Großer Titel des Kaisers von Österreich

Großer Titel des Kaisers von Österreich
Titelseite
Seiten 2 und 3
Das Februarpatent von 1861

Der Große Titel des Kaisers von Österreich war die offizielle Aufzählung der Kronen, Titel und Würden, die die vier Kaiser von Österreich von der Begründung des Kaisertums 1804 bis zum Ende der Monarchie 1918 trugen. Er geht auf Franz I. zurück, der ihn in der Kaiserproklamation vom 11. August 1804 festlegte.

Inhaltsverzeichnis

Zusammensetzung und Bedeutung

Der österreichische Herrscher war nicht lediglich Kaiser von Österreich und – seit dem Ausgleich von 1867 vor anderen Königstiteln besonders hervorgehoben – Apostolischer König von Ungarn, sondern hatte einen Herrschaftstitel für jedes einzelne Kronland und noch eine Reihe weiterer Titel inne. Alle diese Würden waren im sogenannten Großen Titel zusammengefasst – übrigens auch dort nicht vollzählig, wie sich aus der korrekten Angabe mit dem „etc.“ an mehreren Stellen ergibt.

Der Große Titel verstand sich wie der kaiserliche Doppeladler, das kaiserliche Wappen, die Österreichische Kaiserkrone, Zepter und Reichsapfel sowie der kaiserliche Hofstaat mit seinem Hofzeremoniell als Ausdruck der von Gott gegebenen (und daher unumstößlichen) monarchischen Macht und ihres Länder überspannenden Prestiges.

Manche Titel – wie die meisten der auf Italien bezogenen Würden, zum Beispiel des Großherzogs von Toskana – wurden spätestens nach den Schlachten von Magenta und Solferino 1859 nur noch als Anspruchstitel geführt. Andere, wie der Titel des Königs von Jerusalem, waren im Großen Titel nur aus historischen Gründen vertreten, und zwar als Erbschaft von den Hohenstaufen über die Könige von Neapel an die Habsburger. Die Titel des Grafen von Habsburg und Kyburg beziehen sich auf den ursprünglichsten Besitz der Habsburger, die schon seit dem frühen 15. Jahrhundert bei der Schweiz (die Habsburg 1415 verloren, die Kyburg 1424 verpfändet) und nie mehr habsburgischer Besitz waren. Desgleichen bezieht sich auch Lothringen auf die familiäre Herkunft des männlichen Begründers des Hauses Habsburg-Lothringen. Obschon Erzherzog von Österreich, vom Kaiser geführt, ein tatsächlicher Landesherrschaftstitel war (nämlich über die heutigen Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Wien), war dieser Titel gleichzeitig auch der Geburtstitel aller Prinzen und Prinzessinnen des kaiserlichen Hauses.

Der große Titel musste in Österreich zur Zeit der Monarchie von allen Schulkindern auswendig gelernt werden.

Der Große Titel

Der Große Titel Franz Josephs I. lautete seit dem 29. Jänner 1869 wie folgt:[1][2]

Seine Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät
N.N.
von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich,
König von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien;
König von Jerusalem etc.;
Erzherzog von Österreich;
Großherzog von Toskana und Krakau;
Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina;
Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren;
Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara;
Gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca;
Fürst von Trient und Brixen;
Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien;
Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.;
Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark;
Großwojwode der Wojwodschaft Serbien
etc., etc.

Kaiser Franz führte in den zwei Jahren von seiner Proklamation des Kaisertums Österreich 1804 bis zu seiner Niederlegung der römisch-deutschen Kaiserkrone (des von ihm als nicht mehr bestehend erklärten Heiligen Römischen Reichs) 1806 den großen Titel mit dem Beginn von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs sowie König in Germanien.

Bis zum 3. Oktober 1866 umfasste der Titel auch den des Königs von Lombardo-Venetien.[3]

Nachnutzung

Der Große Titel wurde nach 1918 als historische Reminiszenz bei zwei habsburgischen Bestattungszeremonien in Wien eingesetzt.

Bei der Bestattung der letzten Kaiserin, Zita, am 1. April 1989 in der Kaisergruft wurde, bevor das Tor geöffnet und der Sarg in die Gruft getragen wurde, durch einen von der Familie bestellten Sprecher dreimal um Einlass für die Verstorbene gebeten. Die erste Bitte begann mit der weiblichen Form des Großen Titels und Hervorhebung der wirklich stattgefundenen Krönung ihres Mannes: „Zita, die Kaiserin von Österreich, gekrönte Königin von Ungarn, Königin von Böhmen, …“ Bei den Herzogintiteln wurde der Habsburgische Anspruchstitel auf Parma ausgelassen, da sie eine nähere Bindung hatte. Zitas Vater Robert von Parma war von 1854 bis 1860 der letzte Herzog von Parma und in Anspruch darauf wurde sie, obwohl erst 1892 geboren, Prinzessin. So wurde am Schluss der Titelaufzählung „Infantin von Spanien, Prinzessin von Portugal und von Parma“ hinzugefügt.

Für Zitas Sohn Otto Habsburg-Lothringen wurde am 16. Juli 2011 um Einlass in die Gruft gebeten: „Otto von Österreich, einst Kronprinz von Österreich-Ungarn, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, …“. König von Jerusalem sowie Erzherzog von Österreich wurden in der Aufzählung der Titel weggelassen. (Kein Kaiser von Österreich war tatsächlich Herrscher über Jerusalem; es handelte sich von Anfang an um einen nur aus Prestigegründen geführten historischen Anspruchstitel. Auf Herrschaftsansprüche in Österreich hatte Otto 1961 gegenüber der Republik Österreich in aller Form verzichtet.)

Der Mittlere und der Kleine Titel, andere Titularien

Daneben gab es noch den mittleren Titel und den kleinen Titel, verkürzte Fassungen der Titulatur, sowie die numismatische Klausel „(N.N.) D.G.IMP.AUSTR.REX BOH.GAL.ILL.ETC.ET AP.REX HUNG.“ (auf ungarisch(N.N.) I.K.A.CS.ÉS M.H.S.D.O.AP.KIR.“ für „Isten kegyelméből ausztriai császár és Magyar-, Horvát-, Szlavon-, Dalmátországok apostoli királya“), wie er auf Gulden (bis 1892) wie auch der Krone (bis 1918) zu finden ist.

Im persönlichen Verkehr mit anderen Monarchen und anderen Hochadeligen machte der Kaiser vom großen Titel, außer auf Urkunden, keinen Gebrauch. So waren Visitenkarten, die Geschenken an andere Monarchen beilagen, einfach mit Franz Joseph beschriftet; Hochadeligen gegenüber mit Kaiser Franz Joseph. Die Titel konnten die Empfänger bei Bedarf im Hof- und Staatshandbuch der österreichisch-ungarischen Monarchie[4] nachschlagen lassen.

Siehe auch

Literatur

  • Franz Gall: Österreichische Wappenkunde. Böhlau, Wien 1992.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Trost, Das blieb vom Doppeladler, dtv, München 1969, S. 360
  2. Weblinks: Habsburg Titles – heraldica.org
  3. Friedens-Tractat zwischen Seiner k. k. Apostolischen Mayestät und Seiner Majestät dem Könige von Italien von 3. October 1866. § 116Vorlage:§§/Wartung/alt-URL Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich. Jahrgang 1866. LXIX. Stück. 14. October 1866.
  4. z. B. Staatshandbuch 1902

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