Grünes Band Deutschland

Grünes Band Deutschland
Verlauf des Grünen Bandes durch Deutschland

Das Grüne Band Deutschland ist ein Naturschutzprojekt mehrerer deutscher Bundesländer, auf dem fast 1400 km langen Geländestreifen entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze einen Grüngürtel zu schaffen.

Beim Grünen Band handelt es sich im Kern um den Bereich zwischen dem sogenannten Kolonnenweg (Lochplattenweg) und der ehemaligen Staatsgrenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, der zwischen 50 und 200 m breit ist. Der Geländestreifen reicht von Travemünde an der Ostsee bis zum ehemaligen Dreiländereck bei Hof. Das Grüne Band Deutschland ist Teil des mitteleuropäischen Abschnitts des Grünen Bands Europa.

Inhaltsverzeichnis

Anlass

Markierungszeichen in Thüringen
Verlauf in der Nähe von Sorge und Hohegeiß im Harz

Der Bereich entlang der innerdeutschen Grenze blieb zwischen Mauerbau 1961 und Mauerfall 1989 fast unberührt. Dadurch konnte sich der Streifen zu einem Rückzugsgebiet für vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten entwickeln. Es wird geschätzt, dass der Streifen eine Fläche von über 100 km² hat. Auf Seite der DDR bestanden jedoch ein 500 Meter breiter „Schutzstreifen“ sowie eine „5-km-Sperrzone“, in der menschliche Aktivitäten (insbesondere Verkehr und Industrie) stark eingeschränkt waren. Die gesamte Fläche, die viele Jahrzehnte lang nur geringem menschlichem Einfluss ausgesetzt war, ist also erheblich größer, schätzungsweise 7000 km² (1400 km × 5 km)

Das Wissen um die Arten- und Lebensraumvielfalt stammte noch von naturschutzfachlichen Untersuchungen in der Grenzregion aus der Zeit, in der die innerdeutsche Grenze noch bestand. Erste Kartierungen der Vogelwelt gab es bereits 1979/80 vom Bund Naturschutz in Bayern. Seit Ende der 1980er Jahre engagierte sich auch Heinz Sielmann für einen „Nationalpark von der Ostsee bis zum Bayerischen Wald“.

Plan

Erste Ideen für das Grüne Band entstanden bereits 1989 und wurden vor allem vom Land Thüringen und dem BUND aufgegriffen. Der Umweltverband möchte auf die Bundesländer einwirken, verschiedene Schutzgebiete entlang des Grünen Bands neu auszuweisen. Dadurch soll nicht nur der Kernbereich, sondern auch die angrenzenden Gebiete als Lebensraum gesichert und entwickelt werden, vor allem die großflächigen, benachbarten und noch naturnahen Bereiche, die sich hier erhalten konnten.

Mitglieder des Bundes für Umwelt und Naturschutz und Bundesbürger sollen zu Spenden angeregt werden, damit Grundstücke entlang des Grünen Bandes erworben werden können.

Das Projekt ist seit seinem Beginn umstritten. Der Grenzstreifen befindet sich im Besitz des Bundes, der den Verkauf plante und den Erlös den neuen Bundesländern zukommen lassen wollte. Die thüringische Landesregierung, die das Projekt „Grünes Band“ als erste unterstützte, schlug vor, dass der Bund den Ländern die Flächen direkt überlassen sollte, damit diese sie als Schutzgebiete ausweisen könnten. Sachsen widersprach diesem Vorschlag entschieden. Grund war die vorgesehene Verteilung der Verkaufserlöse entsprechend der Einwohnerzahl der Länder. Dadurch hätte Sachsen einen deutlich höheren Anteil als Thüringen bekommen, auf dessen Gebiet der längste Abschnitt verläuft. Schließlich wurden die Grenzanlagen, die um und durch Berlin führen und die höchsten Preise erzielen dürften, aus den Verhandlungen herausgenommen. Sachsen stimmte darauf dem thüringischen Vorschlag grundsätzlich zu. 2005 war die geplante Übertragung der Flächen auf die Länder Bestandteil des Koalitionsvertrages.[1] 2008 gelang sie in Thüringen.[2] Die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt waren 2009 immer noch nicht abgeschlossen.

Anlässlich einer Konferenz zu „Perspektiven des Grünen Bandes“ in Bonn im Juli 2003 übernahm Michail Gorbatschow die Schirmherrschaft für das Projekt. Dort wurde auch die weiter gehende Vision des Grünen Bandes Europa (European Green Belt) öffentlich bekannt gemacht.

Umsetzung

Schild des Grünes Bandes bei Bad Sooden-Allendorf

2001/2002 wurden die Flächen und die dort lebenden Tiere erfasst, finanziell unterstützt vom Bundesamt für Naturschutz und vom Bundesumweltministerium. Die Untersuchung bestätigte die Ausnahmestellung des Grünen Bandes als eine Kette besonders wertvoller Biotope.[3]

Wie der BUND berichtet, wurden 109 verschiedene Biotoptypen erfasst, von denen die Hälfte auf der Roten Liste Deutschlands steht. 28% des Grünen Bandes sind als Naturschutzgebiete geschützt, 38% sind als sogenannte FFH-Gebiete ausgewiesen. Aus den Daten wurden Schwerpunktgebiete – meist von nationaler Bedeutung – ermittelt, die die Kernzonen des Biotopverbundes bilden. Daneben wurde deutlich, dass sehr viele Naturschutzgebiete entlang des Grünen Bandes liegen, die für den Biotopverbund wichtig sind.

Im Juni 2003 fand am Grünen Band in Zusammenarbeit mit dem Magazin GEO der „Tag der Artenvielfalt“ statt. 500 Experten kartierten in 24 Stunden mehr als 5200 verschiedene Tier- und Pflanzenarten im Grünen Band, darunter auch Arten, die bereits als ausgestorben galten.

Für den 763 Kilometer langen Abschnitt des Grünen Bandes im Freistaat Thüringen gibt es ein eigenes Leitbild zur Erhaltung und Gestaltung.

Öffentliche Resonanz

Im Jahr 2009 wanderte der Naturfilmer Andreas Kieling am Grünen Band entlang und dokumentierte Land und Leute entlang der ehemaligen Grenze in der fünfteiligen TV-Serie Mitten im wilden Deutschland.[4] Die Reisebranche bietet mittlerweile touristische Unternehmungen im Zusammenhang mit dem Grünen Band an.[5]

Biotope und Tierarten

Das Grüne Band ist ein Querschnitt durch fast alle deutschen Landschaften, von norddeutschen Niederungsgebieten bis zu Mittelgebirgen. Daher finden sich dort vielfältige Biotoptypen wie beispielsweise Brachflächen, verbuschte Bereiche, Altgrasfluren, Pionierwald, Gewässer, Feuchtgebiete und Moore.

Die Vielfalt der Landschaft ist ein wichtiges Rückzugsgebiet und Heimat für viele Tier- und Pflanzenarten: Seltene Orchideen wie Frauenschuh, die Keiljungfer (eine Flussjungfer), der Abbiss-Scheckenfalter, das Braunkehlchen, der Neuntöter, der Schwarzstorch, der Eisvogel und der Fischotter.

Literatur

Harteisen, U.; Neumeyer, S.; Schlagbauer, S.; Bizer, K.; Hensel, S.; Krüger, L.: Grünes Band – Modellregion für Nachhaltigkeit : Abschlussbericht des Forschungsvorhabens. Universitätsverlag Göttingen 2010 ISBN 978-3-941875-60-9 open access Version

Weblinks

 Commons: Grünes Band Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. BUND: Erfolge und Gefahren, mit Auszug aus dem Koalitionsvertrag
  2. BUND: Erfolge und Gefahren
  3. Bundesamt für Naturschutz: Bestandsaufnahme Grünes Band
  4. Mitten im wilden Deutschland, 7. August 2010
  5. Thüringer und Franken werben gemeinsam für das Grüne Band, 7. August 2010

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