Gustav Gundlach

Gustav Gundlach

Gustav Gundlach (* 3. April 1892 in Geisenheim; † 23. Juni 1963 in Mönchengladbach) war ein deutscher Jesuit. Der katholische Sozialethiker, Sozialphilosoph und Sozialwissenschaftler gilt als vorzüglicher Repräsentant der katholischen Soziallehre des frühen 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Besuch des Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums (heute: Heinrich-von-Gagern-Gymnasium) in Frankfurt am Main studierte er Philosophie an der Universität Freiburg im Breisgau. Dort wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Hohenstaufen im CV. Nach fünf Semestern brach er das Studium ab und trat dem Orden der Jesuiten bei.

Seit 1929 hatte er eine Professur für Sozialphilosophie und -ethik an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt an Main inne. Zusätzlich war er von 1934 bis 1962 Professor an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Er gehörte zu den engen Beratern der Päpste Pius XI. (Enzyklika Quadragesimo anno, 1931) und Pius XII., deren Soziallehre stark von deutschen Jesuiten mitbeeinflusst wurde.

Papst Johannes XXIII. wandte sich für einen Entwurf seiner Sozialenzyklika Mater et magistra (1961) zunächst an Gundlach, war aber vom doktrinären Stil des Konzepts enttäuscht. Gundlach verließ Rom und errichtete 1962 in Mönchengladbach eine katholisch-soziale Forschungsstelle, die auch in späteren Jahren die Gundlach'schen Ansätze fortführte, ohne jedoch noch außerhalb des deutschsprachigen Raums besondere Aufmerksamkeit zu finden.

Kritik

Da Gundlach zunehmend starrsinnig das Privateigentum zu einem absoluten Recht aufwertete, verlor er bereits in den 1950er Jahren bei den Theologiestudenten in Rom an Zustimmung. Man fragte ihn kritisch: „Wenn das Privateigentum einen so hohen Rang hat, gab es dann im Paradies auch Privateigentum?“ Hans Küng überliefert die Wut, mit der Gundlach sich um 1950 wünschte, Msgr. Montini (später Papst Paul VI.) „liquidieren“ zu dürfen. (Weil dieser für Arbeitermitbestimmung in den Betrieben eintrat; Gundlach starb übrigens plötzlich, keine 48 Stunden (!) nach der Wahl desselben zum Papst.)

In seiner Fehlinterpretation einer Schrift Papst Pius XII., über den gerechten Krieg Bellum iustum folgend, stellte Gundlach die Behauptung auf, ein atomarer Verteidigungskrieg wäre sittlich gerechtfertigt.

Bei der Schrift Bellum iustum von Papst Pius XII. handelt es sich um eine Neuinterpretation der Lehre des gerechten Krieges, die sich ausgehend von Texten des Hl. Augustinus (354-430) entwickelte. Diese Neuinterpretation durch Pius XII. war stark vom kalten Krieg und einem potentiellen atomaren Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion beeinflusst.

Während Pius XII. die Verwendung der Atombombe in engsten Grenzen eventuell für sittlich gerechtfertigt hält, wenn Freiheit, Würde oder Glauben eines Volkes bedroht sind, geht Gundlach davon aus, dass mit diesen Worten der Schutz des christlichen Glaubens gemeint ist.

Dem Wissen um den mehrfachen Overkill in Bezug auf Atomwaffen, begegnet Gundlach mit dem Argument, dass die Zerstörung der Welt eine Manifestation Gottes sei und die Welt ohnehin nicht für die Ewigkeit geschaffen wurde. Gleichzeitig lehnt Gundlach aber eine Verantwortung für die Entscheidung zum Atomkrieg ab:

„...wenn die Welt untergehen sollte, wäre das auch kein Argument gegen unsere Argumentation. Denn wir haben erstens sicher Gewissheit, dass die Welt nicht ewig dauert, und zweitens haben wir nicht die Verantwortung für das Ende der Welt. Wir können dann sagen, dass Gott, der Herr, der uns durch seine Vorsehung in eine solche Situation geführt hat oder hineinkommen ließ, wo wir dieses Treuebekenntnis zu seiner Ordnung ablegen müssen, dann auch die Verantwortung übernimmt.“

(Diese Position wurde von Sozialethikern, aber auch Kirchenrechtlern wie Alfredo Ottaviani und, ihm folgend, vom II. Vatikanum, insb. Gaudium et spes Nr. 82, eindeutig abgelehnt.)

Siehe G. Gundlach: Die Lehre Pius XII vom modernen Krieg (StZ 164 (1958-1959), 13).

Werke

  • Gustav Gundlach: Die Ordnung der menschlichen Gesellschaft. 2 Bde. Hrsg. von der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle Mönchengladbach. Köln 1964.

Literatur

  • Johannes Schwarte: Gustav Gundlach S. J. (1892-1963). Maßgeblicher Repräsentant der katholischen Soziallehre während der Pontifikate Pius' XI und Pius' XII. Schöningh, München/Paderborn/Wien 1975, ISBN 3-506-70209-2.

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