Gusseisen

Gusseisen
Altan bzw. Balkon aus Gusseisen am Herrenhaus Brunn (Mecklenburg)
Kanaldeckel aus Gusseisen
Gusseiserne Pfanne
Getriebegehäuse aus Gusseisen
Säulen aus Gusseisen
Rohrfitting aus schwarzem Temperguss (GJMB)

Gusseisen ist eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung mit hohem Kohlenstoffgehalt (> 2 %), der diesem Werkstoff vom Stahl verschiedene Eigenschaften verleiht und somit andere Anwendungsgebiete erschließt. Die Bezeichnung „Gusseisen“ leitet sich vom Gießen als Verfahren der Formgebung ab; Teile aus Gusseisen werden in einer Gießerei hergestellt.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Unter Gusseisen versteht man eine Gruppe von Eisenlegierungen mit einem hohen Anteil von Kohlenstoff (> 2 %) und Silicium (> 1,5 %) sowie weiteren Bestandteilen wie Mangan, Chrom oder Nickel. Es wird unterschieden zwischen dem grauen Gusseisen (Grauguss), in dem der Kohlenstoff in Form von Graphit, und dem weißen Gusseisen, in dem der Kohlenstoff in Form von Zementit vorkommt. Gusseisen besitzt eine Dichte von etwa 7,2 g/cm³, die deutlich niedriger ist als die Dichte von Stahl und reinem Eisen mit 7,85 g/cm³. Das Material hat im eutektischen Bereich mit etwa 1150 °C einen deutlich geringeren Schmelzpunkt als Stahl, es lässt sich aber wegen des hohen Kohlenstoffgehalts nicht mehr schmieden. In Gießereien wird es meist in einem Kupolofen geschmolzen. Wegen mangelnder Elastizität des uneinheitlichen Gefüges hat Grauguss keine erkennbare Elastizität und muss deshalb als ziemlich spröde eingestuft werden. Andererseits verleiht der Graphit dem Werkstoff eine gute Wärmeleitfähigkeit, gute Dämpfungseigenschaften und wegen der Versprödung eine gute Formsteifigkeit. Daher eignet sich Grauguss in besonderer Weise für Maschinenbetten und -ständer. Hinzu kommen vorteilhafte Selbstschmiereigenschaften, wenn durch Bearbeitung die Lamellen angeschnitten und der Graphit selbst oder an dessen Stelle andere Schmiermittel in den Hohlräumen „bevorratet“ werden können. Gusseisenteile mit unverletzter Gusshaut weisen eine gute Korrosionsbeständigkeit auf, die durch Zulegieren von Silizium, Chrom und Nickel noch erhöht werden kann. Ein sehr einfaches Verfahren zur Qualitätsprüfung von Grauguss kann mit einem Hammer vorgenommen werden: Ein Schlag auf eine rechtwinkelige Kante soll einen bleibenden Eindruck hinterlassen, ohne dass die Kante absplittert.

Herstellung

siehe Gießen (Verfahren)

Sorten

Die einfachste Gusseisen-Sorte ist Gusseisen mit Lamellengraphit (Bezeichnung nach aktueller europäischer Norm EN 1561 „GJL“ oder früher nach DIN 1691 „GGL“), in dem der Graphit in Form von dünnen, unregelmäßig geformten Lamellen vorliegt. Diese Lamellen wirken bei Zugbelastung als Kerben, daher ist die Zugfestigkeit relativ gering („Sollbruchstellen“). Im Gegensatz zur Zugfestigkeit ist die Übertragung der Druckspannung wesentlich besser. Die Druckfestigkeit liegt etwa um den Faktor 4 höher als die Zugfestigkeit.

Bessere mechanische Eigenschaften hat Gusseisen mit Kugelgraphit (Sphäroguss, duktiles Gusseisen, Bezeichnung GJS nach aktueller europäischer Norm EN 1563, früher GGG nach DIN 1693), bei dem der Graphit in mehr oder weniger kugeliger Form vorliegt. Erreicht wird dies durch Entschwefeln der Schmelze mittels Zugabe von geringen Mengen Magnesium, Cer oder Calcium kurz vor dem Abgießen.

Eine weitere wichtige Form ist der Temperguss, der nach dem Erstarren als Ledeburit nochmals einer Glühbehandlung (Tempern) unterzogen wird. Beim weißen Temperguss (GJMW) glüht man in einer Sauerstoff abgebenden Atmosphäre, wodurch den Gussstücken (zumindest im Randbereich) der Kohlenstoff entzogen wird, wodurch sich die Eigenschaften denen des Stahls annähern.

Schwarzer Temperguss (GJMB) wird in einer sauerstofffreien Atmosphäre geglüht. Dabei kommt es zu Veränderungen im Gefüge, die die Eigenschaften positiv beeinflussen. Die Verbesserungen sind nicht auf die Randzone des Werkstückes beschränkt.

Diese Sorten vertragen auch geringe plastische Verformungen, ohne zu brechen. Typische Anwendung finden solche Werkstoffe als Tempergussfittings im geschraubtem Rohrleitungsbau.

Eine neuere Werkstoffentwicklung ist der Vermiculargraphit-Guss (Bezeichnung GJV nach aktueller ISO-Norm 16112, früher GGV). Bei ihm liegt der Graphit weder in Lamellenform noch als Kugelform vor, sondern als Vermikeln = > „Würmchen“. Die mechanischen Eigenschaften dieses Werkstoffes liegen zwischen dem Gusseisen mit Lamellengraphit und denen des Gusseisens mit Kugelgraphit. Seine Herstellung ist jedoch schwieriger und erfordert eine in engen Toleranzen geführte Schmelzbehandlung.

Spezielle Arten

  • Brandguss bezeichnet Gusseisenteile aus ehemaligen Kohleöfen. Wegen möglicher Schwefeleinlagerungen darf Brandguss nur in geringem Maße wiederverwertet werden.

Literatur

  • Hans Berns, Werner Theisen: Eisenwerkstoffe – Stahl und Gusseisen. 4. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 3540799559.
  • Eugen Piwowarsky: Hochwertiges Gußeisen-seine Eigenschaften und die physikalische Metallurgie seiner Herstellung. Springer Verlag 1958

Weblinks

 Commons: Gusseisen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


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