Großdechant

Großdechant

Der Titel Großdechant ist ein kirchlicher Amtstitel der ehemaligen Grafschaft Glatz in Schlesien.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Amtstitels

Das Glatzer Gebiet, das 1459 durch den böhmischen König Georg von Podiebrad zur Grafschaft erhoben wurde, gehörte seit ältesten Zeiten politisch zur Krone Böhmens und kirchlich zum Erzbistum Prag. Nachdem die Grafschaft Glatz - zusammen mit Schlesien - nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 und endgültig nach dem Hubertusburger Frieden 1763 an Preußen fiel, versuchte der preußische König, sie aus ihrer Zugehörigkeit zur Prager Diözese zu lösen. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde 1810 durch die preußische Regierung eigenmächtig - und ohne vorherige Zustimmung des Prager Erzbischofs - der Titel eines Großdechanten für die Grafschaft Glatz geschaffen, der auch durch sie ernannt wurde. Die Loslösung vom Erzbistum Prag ist der preußischen Regierung trotz großer Bemühungen nicht gelungen. Der Titel und das Amt des Großdechanten, den es in der katholischen Kirche nur einmal gibt, blieben trotzdem bestehen.

1920 wurde die Grafschaft Glatz zum Generalvikariat erhoben und der Großdechant als verantwortlicher Priester dem Erzbistum Prag gegenüber auch Generalvikar des preußischen Anteils der Erzdiözese Prag. In dieser Funktion wurde er auch Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieben das Amt und der Titel bestehen. Nachdem die deutsche Bevölkerung vertrieben worden war, blieb Generalvikar Prälat Dr. Franz Monse, der ebenfalls das Unrecht der Vertreibung erlitt, weiterhin Großdechant für die Heimatvertriebenen der Grafschaft Glatz. Mit seiner ins Leben gerufenen Wallfahrt nach Telgte bereitete er ihnen eine neue geistige Heimat.

Seit 1998 ist der Großdechant nicht mehr Mitglied der Bischofskonferenz. Sein Aufgabenbereich wird nunmehr durch den Visitator für Priester und Gläubige aus der Grafschaft Glatz wahrgenommen.

Die Großdechanten der Grafschaft Glatz

  • 1740–1749 Maximilian Joseph von Astfeld
  • 1749–1754 Leopold Michael Aster (Amtsenthebung)
  • 1763–1766 Christoph Josef Exner
  • 1766–1767 Anton Rathsmann
  • 1767–1808 Karl Winter
  • 1809–1841 Joseph Knauer (späterer Fürstbischof von Breslau)
  • 1843–1845 Johann Joseph Harbig
  • 1846–1857 Anton Ludwig
  • 1869–1878 Vikar Franz Brand
  • 1881–1883 Franz Nitschke
  • 1883–1889 Ernst Hoffmann
  • 1889–1901 Prälat Dr. Ernst Mandel
  • 1901–1909 Prälat Dr. Wilhelm Hohaus
  • 1910–1920 Generalvikar Prälat Dr. Edmund Scholz
  • 1921–1937 Generalvikar Prälat Franz Dittert
  • 1938–1962 Generalvikar Prälat Dr. Franz Monse
  • 1962–1977 Kanonischer Visitator Prälat Leo Christoph
  • 1977–1983 Prälat Paul Sommer
  • seit 1983: Kanonischer Visitator Prälat Franz Jung

Literatur

  • Franz Jung (Hrsg.), "Die Großdechanten der Grafschaft Glatz", Sonderdruck, Münster 2010
  • Alois Bartsch: Die Grafschaft Glatz. Band 5: „Der Herrgottswinkel Deutschlands“. Kirche und kirchliches Leben in der Grafschaft Glatz in einem Jahrtausend. Grafschafter Bote, Lüdenscheid 1968.
  • Franz Jung (Hrsg.), Auf dem Weg durch die Jahrhunderte. Beiträge zur Kirchengeschichte der Grafschaft Glatz, Selbstverlag des Visitators für die Gläubigen aus der Grafschaft Glatz, Münster 2005, ISBN 3-00-015240-7

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