Großbritannien in römischer Zeit

Großbritannien in römischer Zeit

Großbritannien, in der Antike als Britannien bekannt (das heißt die Gebiete des heutigen England bis zum Hadrianswall, Cornwall und Wales), stand von 43 bis ca. 440 n. Chr. unter römischer Herrschaft.

Straßen, Städte und Befestigungen der Römer in Großbritannien

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorrömisches Britannien

Bereits vor den Kelten gab es in Britannien Megalith-Kulturen, die unter anderem imposante Steinmonumente errichteten, wie zum Beispiel in Wiltshire. Über die Zeit des vorrömischen keltischen Britanniens ist ansonsten nur wenig bekannt. Römische Geschichtsschreiber berichten, dass vor Caesars (mehr oder weniger gescheiterten) Feldzügen nach Britannien angeblich nur einige Kaufleute regelmäßig die Überfahrt von Gallien nach Britannien über den Ärmelkanal wagten. In Tacitus’ Werk Agricola werden die römischen Feldzüge in Britannien von ihm zum Teil scharf kritisiert.

Erster Feldzug Caesars 55 v. Chr.

Cäsars erste Landung in Britannien, Zeichnung von Edward Armitage
Hauptartikel: Caesars Britannienfeldzüge

Während des Feldzugs in Gallien (Gallischer Krieg) war offensichtlich geworden, dass die Gallier im Kampf gegen die Römer auch Unterstützung von verwandten Stämmen aus Britannien erhielten. Caesar musste sich daher zuverlässige Informationen über die politischen Verhältnisse auf der Insel beschaffen, zumal die Gallier und auch die Händler in dieser Hinsicht wenig hilfreich waren. Zuerst sandte er einen Offizier namens Gaius Volusenus mit einem Kriegsschiff voraus, um damit die britische Kanalküste zu erkunden, während er in der Zwischenzeit eine Invasionsflotte zusammenstellte und nebenbei noch einen Aufstand der gallischen Moriner unterdrücken musste. Daraufhin wurden britische Gesandte bei ihm vorstellig, die versprachen, Geiseln zu stellen und die Römer zu unterstützen. Er empfing sie wohlwollend und sandte sie schließlich mit dem Atrebaten Commius, von dem er annahm, dass dieser einen gewissen Einfluss bei den Briten hatte, wieder zurück.

Im Jahr 55 v. Chr. stach Julius Caesar mit mehreren Legionen in See. Das Flottengeschwader bestand aus rund 80 Truppentransportern, 18 Transportschiffen für die Kavallerie und einigen Kriegsschiffen. Die Flotte überquerte zwar problemlos den Ärmelkanal, konnte aber zunächst die Truppen nicht anlanden, da britische Stammesaufgebote von den Hügeln an der Küste aus die Strände blockierten und die Schiffe mit der Kavallerie an Bord wegen eines Sturms wieder wenden und in ihre gallischen Häfen zurückkehren mussten. Nachdem Cäsar einige Stunden zugewartet hatten, segelte er mit der Flotte einige Meilen weiter, um einen besser geeigneten Landeplatz zu finden.

Die Briten unter der Führung von Cassivelaunus waren aber mit ihren Reitern und Streitwagen der Flotte entlang der Küste gefolgt und griffen die Römer noch während der Landung an. Dabei wurden auch viele von Cäsars Schiffen beschädigt. Trotz der prekären Situation gelang es den Legionären schließlich die Briten u.a. mit Hilfe von Brandgeschossen, die von den schweren Kriegsschiffen aus abgefeuert wurden, von der Küste zu vertreiben. Danach richteten sie ein Feldlager ein. Cäsar empfing erneut Gesandte, von denen er die Überstellung von Geiseln forderte. Bald traf auch Commius ein, der nach seiner Ankunft in Britannien sofort gefangengenommen worden war.

Die Briten überraschten daraufhin mit einer Reiterattacke einige Legionäre bei dem Versuch sich in der Nähe des Lagers Nahrungsmittel zu beschaffen. Die Soldaten konnten jedoch bald von römischen Kräften entsetzt werden. Nach einigen Tagen Kampfpause (aufgrund eines Sturms) erhielten die Briten Verstärkung und sammelten sich erneut, wurden aber beim Angriff auf die gut gedrillten Römer ein weiteres Mal zurückgeschlagen und verloren dabei eine große Anzahl ihrer Krieger. Erneut schickten die Briten Parlamentäre zu Caesar. Dieser verdoppelte noch einmal die Zahl der geforderten Geiseln, die mit nach Gallien genommen werden sollten, worauf aber nur zwei Stämme eingingen. Kurz vor der Tagundnachtgleiche schiffte sich Cäsars Armee wieder ein und kehrte nach Gallien zurück.

Zweiter Feldzug Caesars 54 v. Chr.

Im Jahr 54 v. Chr. kehrte Caesar mit einer größeren Armee nach Britannien zurück. Diese Kampagne war auch erfolgreicher als der vorangegangene Feldzug. Aber dieser Feldzug war eher als Bestrafung und nicht als Eroberungsfeldzug gedacht und mit Ende des Sommers zog sich die Armee, nach Zahlung von Tributen und der Stellung von Geiseln, wieder auf den Kontinent zurück – zumal Caesar sich jetzt auf den sich abzeichnenden Konflikt innerhalb des Ersten Triumvirats konzentrieren und zuvor auch die endgültige Eroberung und Unterwerfung Galliens abgeschlossen werden musste. Die Invasion der britischen Insel durch die Römer wurde damit um fast ein Jahrhundert aufgeschoben.

Eroberung Britanniens 43 n. Chr.

Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus

Bereits Caesars Erbe Augustus, der Begründer des Prinzipats, soll eine Invasion Britanniens geplant haben; einer seiner Nachfolger, Caligula (37 bis 41 n. Chr.), zog Truppen am Kanal zusammen, brach die Operation aber ab und ließ einen Leuchtturm errichten, um später das Übersetzen römischer Truppen zu erleichtern. Die Eroberung Britanniens wurde schließlich im Jahr 43 unter Caligulas Onkel und Nachfolger Claudius in Gang gesetzt. Claudius besaß nur geringes Ansehen bei den Truppen und musste sich daher dringend mit militärischen Lorbeeren schmücken, um seine Herrschaft dauerhaft abzusichern. Es bot sich daher an, das lang geplante Projekt der Eroberung Britanniens wieder aufzunehmen. Mit der Organisation und Durchführung wurde Aulus Plautius beauftragt. Dazu erhielt er den Befehl über insgesamt vier Legionen:

Seine Streitmacht umfasste somit ca. 20.000 Legionäre, dazu etwa die gleiche Anzahl von Hilfstruppen.

Als Landungspunkt der Invasoren galt lange ausschließlich Richborough im heutigen Kent im Südosten Englands; einige Archäologen haben dies jedoch in Frage gestellt und nehmen an, dass ein Teil der römischen Streitkräfte auch noch an anderen Punkten, zum Beispiel an der Mündung des Solent, auf der Insel gelandet sind. Die meisten Hinweise sprechen jedoch eindeutig für Richborough, zumal dort auch die Spuren eines großen Feldlagers aus claudischer Zeit entdeckt wurden. Auch Cassius Dios Beschreibung der Landezone passt gut auf die Topographie des östlichen Kent. Dennoch landete vermutlich noch eine zweite Armee in Hampshire, um dort die verbündeten Briten unter Verica zu unterstützen.

Der britische Widerstand wurde von den Söhnen des Königs Cunobelin (der Cymbeline in dem gleichnamigen Stück William Shakespeares), Togodumnus und Caratacus organisiert. Ein größeres britisches Aufgebot traf an einer nicht näher bestimmten Furt, die heute im Medway in der Nähe von Rochester vermutet wird, auf die Römer. Es folgte eine zweitägige Schlacht (Schlacht von Medway), in der die Briten bis zur Themse zurückgedrängt wurden. Die Römer verfolgten sie danach über den Fluss, wodurch die Briten weitere Männer in den Marschen von Essex verloren. Ob die Römer dabei eine schon bestehende Brücke nutzten oder selbst eine bauten, ist unsicher. Man weiß nur, dass eine Abteilung batavischer Hilfstruppen durch den Fluss geschwommen ist.

Bei diesem Treffen fiel einer der britischen Anführer, Togodumnus, was sie aber nur noch mehr gegen die Römer aufbrachte. Aufgrund dessen sah sich Aulus Plautius schließlich veranlasst, noch mehr Truppen aus Rom anzufordern. Nach einer Reihe weiterer ergebnisloser Kämpfe, die sich zwei Monate lang hinzogen, traf schließlich Claudius selbst in Britannien ein, um sich persönlich an die Spitze der Armee zu stellen. Inzwischen war es Plautius gelungen, die römischen Truppen in eine sehr günstige Angriffsposition zu manövrieren. Es wird berichtet, dass Claudius auch Kriegselefanten und schwere Waffen mitgebracht hatte, die den Widerstand der Briten schon im Keim ersticken sollten. Unter der nominellen Führung von Claudius belagerten und stürmten die Legionäre schließlich Cunobelinus’ Residenz Camulodunum (Colchester), was aber strategisch nachrangig war und nur zur Hebung der Moral der Truppen diente. Zudem war die daran anschließende Freigabe der Stadt zur Plünderung natürlich geeignet, Claudius' Ruhm und Ansehen bei seinen Soldaten zu mehren.

Nach einer weiteren vernichtenden Niederlage musste Caratacus nach Westen in die walisischen Berge fliehen von wo er aus noch einige Zeit den Kampf gegen die Römer fortsetzte. Im Südosten konnten elf Stämme unterworfen werden, und die römische Armee bereitete sich darauf vor, weitere Gebiete im Westen und Norden der Insel zu okkupieren. Verwaltungsmittelpunkt der neuen Provinz, die wohl 49 n. Chr. offiziell eingerichtet wurde, wurde zunächst Camulodunum, wo auch ein Tempel zu Ehren des Claudius errichtet wurde. Die Stadt wurde zu einer römischen Colonia erhoben. Claudius selbst blieb nur kurz auf der Insel und kehrte bald wieder nach Rom zurück, um dort einen Triumphzug abzuhalten. Er hatte damit sein Hauptziel erreicht und konnte sich in seiner Hauptstadt als siegreicher Feldherr feiern lassen; daneben ließ er aber auch Plautius, dem wahren Architekten des Sieges über die südöstlichen Briten, angemessene Ehrungen zukommen.

Abschluss der Eroberung

Karte Britanniens im Altertum

Vespasian zog mit einer Armee weiter nach Westen, unterwarf dabei weitere Stämme und eroberte auf seinem Weg einige ihrer Hillforts. Er gelangte dabei bis Exeter, vielleicht sogar bis in die Gegend um Bodmin. Die Legio IX wurde inzwischen nach Norden Richtung Lincoln in Marsch gesetzt. Es ist möglich, dass das gesamte Gebiet südlich der Linie des Humber bis zum Severn innerhalb von vier Jahren unter römische Kontrolle gebracht werden konnte. Auch eine Römerstraße, der sogenannte Fosse Way, entspricht exakt dieser Linie. Dies lässt manchen Historiker vermuten, dass sie in den ersten Jahren der römischen Besatzung als Limes gedient hat. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass die Grenze zwischen römischen und keltischen Britannien in dieser Zeit immer wieder starken Schwankungen unterworfen war.

Gegen Ende des Jahres 47 zog der neue Statthalter Britanniens, Publius Ostorius Scapula, gegen die Stämme in Kambrien (heute Wales) und dem Cheshire Gap ins Feld. Die Silurer im südöstlichen Wales verteidigten das walisische Grenzland jedoch erbittert und bereiteten Ostorius dadurch große Probleme. Caratacus wurde in einer Schlacht erneut geschlagen und floh in das Bergland der Pennines zum Stamm der Briganten, die aber bereits unter römischer Klientel standen. Deren Königin Cartimandua war nicht in der Lage (oder nicht willens), Caratacus in Anbetracht des Waffenstillstands mit den Römern zu schützen, und lieferte ihn umgehend an seine Feinde aus. Ostorius starb jedoch bald und wurde durch Aulus Didius Gallus ersetzt, der zwar die walisischen Grenzgebiete unter Kontrolle brachte, danach aber nicht mehr weiter in den Westen und Norden vordrang, vielleicht auch deswegen, weil Rom sich von einem lang hinziehenden Guerillakrieg im unzugänglichen Hochland keinen nennenswerten Gewinn versprach.

Nero, der 54 n. Chr. als Nachfolger des Claudius römischer Kaiser wurde, setzte die Eroberungen in Britannien dennoch fort. Er ernannte Quintus Veranius zum neuen Statthalter, einen Mann, der schon in Asia Erfahrungen im Umgang mit widerspenstigen Bergstämmen gesammelt hatte. Veranius und sein Nachfolger Gaius Suetonius Paulinus führten einen erfolgreichen Feldzug in Wales, bei dem im Jahre 60 das religiöse Zentrum der britischen Druiden, die im Widerstand gegen die Römer immer wieder eine bedeutende Rolle gespielt hatten, auf der Insel Mona gestürmt und zerstört werden konnte. Auch viele der Druiden wurden dabei getötet oder begingen Selbstmord.

Die vollständige Besetzung von Wales musste jedoch vorerst noch aufgeschoben werden, da ein viel gefährlicherer Aufstand der Icener und Trinovanten unter Führung der charismatischen Königin Boudicca losbrach, der die Römer zwang, sich wieder stärker dem schon befriedet geglaubten Südosten der Insel zu widmen. Der Historiker Sueton berichtet, dass die dramatischen Ereignisse des Boudicca-Aufstandes Nero sogar zu der ernsthaften Überlegung veranlasst hätten, sich wieder ganz aus Britannien zurückzuziehen, er dies aber aus Prestigegründen dann doch unterließ. Es gelang Paulinus, die zahlenmäßig wohl weit überlegenen Briten dank der Disziplin seiner Truppen in einer blutigen Entscheidungsschlacht zu besiegen. Die Politik der nachfolgenden Statthalter zielte dann vornehmlich auf eine Versöhnung mit den romfeindlichen Stämmen ab. Eine Beruhigung der Situation war vor allem der ausgleichenden Politik des Statthalters Marcus Trebellius Maximus (63–69) zu verdanken.

Nach der blutigen Niederschlagung der Rebellion Boudiccas und ihrer Verbündeten wurde die Eroberung weiterer Regionen im Norden nach längerer militärischer Zurückhaltung der Römer wieder fortgesetzt, nachdem sich Vespasian im Vierkaiserjahr 69 als neuer Herrscher des Imperiums durchgesetzt hatte. Die Silurer wurden erst nach einem längeren Feldzug unter Führung des Sextus Julius Frontinus im Jahre 76 endgültig unterworfen. Cartimandua sah sich gezwungen, römische Hilfe anzufordern, um so einer Rebellion ihres Ehemannes Venutius zu begegnen. Quintus Petilius Cerialis marschierte daraufhin mit seinen Legionen von Lincoln bis nach Eboracum (York) und schlug 70 n. Chr. die Aufrührer um Venutius bei Stanwick, was die bereits stark romanisierten Stämme der Briganten und Parisier noch enger an das Imperium band.

Neuer Statthalter wurde im Jahr 77 Gnaeus Iulius Agricola, der Schwiegervater des Historikers Tacitus. Dieser schilderte Agricolas Leben in einer Biographie, die wertvolle Informationen über das römische Britannien enthält. Agricola vollendete demnach die Unterwerfung der Ordovicer in Wales und führte seine Truppen danach die Pennines entlang nach Norden. Durch die Anlage neuer Straßen sicherte er das gewonnene Terrain weiter ab, zusätzlich zu diesen Maßnahmen ließ er das Legionslager von Chester errichten. Zu seiner Taktik zählte auch, lokale Stämme zuerst zu terrorisieren, bevor er ihnen Verhandlungen anbot. Im Jahr 80 hatte er den Fluss Tay erreicht, wo er das Kastell Inchtuthil anlegen ließ. Von hier aus stieß er weiter nach Moray vor, wo er einen vernichtenden Sieg über Kaledonische Stämme in der so genannten Schlacht am Mons Graupius errang (ob Tacitus die Bedeutung des Sieges übertreibt, ist umstritten). Des Weiteren befahl er der Flotte, die Nordspitze Schottlands zu umsegeln, um endgültig die Insellage Britanniens zu beweisen und die Inselgruppe der Orkneys für das Reich zu beanspruchen.

Britannien um 150 n.Chr.

Agricola wurde schließlich von Domitian wieder nach Rom zurückbeordert und scheint (so zumindest Tacitus) durch eine Reihe von unfähigen Nachfolgern ersetzt worden zu sein, die nicht in der Lage waren, die Unterwerfung des Nordens weiter voranzutreiben, zumal die Legionen nun an anderer Stelle, besonders an der Donau, benötigt wurden. Die Römer mussten sich dabei aber auch sicherlich die Frage stellen, ob die Kosten eines langwierigen Krieges in dieser unwirtlichen Region die ökonomischen oder politischen Vorteile aufwog, oder ob es nicht doch klüger war, sich mit einer de-iure-Unterwerfung der Kaledonier zu begnügen.

Festigung der Nordgrenze

Septimius Severus
Münchner Glyptothek

Während eines Aufenthaltes auf der Insel gab Kaiser Hadrian 122 den Befehl, die Grenze zwischen der römischen Provinz und dem Norden der Insel durch eine aufwändige Befestigungsanlage zu markieren: Dies war der Hadrianswall, der der Linie Tyne-Solway Firth folgte. Die Römer versuchten 142 dennoch, nach der Okkupation der schottischen Lowlands unter Hadrians Nachfolger Antoninus Pius die Grenze hinter den Flüssen Clyde und Forth zu stabilisieren, indem sie den Antoninuswall erbauten. Dieses neue Wallsystem wehrte nicht nur relativ wirksam die Einfälle der Nordstämme ab, sondern erleichterte auch wesentlich die Kontrolle über den Handel mit den dahinter liegenden Gebieten. Bereits um 162 wurden aber viele Truppen wieder vom Antoninus- an den Hadrianswall zurückverlegt. Unter Kaiser Marcus Aurelius und seinem Sohn Commodus musste man um 180 heftige Angriffe der Pikten abwehren, wobei sich der Offizier Lucius Artorius Castus besonders auszeichnete. Commodus verzichtete auf eine Gegenoffensive, was zu Unruhen und Meutereien der römischen Truppen führte, und nahm die Grenze um 180 endgültig wieder zurück an den Hadrianswall. Damit trat eine vorläufige Beruhigung ein.

193 wurde der britannische Statthalter Clodius Albinus im Zuge der chaotischen Ereignisse nach dem zweiten Vierkaiserjahr von seinen Truppen offenbar als Imperator akklamiert; er konnte sich zunächst mit seinem Rivalen Septimius Severus verständigen, doch 196 kam es zum offenen Konflikt, in dem Albinus 197 unterlag. Diese Vorgänge waren offenbar der Anlass, die Provinz zu teilen, damit dort fortan nicht mehr drei Legionen dem Kommando eines einzigen Statthalters unterstanden. Römische Truppen drangen danach mehrfach in den Norden des heutigen Schottland vor, darunter im Jahr 209, als Septimius Severus, der auch den Hadrianswall verstärken ließ, in einem verlustreichen Feldzug eine kaledonische Konföderation schlug und ihre formale Unterwerfung annahm, ohne dass dies Einfluss auf den Grenzverlauf hatte; der Kaiser starb 211 in Eboracum (York). Nach der Usurpation des Postumus, 260, gehörte Britannien für einige Jahre dem so genannten Imperium Galliarum an, bevor es Kaiser Aurelian 274 wieder der Zentralgewalt in Rom unterwarf.

Spätantike

Gegen Ende des 3. Jahrhunderts war Britannien militärisch erneut zu einem Machtfaktor innerhalb des Römischen Reiches geworden. Im Jahr 287 gelang es Carausius, einem romanisierten Gallier aus der Provinz Belgica, sich mit Hilfe seiner Armee in Britannien zum Gegenkaiser gegen Diokletian ausrufen zu lassen. Carausius beanspruchte ein Sonderreich, bestehend aus Britannien und dem an den Kanal angrenzenden Teil Galliens. Britannien war vom Kontinent aus nur schwer zu erobern, zumal man der Bedrohung durch seit etwa 250 von See her einfallende germanische Völker mit teilweise neu errichteten, stark befestigten Kastellen an der Sachsenküste Herr zu werden versucht hatte. Diese strategisch wichtigen Festungen und Flottenstationen, wohl bemannt mit Carausius’ loyalsten Offizieren und Soldaten, konnten nun genauso gut auch römische Invasoren vom Kontinent abwehren. Constantius Chlorus, der nach der Teilung des Reiches durch Diokletian Caesar (Unterkaiser) und Adoptivsohn des westlichen Kaisers Maximian geworden war, erhielt im Jahre 293 im Rahmen der Tetrarchie Britannien und Gallien als Zuständigkeitsbereich zugeteilt. Sofort schickte er sich an, mit Hilfe einer neuen Flotte die nordgallischen und die britannischen Provinzen zurückzugewinnen. Nach der Rückeroberung Gesoriacums, des heutigen Boulogne, durch Constantius wurde Carausius von Allectus ermordet. Dieser machte sich selbst zum Nachfolger des Usurpators und zog sich mit seinen fränkischen und sächsischen Truppen nach Britannien zurück, wo er von Constantius Chlorus und dessen Feldherrn, dem Prätorianerpräfekten Asclepiodotus, nach ihrer Landung im Jahre 296 sofort in die Zange genommen und vernichtend geschlagen wurde. Constantius zog daraufhin in Londinium (London), der Hauptstadt der Britannia superior ein, dessen Bevölkerung, die endlich Frieden wünschte, sich ihm widerstandslos unterwarf. Die Rückgewinnung Britanniens wurde auf Münzen gefeiert.

Goldmünze des Constantius Chlorus mit einer Darstellung seines triumphalen Einzugs in Londinium (LON).

Die anschließende Verwaltungsreform des Kaisers Diokletian brachte eine weitere Aufteilung der Provinzen auf dem Gebiet Britanniens mit sich, die wahrscheinlich von Constantius Chlorus bei seinem Aufenthalt in Britannien eingeleitet wurde. Möglicherweise wurde zuerst eine Teilung der Provinz Britannia superior in die Teile Britannia prima und Maxima Caesariensis durchgeführt, Britannia inferior wurde dadurch zu Britannia secunda. Bald darauf dürfte jedoch die Provinz Britannia Caesariensis, welche ihren Beinamen vom Caesar Constantius Chlorus selbst erhalten hatte, nochmals geteilt worden sein. Jedenfalls verzeichnen spätere Listen neben Britannia prima und Britannia secunda spätestens ab 314 auch noch die Provinzen Maxima Caesariensis und Flavia Caesariensis, welche vielleicht nach Diokletians Kollegen Maximian und zweifellos nach seinem Caesar Constantius Chlorus, der eigentlich Flavius Valerius Constantius hieß, benannt worden waren.

Im Sommer 306 kam es in York erneut zu einer Usurpation: Konstantin der Große, der Sohn des Constantius, ließ sich nach dem Tod seines Vaters widerrechtlich zum Kaiser ausrufen. Es gelang ihm allerdings, nachträglich vom neuen Oberkaiser Galerius als Caesar anerkannt zu werden. Auch im weiteren 4. Jahrhundert wurde Britannien, das nun zusammen mit Gallien und Hispanien einem Prätorianerpräfekten unterstand, dem in spätrömischer Zeit höchsten Zivilbeamten, von Usurpationen heimgesucht. Grund dafür war einerseits die exponierte, weit von jeder Zentrale entfernte Lage der Provinzen und andererseits die noch immer recht hohe Truppenkonzentration. Da der archäologische Befund widersprüchlich ist, ist in der Forschung umstritten, wie es um die ökonomische Situation der Insel in diesen Jahren bestellt war. Besonders Flavius Theodosius stellte dann in den 360er Jahren noch einmal erfolgreich die Ordnung in Britannien her, wobei er es 367/68 mit einer „barbarischen Verschwörung“ von Pikten, Skoten und Angelsachsen zu tun hatte, die die beiden militärischen Anführer der römischen Truppen auf der Insel getötet hatten.

In der Spätantike wurde im ganzen Reich die militärische Führung von der zivilen getrennt und das Heer in Bewegungsheer (Comitatenses) und Grenztruppen (Limitanei) aufgeteilt. Den Oberbefehl über die Grenztruppen an der britischen Nordgrenze mit dem Hadrianswall hatte der Dux Britanniarum. Die Grenztruppen an der stark befestigten südlichen Sachsenküste befehligte zunächst ein Comes Maritimi Tractus, der auch die Grenztruppen an der Nordküste Galliens befehligte. Ende des 4. Jahrhunderts wurde die Zuständigkeit beidseitig des Ärmelkanals aufgeteilt und ein Comes litoris Saxonici per Britanniam erhielt das Oberkommando über die Grenztruppen an den südlichen Küsten Britanniens. Den Oberbefehl über das Feldheer für ganz Britannien hatte in der Spätantike der Comes Britanniarum inne. Dieser besaß, gestützt auf die auf der Insel stationierte Elite des römischen Feldheeres, eine herausragende Stellung im spätantiken römischen Militär.

Der Comes Britanniarum Magnus Maximus nahm 383 im Rahmen seiner Usurpation einen großen Teil der römischen Truppen mit nach Gallien, wo viele gemeinsam mit ihm den Tod fanden – nach Ansicht einiger Historiker (zum Beispiel Guy Halsall) war er es, der zuvor die ersten angelsächsischen Föderaten auf der Insel ansiedelte, doch ist dies umstritten. Einige Zeit später wurden noch einmal neue römische Truppen nach Britannien verlegt. Der Dichter Claudian bezeugt, dass der weströmische magister militum Stilicho noch 398/99 eine Offensive gegen Pikten und Skoten durchführen ließ, bevor man 401/02 erneut zahlreiche Einheiten des britannischen Feldheeres abzog, um Italien gegen die Westgoten zu sichern. Wohl um diese Zeit ließ ein praepositus namens Justinian in Ravenscar einen Festungsturm erneuern und aus diesem Anlass die letzte bekannte römische Bauinschrift Britanniens setzen: Iustinianus p(rae)p(ositus) Vindicianus magister turr[e]m castrum fecit a so(lo) (AE 1954, 15).

Die archäologischen Belege aus diesen letzten Jahren kaiserlicher Herrschaft zeigen vielerorts Zeichen des Niedergangs bzw. der Rückkehr zu vorrömischen Lebensweisen, die auf der Insel ohnehin nie verschwunden waren. Das Leben in den römischen Städten und Villen entwickelte sich seit dem letzten Viertel des 4. Jahrhunderts weniger stark, Tonscherben aus der Zeit nach 400 gibt es dort kaum, römische Münzen aus der Zeit nach 402 sind auf der Insel selten und nach 407 praktisch nicht mehr vorhanden. Als sich schließlich der Comes Britanniarum Konstantin III. 407 als Nachfolger des Usurpators Gratian (dem wiederum war schon die Usurpation des Marcus vorausgegangen) zum Kaiser aufschwang und den Ärmelkanal mit dem größten Teil der noch verbliebenen Truppen überquerte, hatte die römische Militärpräsenz in Britannien wohl faktisch ihr Ende gefunden. Die "Römische Armee", die auf Befehl des Usurpators aus Britannien abgezogen wurde, war eher eine unruhige Söldnertruppe, die sich von der weströmischen Zentralregierung im Stich gelassen fühlte, auf Konstantins Person eingeschworen war und ihm die Treue hielt, solange er seine Männer und ihre Familien mit dem Nötigsten versorgen konnte. Dennoch wird der Usurpator, der ja in einen Bürgerkrieg zog, zweifellos gerade die loyalsten und kampfstärksten Einheiten mit nach Gallien genommen haben; wenn Truppen in Britannien zurück blieben, dann wohl die Grenzsoldaten (limitanei).

Bereits 409 sagten sich die britannischen Provinzen von Konstantin III. los, vermutlich kam es zu einem Aufstand. Traditionell gelten die Jahre zwischen 409/10 als der Zeitpunkt, an dem die letzten regulären Truppen die Insel verließen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies, wie oben erwähnt, vor allem das mobile Feldheer betraf, während Teile der Grenztruppen im Land geblieben sein dürften, sich aber aus dem Norden zurückzogen. Dennoch galt zumindest in der älteren Forschung das Jahr 410 als das "Ende" des römischen Britanniens. Erst in jüngerer Zeit misst man diesem Datum weniger praktische Bedeutung bei als früher.

„Dunkles Zeitalter“

Sehr wenige Quellen stehen für die Zeit nach 410, das "Dunkle Zeitalter", zur Verfügung: Gildas schrieb im späteren 6. Jahrhundert einen Bericht über die Eroberung Britanniens durch die Angelsachsen, doch ist selbst dieser nicht immer zuverlässig und zudem nur begrenzt informativ. Die anonyme Chronica Gallica von 452 stellt lediglich knapp fest, 441 sei die Insel, die seit einer Weile von Unheil heimgesucht worden sei, für die Römer verloren gegangen und an die Sachsen gefallen: Britanniae usque ad hoc tempus variis cladibus eventibusque latae in dicionem Saxonum rediguntur (Chron. Gall. a CCCCLII, ad ann. 441). 511 vermeldet dann ein weiterer namenloser Chronist, 440 sei Britannien von den Römern aufgegeben worden und unter sächsische Herrschaft gelangt (Britanniae a Romanis amissae in dicionem Saxonum cedunt; Chron. Gall. a DXI, ad ann. 440).

Die nächsten Quellen sind erst wieder aus dem Früh- und Hochmittelalter überliefert, wie Beda Venerabilis im frühen 8. Jahrhundert, die Anglo-Saxon Chronicle und die Historia Britonum aus dem 9. Jahrhundert sowie die um 1136 von Geoffrey von Monmouth verfasste Historia Regum Britanniae. Der über das bei Gildas Berichtete hinausgehende Inhalt dieser Quellen zum 5. und 6. Jahrhundert in Britannien wird heute als größtenteils unhistorisch bzw. als legendenhaft eingeschätzt.

Nach Ansicht der meisten Forscher lassen die archäologischen und literarischen Quellen lediglich eine grobe Rekonstruktion zu: Bald nach dem Abzug der römischen Truppen brach offenbar die Verteidigung der Nordgrenze zusammen. Die britischen Städte wurden von Skoten und Pikten ausgeplündert und niedergebrannt, angeblich die Bevölkerung ganzer Ortschaften ermordet. Kaiser Honorius wies die um Hilfe nachsuchenden civitates von Britannia laut Zosimos im Jahr 410 an, ihre Verteidigung selbst in die Hand zu nehmen, wobei es sich bei den meisten civitates aber wohl nur um kleine Ortschaften handelte. Nach Ansicht von Forschern wie David Mattingly unterlief Zosimos hier allerdings ein Irrtum – der Kaiser habe sich nicht an Britannia, sondern vielmehr an die Stadt Bruttium in Italien gewandt. Die meisten Historiker nehmen auch an, dass die römische Gesellschaft und Kultur 410 sich nicht mit einem Schlag auflöste, sondern man spricht von einem "sub-römischen Britannien", in dem man etwa 30 Jahre lang versucht habe, die vertraute Lebensweise zu wahren. In der ersten Generation nach Abzug der kaiserlichen Truppen konnten sich die römischen civitates auf der Insel mit Hilfe germanischer Föderaten (s. u.) offenbar noch einigermaßen behaupten. Es gibt daneben archäologische Hinweise dafür, dass die römischen Küstenfestungen im Südosten der Insel auch noch einige Zeit nach 410 sich zwar in befestigte Zivilsiedlungen verwandelten, aber weiter bemannt blieben und verteidigt wurden. Anscheinend schwang sich damals ein lokaler kelto-romanischer Aristokrat, den die spätere Überlieferung als Vortigern in Erinnerung behielt, zum Herrscher über die Provinzialen auf. Gildas bezeichnet diesen Mann als tyrannus, was im spätantiken Latein der Begriff für einen Usurpator war. Möglicherweise verbirgt sich hinter dem "Namen" Vortigern der keltische Titel Gwrtheyrn, den man als "Oberherr" übersetzen könnte. Ob Vortigern - wie die Usurpatoren in Britannien zuvor - für sich ebenfalls kaiserliche Würden reklamierte und wie weit seine Herrschaft reichte, ist allerdings unklar.

Bald fielen Angeln, Sachsen und Friesen in die nun wehrlosen Provinzen ein, wobei man sich darunter jedoch keine Völkerwanderung in einer großen Welle vorstellen darf; vielmehr war es wohl so, dass die meisten Germanen in kleineren Gruppen von Kriegern auf die Insel kamen. Auch genetische Analysen aus Gräberfeldern dieser Zeit legen nahe, dass die Anzahl dieser Neuzuwanderer anfangs nicht sehr groß gewesen sein dürfte. Wahrscheinlich hatten die römisch-britischen Bewohner Britanniens die meisten der Angelsachsen als foederati angeheuert, die nach Abzug oder Auflösung der regulären kaiserlichen Verbände die Verteidigung der Nordgrenze gegen Pikten und Skoten übernehmen sollten. Einzelne germanische Gruppen waren möglicherweise auch schon als reguläre Einheiten der römischen Armee auf die Insel gekommen. Gildas macht den oben erwähnten tyrannus für die Anwerbung der Angelsachsen verantwortlich, bei Beda Venerabilis wird dieser Mann dann erstmals als Vortigern bezeichnet. Laut der Historia Brittonum erfolgte die Anwerbung der angelsächsischen Söldner im Jahr 428, doch ob diese Datierung auch zutrifft ist, ist unklar. Bemerkenswerterweise gibt es Hinweise darauf, dass Bischof Germanus von Auxerre 429 römische Truppen in einem erfolgreichen Feldzug gegen Pikten und Skoten angeführt haben soll (Prosp. Tiro ad ann 429); der Bischof war vor seinem Eintritt in den Klerus kaiserlicher Amtsträger gewesen sein und daher darauf vorbereitet, ein solches Kommando zu führen. Was genau sich hinter dieser Nachricht verbirgt, ist aber unklar. Andere Quellen sprechen von einer lediglich kirchlichen Mission des Germanus, der gegen die Verbreitung des Pelagianismus unter den Christen Britanniens vorgegangen sei.

Tremissis des Anthemius

Um 440/441 kam es zu einigen umwälzenden Ereignissen, die für seine Zeitgenossen das Ende des römischen Britanniens markierte, wie die oben erwähnten gallischen Chroniken belegen. Wahrscheinlich war dies der Zeitpunkt, zu dem sich die Angelsachsen erhoben. Der Rebellion der foederati konnten die Provinzialen zumal im Osten der Insel wenig entgegensetzen. Viele gingen wohl zu den Germanen über oder unterwarfen sich, während sich andere nach Norden und Westen zurückzogen. DNA-Analysen von "angelsächsisch" bestatteten Menschen aus diesen Jahren haben vor einiger Zeit gezeigt, dass es sich oft um Kelto-Romanen handelte, die offenbar die Lebensweise und Kultur der Sieger angenommen hatten.

Bei Gildas wird von einem Hilferuf der romanisierten Briten an den weströmischen Heermeister Aëtius um 446 berichtet (was zu den Angaben der beiden gallischen Chroniken passen würde), doch sah sich Westrom damals längst mit größeren Problemen konfrontiert; Britannien war zu einem peripheren (und nur mehr formalen) Bestandteil des Imperiums geworden, aus dem längst keine Steuereinnahmen mehr nach Rom flossen. Dennoch gibt es Belege für fortbestehende Kontakte zwischen dem südlichen Britannien und dem damals noch römisch kontrollierten nördlichen Gallien. Es kam zudem zu einer Auswanderungswelle von Briten in das heute Bretagne genannte Gebiet.

Um 470 unterstützte ein Riothamus genannter römisch-britischer Warlord in Gallien vergeblich den weströmischen Kaiser Anthemius gegen die rebellierenden Westgoten, worüber mehrere zeitgenössische gallische Quellen berichten. Die spätere keltische Tradition kennt zudem einen Anführer mit dem römischen Namen Coelius/Coel, der als Old King Cole in die volkstümliche Überlieferung einging. Wie Gildas berichtet, gelang es den Briten unter Führung von Ambrosius Aurelianus um das Jahr 500, das Vordringen der Angelsachsen noch für einige Jahrzehnte aufzuhalten. Erst für die siebziger Jahren des 6. Jahrhunderts berichtet die Angelsächsische Chronik, dass König Ceawlin die Gebiete der Angelsachsen verbinden und die römisch-britischen Herrschaftsbereiche auf Wales und Cornwall zurückdrängen konnte.

Dort konnten sich die „römischen“ Briten noch längere Zeit halten, wobei aber der römische Charakter ihrer Zivilisation nebst der lateinischen Sprache bald endgültig verloren ging. Dies bedeutete das Ende der Spätantike für Britannien (im übrigen Europa sollte sie noch länger andauern) und war mit einem enormen materiellen Niedergang verbunden. Die römische Kultur verschwand fast spurlos (auch wenn in Wales noch im 6. Jahrhundert vereinzelt lateinische Inschriften mit korrekter Consulatsdatierung gesetzt wurden), und auch das Christentum scheint in den von Angelsachsen beherrschten Gebieten zurückgedrängt worden zu sein. Die Römer gaben den Anspruch auf Britannien allerdings de iure nie auf – noch um das Jahr 540 scheint Kaiser Justinian I. die Insel als prinzipiell zum Imperium gehörig betrachtet zu haben.

Gesellschaftliche Struktur

Romanisierung

Britannien auf der Tabula Peutingeriana (rekonstruierter Abschnitt)

Pragmatisch wie die Römer waren, bauten sie in Britannien in relativ kurzer Zeit eine hoch effiziente Infrastruktur auf, um ihre militärische Eroberungen noch weiter abzusichern und was ihnen dabei am wichtigsten war, die Steuererträge erheblich zu steigern. Sie erschlossen so schließlich ihren Herrschaftsbereich in Britannien (bis auf einige Ausnahmen im Westen der Insel) recht gut, wobei jedoch der Grad der Romanisierung in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Am stärksten wirkte sich der römische Einfluss im Süden und Osten aus, wo der kulturelle Einfluss vom Kontinent am spürbarsten und auch die Urbanisierung am stärksten fortgeschritten war. Hier setzte sich die lateinische Sprache bis in die unteren Bevölkerungsschichten durch. Ab dem 2. Jahrhundert machte in diesen Regionen auch die christliche Missionierung erste Fortschritte. Die genauen Mechanismen der Romanisierung sind in der jüngeren Forschung aber umstritten.

In welchem Grad die Römer auf die politischen oder ökonomischen Vorgänge im benachbarten Hibernia (Irland) Einfluss nahmen, ist bis heute nicht genau geklärt.

Wirtschaft

Wirtschaftlich waren die Römer vor allem an Zinn und Gold aus Britannien interessiert. Darüber hinaus machten sie eine neue, im Wollertrag leistungsfähigere Schafrasse aus Kleinasien auf der Insel heimisch und legten damit einen wichtigen Grundstein für die britische Wollproduktion. Wirtschaftliches Zentrum Britanniens war auch damals schon Londinium. Über die wirtschaftliche Stärke der Insel herrscht in der Forschung, wie bereits angedeutet, keine Einigkeit, zumal einige antike Autoren klagen, Britannien koste das Imperium mehr, als es ihm einbringe. Im 3. und 4. Jahrhundert war die Insel wohl für die Versorgung der römischen Truppen am Rhein zuständig und dürfte daher teilweise prosperiert haben, doch gibt es angesichts widersprüchlicher Befunde – etwa was die römischen civitates Britanniens angeht – unterschiedliche Positionen in der Forschung.

Provinzen

Die Provinzeinteilung Britanniens um das Jahr 410 n. Chr.

Britannien war anfangs nur in einer einzigen Provinz organisiert, deren Hauptstadt Camulodunum war. Nach den Vorgängen im Zuge des Aufstandes der Boudicca in dieser Stadt ging diese Funktion auf Londinium über.

Bald nach 197 n. Chr. – nach dem Sieg über Clodius Albinus – erfolgte unter Kaiser Septimius Severus die Zweiteilung der Provinz:

Eine weitere Aufteilung der Provinzen erfolgte im Zuge der Reichsreform unter Diokletian:

369, nach der erneuten Befriedung der Insel durch Flavius Theodosius, kam unter Kaiser Valentinian I. schließlich noch eine fünfte Provinz, Valentia, im Norden hinzu, ihre Hauptstadt wurde Luguvallium (Carlisle).

Britannien wurde, wie die meisten Provinzen, unterhalb der Provinzialadministration des Statthalters für gewöhnlich von den civitates aus verwaltet. Daneben gab es noch die Grenzregionen, die direkt vom Militär organisiert und überwacht wurden, und zumindest bis 212 auch die Gebiete, die einer der Veteranenkolonien Britanniens unterstanden.

Bekannte Civitates

Zu den Bürgerkolonien zählten die Städte

Gebiete unter Militärverwaltung waren große Teile des heutigen Wales und der Nordwesten der Provinz (Hadrianswall).

Zeittafel

  • 54 v. Chr. – Caesars 2. Feldzug nach Britannien
  • 44 – Aulus Plautius versucht den Rest der Insel zu unterwerfen. (Er hatte nur ungenaue Vorstellungen von der Größe der Insel.)
  • 47 – Publius Ostorius Scapula folgt Aulus Plautius als Statthalter nach.
  • 60/61 – Boudicca, die Witwe des keltischen Klientelkönigs der Icener, stellt sich an die Spitze eines Aufstandes mehrerer Stämme gegen die Römer, nachdem diese vertragswidrig versucht hatten sich das Stammesgebiet der Icener einzuverleiben. Nach einem Sieg der Koalition über die Legio IX zerstört und plündert sie Camulodunum, Londinium und Verulamium, laut Tacitus werden dabei über 70.000 Römer erschlagen. Als sie jedoch die entscheidende Schlacht bei Mancetter verliert, begeht sie Selbstmord.
  • 62–69 – Fortschritt der Romanisierung Südbritanniens unter den Statthaltern Petronius Turpilianus und Trebellius Maximus.
  • zwischen 78–84, Statthalterschaft des Agricola.
  • 78 – Agricola führt im Norden der Provinz einige Feldzüge durch.
  • 117 – Hadrian ordnet bei einem Besuch auf der Insel den Bau des vallum Hadriani an, "...um die Barbaren von den Römern zu trennen". Unter seinem Nachfolger Antoninus Pius wird die Grenze um 150 weiter nach Norden verschoben und mit einem Holz-Erde Wall befestigt (Antoninuswall). Dieser wird aber nach nur wenigen Jahren wieder aufgegeben und die Grenze wieder (diesmal endgültig) an den Hadrianswall zurückverlegt.
  • 193, der britannische Statthalter Clodius Albinus erhebt Anspruch auf den Kaiserthron, wird aber 197 in der Schlacht von Lugdunum von den Legionen des Septimius Severus geschlagen und auf der Flucht getötet.
  • 211, Kaiser Septimius Severus stirbt während eines Feldzuges gegen die Nordstämme in Eboracum.
  • um 211 – Die römischen Garnisonen am Hadrianswall bestehen nun großteils aus einheimischen Soldaten.
  • 260 – Britannien fällt zeitweilig an den Usurpator Postumus.
  • 306 – der Augustus des Westens Constantius Chlorus stirbt in Eboracum (York), sein Sohn Konstantin der Große wird von seiner Armee zum Nachfolger ausgerufen.
  • 409 – Britannien rebelliert gegen Konstantin III und sagt sich von ihm los.
  • 410 – Der weströmische Kaiser Honorius verweigert (so die traditionelle Lesart) militärische Hilfe und teilt den britischen Magistraten in einem Schreiben mit, dass sie sich in Zukunft selbst verteidigen müssten. Während der folgenden Jahrzehnte löst sich die römische Verwaltungsorganisation auf der Insel größtenteils auf, auch der Münzumlauf kommt zum Erliegen.
  • um 440 – Der weströmische magister militum Aëtius unterhält zwar noch Kontakte zu den Magistraten der Städte in Britannien, lehnt aber ebenfalls jegliche militärische Hilfe ab. Um diese Zeit rebellieren Angelsachsen, die die verbliebenen civitates als foederati ins Land gerufen hatten, und bringen in den folgenden zwei Jahrhunderten das Gebiet des heutigen England schrittweise unter ihre Herrschaft.
  • 577 - Schlacht von Deorham: Nach dem Sieg der Angelsachsen werden die Briten im Wesentlichen auf Wales und Cornwall zurückgedrängt.

Siehe auch

Quellen

(in Auswahl)

Literatur

Wichtige Beiträge finden sich in der nur diesem Thema gewidmeten Fachzeitschrift Britannia.

Weblinks

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