Gleichstellungspolitik

Gleichstellungspolitik

Unter Gleichstellung versteht man die Maßnahmen der Angleichung der Lebenssituation von im Prinzip als gleichwertig zu behandelnden Bevölkerungsgruppen (wie Mann und Frau), unter Gleichbehandlung die Maßnahmen zur Angleichung der benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen (Behinderte, Migranten, Kinder bildungsferner Eltern) in allen Lebensbereichen. Die Begriffe umfassen die Chancengleichheit und die soziale Gerechtigkeit auf Grundlage der Menschenrechte.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Gleichstellung umfasst einige Thematiken, die aufgrund der unterschiedlichen Konzeptionen, der unterschiedlichen gesellschaftlichen Resonanz und der unterschiedlichen politischen Maßnahmen differenziert behandelt werden:

Zusätzlich umfasst das Thema auch spezifische Regelungen für spezielle Bevölkerungsgruppen:

  • Prostitutionsgesetz (Deutschland) – Gleichstellung von Prostituierten bei der Sozialversicherung

Ausdrücklich ausgenommen sind die speziellen Regelungen zum Schutz der Frau bei Schwangerschaft und Mutterschaft.

Gleichstellung und Gleichberechtigung

Der Begriff der Gleichstellung grenzt sich ab gegen denjenigen der Gleichberechtigung. Während die Gleichberechtigung die juristische Gleichbehandlung zum Ziel hat, geht die Diskussion um Gleichstellung davon aus, dass die juristische Gleichbehandlung nicht automatisch zu einer faktischen Gleichbehandlung führt. Die Gleichstellung ist in Deutschland 1994 durch den Zusatz zu Artikel Art. 3 Abs. 2. Satz 2 GG: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ zum Staatsziel erklärt worden[1]. Dabei bestand im Gesetzgebungsverfahren Einigkeit, dass das Staatsziel „an alle Träger öffentlicher Gewalt gerichtet sein soll, keinen Individualanspruch auf ein bestimmtes staatliches Handeln einräumt und der Einwirkungsbereich nicht auf den Binnenbereich des Staates, namentlich den öffentlichen Dienst beschränkt ist, sondern der verbindliche Förderauftrag sich auf alle Bereich der Gesellschaft erstreckt.“[2]

Positive Diskriminierung

-> Hauptartikel: Affirmative Action

Parallel zur deutschen Entwicklung von der Gleichberechtigung zur Gleichstellung entwickelte sich in den USA das Konzept von positiver Diskriminierung bzw. Affirmative Action und integrierte sich auch mehr und mehr im deutschen Sprachraum. Das Gegenteil von Gleichstellung ist nicht ausschließlich Benachteiligung. Vielmehr ist die Ungleichbehandlung von Individuen der Regelfall, diese schließt Benachteiligung mit ein. Gleichstellung ist „positive Diskriminierung(Positive discriminierung, Affirmative Action). Zwar sind politische Bestrebungen zur Gleichstellung mit jenen zur Chancengleichheit häufig identisch. Aber oft widersprechen sich politische Bestrebungen zur Gleichstellung und Bestrebungen zur Gleichberechtigung. Die Gleichberechtigung richtet das Augenmerk auf die Gerechtigkeit jedem einzelnen Menschen gegenüber ohne Ansehen seiner „Gruppenzugehörigkeit“. Die Gleichstellung hingegen strebt die Gleichheit von Gruppen an, indem sie Einzelne aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit ungleich behandelt (positive Diskriminierung).

Das umfasst etwa die Frauenförderung, die weibliche Bürger bevorzugt behandelt, solange etwa eine Frauenquote nicht erreicht ist, die geschlechterspezifischen Regelungen am Arbeitsplatz, die speziellen Ausnahmeregelungen zum Schutz ethnischer Minderheiten oder die Hilfestellung, die zivilisierte Gesellschaften politisch Verfolgten angedeihen lassen. Im Zuge der Gleichstellung der Geschlechter wird auch die Benachteiligung von Männern aufgrund ihrer Geschlechterrolle in bestimmten Bereichen betrachtet.

Einschlägige Rechtsnormen

Weltweit:

EU-weit:

Deutschland:

Österreich:

  • Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (GlBG), Österreich im Arbeitsleben
  • Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), Österreich im Bereich des Bundes
  • Landes-Gleichbehandlungsgesetze, teils auch Antirassismusgesetz, Österreich im Bereich der Länder
  • Gemeinde-Gleichbehandlungsgesetze, Österreich im Bereich der Gemeinden eines Landes

Schweiz:

Die Schweiz hat keine allgemein umfassende Rechtsnorm, sondern nur nach Themen getrennte Gleichstellungsbestimmungen. [3]

Liechtenstein:

Gleichstellungsgesetz 1999

Frankreich:

Gleichstellungsgesetz (Behinderte), 2005, frz. loi pour l'égalité des droits et des chances, pour la participation et pour la citoyenneté des personnes handicapées vom 11. Februar 2005 (N° 2005-102, JO N° 36 vom 12. Februar 2005, S. 2353), kurz Loi handicap

Gleichstellung von Tier und Sache

In bestimmten Kontexten wie der ethischen Diskussion über Tierschutz wird darüber hinaus sogar von der zivilrechtlichen Gleichstellung von Tier und Sache gesprochen. Gemäß § 90a BGB sind Tiere zwar keine Sachen, werden aber so behandelt, also ob (Analogie (Recht)). Dieser Paragraf gilt als deklaratorische Norm, der z. B. auf dem Gebiet des Strafrechts keine Bedeutung zukommt.

Weblinks

  • Geschichte der Gleichstellung in der Schweiz ab 1848 [1]

Einzelnachweise

  1. Deutsches Jugendinstitut, Interview mit PD Dr. Waltraud Cornelißen, DJI: Thema 2006/05: „Gleichstellung auf dem Prüfstand“, gesehen am 25.4.2008
  2. Uwe Berlit in „Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. N.F.,44.1996 “, Mohr Siebeck 1996, ISBN 3161465490, S. 58.
  3. Schweizer Gleichstellungsbestimmungen, admin.ch

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