Gusla

Gusla
„Ein Herzegowiner singt zur Gusla“ (1823)

Die Gusla (kroatisch/serbisch/bulgarisch eigentlich: Gusle[1], kyrillische Schreibweise: гусле); albanisch Lahuta) ist eine einsaitige gestrichene Schalenhalslaute mit einem birnenförmigen Resonanzkörper. Sie ist eines der ältesten Solo-Musikinstrumente der Balkanhalbinsel und hat sich in ihrer ursprünglichen Form und Spielweise bis heute unverändert erhalten ( Hörbeispiel Gusle?/i).

Die Gusla ist das Instrument der epischen Sänger der Bergwelt, die Guslar, respektive albanisch Lahutar genannt werden. Der Guslar singt und begleitet sich selbst auf seiner Gusla.

Aufgrund ihres Namens, der vom altslawischen Wort gasti (= Stimme erzeugend) herstammt, wird sie oft mit der Gadulka verwechselt. Sie hat ebenso wenig mit der russischen Zither Gusli zu tun.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Verbreitung

Die Gusla gehört wie die Lauten Kopuz und Barbat zu den Instrumenten des 1. Jahrtausends n. Chr., deren Heimat Zentralasien ist und stammt aus der großen Masse der älteren vorderasiatischen Halslauten, die auch in der persischen und indischen Musikkultur verbreitet sind.[2][3] Zur Zeit des Eindringens der Slawen auf die Balkanhalbinsel und unter dem Einfluss der islamischen Kultur im 10. Jahrhundert n. Chr. kam die Gusla, als eines der exportierten Kulturgüter des Orients, nach Europa.[4] Für die orientalisch-asiatische Herkunft spricht die Spielsaite aus Rosshaaren und der primitive Bogen, der die zweite Entwicklungsstufe des Streichbogens konserviert. Auch die Bedeckung des schalenförmigen Korpus mit Tierhaut entspricht asiatischem Brauch.[5]

Sowohl Bauform als auch Spieltradition verweisen auf ihre Herkunft von der „Poetenfiedel“ der arabischen Beduinen Rabābah, von der vermutlich auch die Imzad der Tuareg und die äthiopische Masinko abstammen.[6]

Die Gusla wird in Nordalbanien, Mittelwestbulgarien, Kosovo, Serbien, Montenegro, Ostdalmatien und Bosnien-Herzegowina gespielt. Vor allem im Montenegro, Bosnien und der Herzegowina ist das Gusla-Spielen noch heute beliebt.

Verwendung

Statue des blinden Guslar Filip Višnjić, Kruševac, Serbien

Sie dient vor allem als Begleitinstrument des Epengesangs der südslawischen Guslaren und war neben der Flinte ein geheiligtes Symbol aller Freiheitskämpfer der dinarischen Gebirge.[2]

Vor der Befreiung der Südslawen und Bulgaren von der osmanischen Fremdherrschaft hatte die Gusla vor allem zwei Funktionen:

  • Verherrlichung, Bestärkung und Konservierung des hergebrachten „epischen Menschentypus“ in einer diesem Typus fremden und feindlichen Umwelt
  • Lebendigerhaltung des Gedankens an den notwendigen Befreiungskampf.

Das Heldenlied muss heute, nach der Befreiung, nicht mehr zum Freiheitskampf aufrufen. Auch führte die Modernisierung der hergebrachten stark patriarchalischen Gesellschaft zu einer anderen Haltung des Liedes und seines Vortrags. So wird nicht mehr vor Stammverwandten gespielt, was dazu führt, dass die Vortragskunst ganz auf den Eindruck eines allgemeinen Zuhörers eingestellt und sich dessen ästhetischen Anschauungen und künstlerischen Ansprüchen anpassen musste. Aufgrund dessen behandeln die heutigen Heldenlieder oft nationale Themen.[7]

Bekannte historische Epengesänge sind bspw. die Heldenlieder über

Spielweise und Gesang

Beim Spiel wird die Gusla im Sitzen zwischen den Knien gehalten oder auf den Oberschenkeln aufgestellt. Oft wird auch der untere Teil der Schienbeine gekreuzt, so dass der Klangkörper zwischen den Unterschenkeln Halt findet und man somit eine sehr bequeme Spielhaltung hat.

Die linke Hand greift dann von der Flanke die Saite in altslawischer Manier.[8]

Beim Vortrag des Heldenliedes deckt sich die Instrumentenmelodie durchweg mit dem Gesang. Stimme und Gusla musizieren also im Einklang. Die begleitende Gusle hat die Funktion, die Tonhöhe zu halten. Durch die besondere Spieltechnik ergeben sich geringe Abweichungen. Das Epos, das eine Dauer von bis zu zwei Stunden und länger haben kann, ist aus zehnsilbigen Versen aufgebaut. Jeder Silbe entspricht ein verzierter oder nichtverzierter Einzelton auf der Gusla.[9]

Als Beispiel für die Thematik der Lieder, können einige Verse aus dem Epos „Mijat, der Hajduke“ dienen:

Ins Gebirge zog der Hajduk Mijat,
Nach den grünen Bergen zog er hin,
Schutz sucht er vor Ljubović, dem Beg.
Schwarze Erde sättigt seinen Hunger
Und den Durst stillt er mit Blütenreif,
Bis der Held versammelt hat die Schaar.[10]

Aufbau

Serbische Gusla

Eine Gusla besteht aus dem Hals (Držak), dem Kopf, dem Wirbel (Rukuć oder Klin) und dem Resonanzkasten (Varnjačka).[11]

Die dicken Saiten der Gusla setzen sich aus bis zu 30 Rosshaaren zusammen, einem relativ ungewöhnlichen Material für die Besaitung eines Instruments. Die Rosshaare reißen leicht, so dass man das Instrument vorsichtig stimmen und spielen muss. Die Saitenlage ist bei der Gusla ähnlich wie bei der Gadulka und der Lijerica.

Die Gusla ist ähnlich zur Gadulka konstruiert, unterscheidet sich von dieser aber durch einen engeren und erheblich längeren Hals. An Stelle des hölzernen Resonanzbrettes ist bei der Gusla eine Haut gespannt.

Die Saiten der Gusla sind viel zu weit vom Hals entfernt, um sie auf den Hals herunterdrücken zu können. Der Klang der Gusla ist im Gegensatz zur Gadulka oder der Lijerica, welche einen violinenartig Klang haben, sehr orientalisch geprägt.

Sie ist wohl das am kunstvollsten verzierte balkanische Musikinstrument. Am Kopf des Steges sitzt meist ein aus Holz geschnitzter Tierkopf (Ziegen- oder Pferdekopf) oder Adler. Der Steg selbst ist mit reichlichen Mustern verziert, manchmal auch von in das Holz geschnitzten Schlangen umrankt. Die Rückseite des Klangkörpers trägt aufwändige Blumenmuster, und der Klangkörper ist mit einer dünnen Tierhaut bespannt, was zum charakteristischen Klang der Gusla beiträgt. Die Gusla wird mit einem großen, hölzernen Rosshaarbogen gestrichen, es kann jedoch auch ein normaler Violinenbogen verwendet werden.

Symbolik

Zu Beginn des Kroatienkriegs wurde von kroatischen Soldaten – vor und parallel zur Einführung von einheitlichen Militärabzeichen – Stoff- und Metallabzeichen getragen, auf denen ein Adler mir einer Gusla in den Fängen abgebildet war. Oft war dieses Freiheitssymbol zusammen mit den kroatischen Nationalfarben und den Worten CRO ARMY kombiniert.

Literatur

Statue des Guslar Andrija Kačić Miošić (1704–1760). Brist, Kroatien
  • Mile Budak: Grgicas Gusle. In: Novellen, S. 27-61. Hrvatski Izdavalački Bibliografski Zavod, Zagreb 1942. - Original als: Grgićine gusle (1930)
  • Josef Friedrich Perkonig: Der Guslaspieler. Reclam, Leipzig 1943.
  • Curt Sachs: Handbuch der Musikinstrumentenkunde. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1920.
  • Walther Wünsch: Die Geigentechnik der südslawischen Guslaren. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Deutschen Universität in Prag. Rudolf M. Rohrer, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1934.

Weblinks

 Commons: Gusle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Es handelt sich in diesen Sprachen grammatikalisch um ein Femininum Pluralis.
  2. a b Walther Wünsch: Die Geigentechnik der südslawischen Guslaren, S. 9. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Deutschen Universität in Prag. Verlag Rudolf M. Rohrer, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1934.
  3. Curt Sachs: Die Musikinstrumente Indiens und Indonesiens, S. 117. Berlin, 1915.
  4. Curt Sachs: Handbuch der Musikinstrumentenkunde, S. 172. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1920.
  5. Curt Sachs: Handbuch der Musikinstrumentenkunde, S. 124, 127. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1920.
  6. Anthony Baines: The Oxford Companion to Musical Instruments. Oxford University Press, Oxford 1992, S. 277
  7. Walther Wünsch: Die Geigentechnik der südslawischen Guslaren, S. 53. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Deutschen Universität in Prag. Verlag Rudolf M. Rohrer, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1934.
  8. Curt Sachs: Handbuch der Musikinstrumentenkunde, S. 168. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1920.
  9. Walther Wünsch: Die Geigentechnik der südslawischen Guslaren, S. 11. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Deutschen Universität in Prag. Verlag Rudolf M. Rohrer, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1934.
  10. S. Singer: Das Hajdukenthum bei den Südslaven. In: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft, Bd. II 1885, S. 446. Verlag von A. H. Payne, Leipzig 1885
  11. Walther Wünsch: Die Geigentechnik der südslawischen Guslaren. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Deutschen Universität in Prag, Verlag Rudolf M. Rohrer, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1934, S. 11–13

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