfernung vom Herrenhaus erhebt sich auf dem 128 Meter hohen Pilsberg, einer Stauchmoräne, ein Aussichtsturm aus dem 19. Jahrhunderts, der sogenannte Hessenstein. Der polygonale Turm im Stil der Neogotik wurde von 1839 bis 1841 errichtet und ist siebzehn Meter hoch. Eine gusseiserne Wendeltreppe führt auf die von einem Zinnenkranz umgebene Aussichtsplattform, die einen Blick auf die Ostsee bis nach Fehmarn und bei gutem Wetter bis auf die dänischen Inseln zulässt. Der Turm schmückt das Wappen Pankers und war der erste einer Reihe ähnlicher Aussichttürme in Schleswig-Holstein, wie dem Elisabethturm auf dem Bungsberg oder dem Parnass-Turm bei Plön.

Der Gutsbezirk besteht noch heute aus mehreren tausend Hektar Ackerland und Waldflächen und wird noch immer bewirtschaftet.

Weblinks

 Commons: Gut Panker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen und Literatur

  • Hans Maresch, Doris Maresch: Schleswig-Holsteins Schlösser, Herrenhäuser und Palais. Husum Verlag, Husum 2006, ISBN 3-89876-278-5.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein. 2. stark erweiterte und veränderte Auflage. Deutscher Kunstverlag, München 1994, ISBN 3-422-03033-6.

Einzelnachweise

  1. H. von Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser in Ostholstein, S. 213. Verlag Weidlich, 1989
  2. H. v. Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser in Ostholstein, Seite 213, 214, 215. Verlag Weidlich, 1989
  3. H. von Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser in Ostholstein, S. 215. Verlag Weidlich, 1989
  4. H. von Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser in Ostholstein, Seite 219. Verlag Weidlich, 1989
  5. H. von Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser in Ostholstein, Seite 219, 220. Verlag Weidlich, 1989
  6. Alle kunsthistorischen Daten zum Herrenhaus aus: Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Hamburg, Schleswig-Holstein, Seite 680. Deutscher Kunstverlag, 1994
  7. Alle kunsthistorischen Daten zur Kapelle aus: Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Hamburg, Schleswig-Holstein, Seite 680. Deutscher Kunstverlag, 1994
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