Alfons X. (Kastilien)

Alfons X. (Kastilien)
Alfons X. von Kastilien (Abbildung aus dem Libro de los juegos, 1251–1282)

Alfons X., genannt der Weise (El Sabio) (* 23. November 1221 in Toledo; † 4. April 1284 in Sevilla), war König von Kastilien und León von 1252 bis 1282 und von 1257 bis 1273 (1284) König (Gegenkönig) des Heiligen Römischen Reiches. Er war der erste Sohn von Ferdinand III. dem Heiligen und Elisabeth (genannt Beatrix von Spanien), einer Tochter des deutschen Königs Philipp von Schwaben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein beträchtlicher wissenschaftlicher Ruf basiert darauf, dass er sowohl der Verfasser mehrerer größerer Gedichte sowie eines chemischen und eines philosophischen Werkes war, als auch die Astronomie und die Anerkennung der ptolemäischen Kosmologie förderte, die ihm durch die Mauren (Araber) bekannt geworden waren. So ließ er für 40.000 Dukaten die Ptolemäischen Planetentafeln verbessern, welche nach ihm die Alfonsinischen Tafeln genannt wurden (1252). Der Alfonskrater auf dem Mond ist nach ihm benannt.

Er gründete in Toledo eine Übersetzerschule aus Juden, Moslems und Christen, die große Leistungen in der Vermittlung arabischen und jüdischen Wissens ins christliche Europa vollbrachte. Hier wurden sowohl das Alte Testament aus der lateinischen Fassung der Vulgata ins Spanische übersetzt als auch klassische Werke über Astronomie, Mathematik und Philosophie.

Alfons gilt als der Begründer der kastilischen Nationalliteratur. Er ließ von seinen Historiographen die erste allgemeine Geschichte von Spanien in kastilischer Sprache zusammenstellen und die öffentlichen Urkunden in der Landessprache abfassen.

Als Herrscher zeigte er gesetzgeberische Fähigkeiten und den lobenswerten Wunsch, seinem Königreich ein Gesetzbuch und ein beständiges Rechtssystem zu verschaffen. Er vollendete die von seinem Vater begonnene Gesetzsammlung Las Siete Partidas, welche aber erst 1501 allgemeines Landrecht wurde. Der Fuero Real war unzweifelhaft seine Arbeit. Aber ihm fehlte die Entschlusskraft eines Regenten, der sich selbst einer Organisation unterwirft, ebenso die Kombination aus Festigkeit und Mäßigung, um mit seinen Adligen zu regieren.

Seine Abkunft von den Hohenstaufen durch seine Mutter Elisabeth, eine Tochter des Königs Philipp von Schwaben, gab ihm das Recht, die schwäbische Linie zu vertreten. Die Wahl der Kurfürsten 1257, nach dem Tod von Wilhelm von Holland 1256, bei der er die gleiche Anzahl Stimmen (beide vier Stimmen) wie der Gegenkandidat Richard von Cornwall erhielt, verführte ihn dazu, über das römisch-deutsche Königtum die prestigeträchtige Kaiserkrone anzustreben; dies wurde jedoch nie verwirklicht, weil er das nötige Geld für einen Romzug nicht aufbringen konnte. Um Geld zu erhalten, verschlechterte er die Münzen und bemühte sich anschließend, die Preissteigerung durch ein eigenwilliges Steuersystem im Griff zu behalten. Der Kleinhandel in seinem Herrschaftsgebiet wurde ruiniert, und die Bürger und Bauern wurden schwer geschädigt. Seine Adligen, die er versuchte, durch sporadische Gewaltakte einzuschüchtern, rebellierten gegen ihn. Die einstimmige Wahl Rudolfs I. von Habsburg zum römisch-deutschen König 1273 bedeutete faktisch Alfons' Absetzung als König des Heiligen Römischen Reiches.

Sein zweiter Sohn Sancho stellte Ansprüche auf den Thron vor den Kindern von Ferdinand de la Cerda, seinem ältesten Sohn, der aber vor Alfons gestorben war. Indem er Sancho als Thronfolger anstelle von Ferdinands Söhnen bestimmte, provozierte Alfons 1275 einen Bürgerzwist und einen Krieg mit Frankreich, da der französische König Philipp III. sich seiner Schwester Blanka, der Witwe Ferdinands, und ihrer Kinder annahm.

Alfons X. (Statue in Madrid, J. Alcoverro, 1892).

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Krieges gegen Frankreich versuchte Alfons mit Unterstützung von Aragonien, Katalonien und Valencia die Nation durch einen Kreuzzug gegen die Mauren wieder zu einen, und eroberte dabei Jerez, Medina-Sidonia, San Lucar, Cádiz, einen Teil der Algarve und vereinigte Murcia mit Kastilien. Als er sich aber mit den Herrschern von Marokko verbündete, denunzierten ihn sein Sohn und die Adligen, die die Mauren unterstützt hatten, als Gegner des Glaubens.

Als schließlich Alfons zugunsten seiner Enkel eine Teilung des Reichs vornehmen wollte, empörten sich sein Sohn Sancho und die kastilischen Großen und entthronten ihn 1282. Eine Gegenreaktion zu seinen Gunsten begann in seinen letzten Lebensjahren, aber er starb, nach mehreren vergeblichen Versuchen zur Wiedererlangung des Throns, als Flüchtling geschlagen und einsam in Sevilla, ein Testament hinterlassend, in dem er sich bemühte, Sancho vom Erbe auszuschließen und damit einen Bürgerkrieg zu vermeiden.

Zusätzlich zu seinen übrigen Leistungen gab Alfons X. (falls er nicht selbst daran mitarbeitete) viele schriftstellerische Werke in Auftrag, zum Beispiel die Cantigas de Santa Maria, mehr als 400 galizische Lieder von europäischer Bedeutung über die Jungfrau Maria, und 1283 das Libro de los juegos („Buch der Spiele“, auch „Codex Alfonso“), das als erste und bedeutendste Schachproblemsammlung des Mittelalters gilt und heute im Escorial aufbewahrt wird. Beinahe alle der 103 Schachaufgaben sind arabische Mansuben.[1]

Nachkommen

aus der außerehelichen Verbindung mit María Guillén de Guzmán:

  1. Beatrix von Kastilien

aus der Ehe mit Violante von Aragón:

  1. Ferdinand, jung verstorben
  2. Berengaria von Kastilien (1253–nach 1284). Sie war mit Louis, dem Sohn von König Ludwig IX. von Frankreich, verlobt, dieser starb jedoch 1260 und sie trat in das Kloster von Las Huelgas ein
  3. Beatrix von Kastilien (1254–1280), ∞ Wilhelm VII. von Montferrat
  4. Ferdinand de la Cerda (1255–1275) ∞ Blanche, Tochter von Ludwig IX. von Frankreich
  5. Eleonore von Kastilien (1257–1275)
  6. König Sancho IV. von Kastilien (1258–1295)
  7. Konstanze von Kastilien (1258–1280), Nonne
  8. Pedro von Kastilien (1260–1283)
  9. Johann von Kastilien (1262–1319)
  10. Isabella, jung verstorben
  11. Violante von Kastilien (1265–1296) ∞ Diego Lopez de Haro
  12. Jaime von Kastilien (1266–1284)

Werke

  • Alfons X. „der Weise“: Das Buch der Spiele. Übersetzt und kommentiert von Ulrich Schädler und Ricardo Calvo, Lit Verlag, Münster 2009, ISBN 978-3-643-50011-3.

Einzelnachweise

  1. Manfred Zucker: Was ist ein Schachproblem (9. Folge). In: Schach 5/1991, S. 50

Literatur

  • Manuel González Jiménez: Alfonso X el Sabio, Barcelona 2004. ISBN: 84-344-6758-5
  • Emilio Sáez u.a.: Artikel Alfons X. der Weise. In: Lexikon des Mittelalters. Band 1, 1999, Sp. 396–398.
  • O.R. Constable: Chess and Courtly Culture in Medieval Castile: The "Libro de Ajedrez" of Alfonso X, el Sabio. In: Speculum. Band 82, Nr. 2, 2007, S. 301–347
  • Joseph F. O'Callaghan: The Learned King. The Reign of Alfonso X of Castile. University of Pennsylvania Press, Philadelphia 1993, ISBN 0-8122-3226-7
  • Joseph Snow: The poetry of Alfonso X, el Sabio. A critical bibliography. Grant & Cutler, London 1977, ISBN 0-7293-0042-0
  • Ottokar Lorenz: Alfons X.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 338 f.
  • Arnald Steiger: Alfons X., der Weise. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 198 f. (Onlinefassung).

Weblinks

 Commons: Alfons X. (Kastilien) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Vorgänger Amt Nachfolger
Wilhelm von Holland Römisch-deutscher (Gegen-)König
1257–1273
Rudolf I. von Habsburg
Ferdinand III. König von Kastilien und León
Blason Castille Léon.svg

1252–1284
Sancho IV.

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