Gleichmäßige Konvergenz

Gleichmäßige Konvergenz

In der Analysis beschreibt gleichmäßige Konvergenz die Eigenschaft einer Funktionenfolge (f_n)_{n\in\N}, mit einer vom Funktionsargument unabhängigen „Geschwindigkeit“ gegen eine Grenzfunktion f zu konvergieren. Im Gegensatz zu punktweiser Konvergenz erlaubt der Begriff der gleichmäßigen Konvergenz, wichtige Eigenschaften der Funktionen fn wie Stetigkeit, Differenzierbarkeit und Riemann-Integrierbarkeit, auf die Grenzfunktion f zu übertragen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Gegeben seien eine Funktionenfolge

\left(f_n\colon D_f\subseteq\R\to\R\right)_{n\in\N},

die jeder natürlichen Zahl n eine reellwertige Funktion zuordnet, und eine Funktion f. Alle fn sowie f seien auf derselben Definitionsmenge Df definiert. Die Folge (f_n)_{n\in\N} konvergiert genau dann gleichmäßig gegen f, wenn

\lim_{n\rightarrow\infty}\,\sup_{x\in D_f} \left|f_n(x)-f(x)\right|=0.

Man betrachtet hier die absolute Differenz von f_n\left(x\right) und f\left(x\right) für alle x aus dem Definitionsbereich. Die Menge dieser Differenzen ist entweder unbeschränkt oder hat eine kleinste obere Schranke, ein Supremum. Gleichmäßige Konvergenz von fn gegen f bedeutet, dass dieses Supremum für fast alle n existiert und gegen Null geht, wenn n gegen unendlich strebt.

Man kann diesen Sachverhalt auch anders definieren: Alle Bezeichnungen seien wie oben. Dann konvergiert fn gleichmäßig gegen f genau dann, wenn für alle \varepsilon > 0 ein N \in \N existiert, so dass für alle n \ge N und für alle x \in D_f gilt:

\left|f_n(x)-f(x)\right| < \varepsilon.

Beispiel

Die Funktionenfolge

\left(f_n\colon \left(0,\frac{1}{2}\right]\to\R\right)_{n\in \N}\ \text{mit}\  f_n(x)=x^n

konvergiert auf ihrem Definitionsbereich für n\to \infty gleichmäßig gegen

f\colon \left(0,\frac{1}{2}\right]\to\R\ \text{mit}\  f(x)=0

Vergleich zwischen gleichmäßiger und punktweiser Konvergenz

Die Wahl von N bei gleichmäßiger Konvergenz hängt nur von \epsilon ab. Im Gegensatz dazu hängt bei punktweiser Konvergenz N sowohl von \epsilon als auch von x ab, für diese schwächere Form von Konvergenz gilt:

\forall x \in D_f \ \forall \varepsilon > 0 \ \exists N \in \N \ \forall n \ge N : \quad \left|f_n(x)-f(x)\right| < \varepsilon,

d. h., für punktweise Konvergenz muss es für jedes x und für jedes \epsilon > 0 eine natürliche Zahl N geben, so dass für alle n\geq N gilt: \left|f_n(x)-f(x)\right| < \varepsilon.

Aus der gleichmäßigen Konvergenz folgt die punktweise Konvergenz, aber nicht umgekehrt. Beispielsweise konvergiert die Funktionenfolge F=(f_n)_{n\in \N} definiert durch

f_n(x) = \begin{cases} 0, & x \leq n \\ 1, & x>n \end{cases}

punktweise gegen die Nullfunktion f\equiv 0 für jedes x\in\R, ist aber keine gleichmäßig konvergente Folge.

Bezeichnung

Für die gleichmäßige Konvergenz einer Funktionenfolge (f_n)_{n\in \N}, die gegen f strebt, wird meistens eine der folgenden Bezeichnungen verwendet[1][2]

f_n\underset{n\ }{\Rightarrow}f,

oder

f_n\underset{n\ }{\rightrightarrows}f,

oder

\underset{n\to \infty}{\mathrm{Lim}}f_n=f.

Gleichmäßige Konvergenz in einem Punkt

Eine Funktionenfolge (f_n)_{n\in\N} heißt in dem Punkt ξ gegen f gleichmäßig konvergent, wenn

\forall \varepsilon > 0 \ \exists N \in \N\ \exists \delta>0\ \forall x \in (D_f\cap\{y\mid |y-\xi|<\delta\}) \ \forall n \ge N : \left|f_n(x)-f(x)\right| < \varepsilon.

Wenn statt für alle n die Gültigkeit der Ungleichung |f_n(x)-f(x)| < \epsilon für mindestens ein n verlangt wird, dann heißt die Konvergenz uniform. Gleichmäßig konvergente Folgen sind auch uniform konvergent. Die uniforme Konvergenz impliziert keine punktweise Konvergenz.[3]

Sei

  • \mathfrak{G}\, die Klasse der gleichmäßig konvergenten Funktionenfolgen,
  • \mathfrak{J}\, die Klasse der in jedem Punkt gleichmäßig konvergenten Funktionenfolgen und
  • \mathfrak{P}\, die Klasse der in jedem Punkt punktweise konvergenten Funktionenfolgen.

Damit gilt: \mathfrak{G}\varsubsetneq \mathfrak{J} \varsubsetneq \mathfrak{P}.

Die oben erwähnte Funktionenfolge F\, liegt in \mathfrak{J}\setminus \mathfrak{G}, ist also in jedem Punkt gleichmäßig konvergent, aber nicht global.

Ein Beispiel für eine Funktionenfolge aus \mathfrak{P}\setminus \mathfrak{J} ist (h_n)_{n\in\N} definiert durch

h_n(x) = \begin{cases} 0, & x \in \textstyle A_n:= (\R \setminus \Q) \cup \{y \in \Q \mid y = \tfrac{p}{q}, p \in \Z, q \in \N, 0 < q \leq n \} \\ 1, & x\notin A_n \end{cases}

Die Funktionenfolge (h_n)_{n\in\N} konvergiert punktweise gegen die Nullfunktion. Denn jede rationale Zahl y liegt in allen An, deren n gleich oder größer ist als der Nenner in der vollständig gekürzten Darstellung des Bruches y. Andererseits liegen im Schnitt einer An und einem beliebigen Intervall immer nur endlich viele rationale Zahlen. Daher gibt es zu jedem n und jeder Zahl z \in A_n stets (unendlich viele rationale) Zahlen, deren Abstand zu z beliebig klein ist und die nicht in An liegen. Also konvergiert die Folge \textstyle(h_n)_{n\in \N} in keinem Punkt gleichmäßig.

Einfach-gleichmäßige Konvergenz

Die Funktionenfolge (f_n)_{n\in\N} heißt gegen f einfach-gleichmäßig konvergent, wenn

\forall \varepsilon > 0 \ \exists N \in \N \ \forall x \in D_f : \operatorname{Card}(\{n \mid n\geq N,\  \left|f_n(x)-f(x)\right| < \varepsilon \})=\aleph_0.

Jede gleichmäßig konvergente Funktionenfolge ist auch einfach-gleichmäßig konvergent.

Folgerungen

Wie schon erwähnt, ermöglicht der Begriff der gleichmäßigen Konvergenz ausgehend von Eigenschaften der Folge Aussagen über die Grenzfunktion, was bei punktweiser Konvergenz nicht möglich ist. Im Folgenden seien die Bezeichnungen wie bei der Definition oben, I sei ein reelles Intervall. Es ergeben sich folgende Sätze:

Stetigkeit

Es sei F=(f_n)_{n\in\N} eine Folge stetiger Funktionen. Wenn F gleichmäßig gegen f konvergiert, dann ist f stetig.[4]
Sei F=(f_n)_{n\in\N} eine gegen f punktweise konvergente Funktionenfolge. Alle fn seien noch dazu in ξ stetig. f ist in ξ stetig genau dann, wenn F in dem Punkt ξ uniform konvergent ist.[3]
Die Menge der Punkte gleichmäßiger Konvergenz sowie die Menge der Punkte uniformer Konvergenz einer überall punktweise konvergenten Funktionenfolge ist Gδ-Menge.[3]
Die gleichmäßig konvergenten Funktionenfolgen mit kompaktem Definitionsbereich sind alle gleichgradig stetig.[1]
Sei I ein kompaktes Intervall und F=(f_n)_{n\in\N} eine auf I gleichgradig stetige Folge. Wenn F punktweise gegen f konvergiert, dann konvergiert sie auch gleichmäßig.
Sei F=(f_n)_{n\in\N} eine Funktionenfolge mit kompaktem Definitionsbereich D. F besitzt genau dann eine gleichmäßig konvergente Teilfolge, wenn F gleichgradig stetig ist und in jedem Punkt von D beschränkt ist (Satz von Arzelà-Ascoli).[1]

Differenzierbarkeit

Für die Differenzierbarkeit der Grenzfunktion ergibt sich kein derart starkes Resultat wie für die Stetigkeit. Es seien die fn differenzierbar auf I und gleichmäßig konvergent gegen f. Im Allgemeinen braucht die Grenzfunktion nicht einmal differenzierbar zu sein, und wenn sie es ist, muss ihre Ableitung keineswegs gleich dem Grenzwert der Ableitungen der Folge sein. So konvergiert z. B. die durch \textstyle f_n(x)=\frac{\sin(nx)}{n} definierte Funktionenfolge gleichmäßig gegen 0, die Folge der Ableitungen (f'_n)_{n\in \N} aber nicht.
Allgemein kann man sagen: Es seien alle fn differenzierbar. Wenn (f_n)_{n\in\N} in einem Punkt konvergiert und die Folge der Ableitungen (f_n')_{n\in\N} gleichmäßig gegen g konvergiert, dann konvergiert fn punktweise gegen ein f und f ist differenzierbar mit der Ableitung g.

Integrierbarkeit

Für das Riemann-Integral auf Intervallen kommutieren bei gleichmäßiger Konvergenz Integration und Grenzwertbildung:


Es seien alle fn (Riemann-)integrierbar. Wenn (f_n)_{n\in\N} gleichmäßig gegen f konvergiert, dann ist f Riemann-integrierbar, und das Integral von f ist der Grenzwert der Integrale der fn.


Beispiel für eine punktweise aber nicht gleichmäßig konvergente Funktionenfolge, bei der das Integral nicht mit dem Grenzwert kommutiert: Für jedes n \in  \N ist die Funktion f_n\colon[0,2]\to\R definiert durch

f_n(x)=\begin{cases}n^2x&0\leq x\leq 1/n\\2n-n^2x&1/n\leq x\leq2/n\\0&x\geq2/n\end{cases}

stetig und daher Riemann-integrierbar. Für das Integral gilt

\int_0^2f_n(x)\,\mathrm dx=1.

Die Funktionenfolge (f_n)_{n\in\N}\; konvergiert punktweise gegen die Nullfunktion f(x) = 0 für alle x \in [0,2]. Somit ist

1=\lim_{n\to\infty}\int_0^2f_n(x)\,\mathrm dx\ne\int_0^2\lim_{n\to\infty}f_n(x)\,\mathrm dx=0.


Punktweise Konvergenz reicht also nicht aus, damit Grenzwert und Integralzeichen vertauscht werden dürfen.

Satz von Dini

Wenn I ein kompaktes Intervall und (f_n)_{n\in\N} eine monotone Folge stetiger Funktionen ist (d. h. fn + 1(x)fn(x) oder fn + 1(x)fn(x) für jedes n und beliebiges x), die punktweise gegen eine ebenfalls stetige Funktion f konvergiert, dann konvergiert (f_n)_{n\in\N} auch gleichmäßig.

Gleichmäßige Konvergenz im Komplexen

Die gleichmäßige Konvergenz für komplexwertige Funktionenfolgen kann genau so wie im Falle von reellwertigen Funktionenfolgen definiert werden. Eine Funktionenfolge

F=(f_n:D_f\subseteq\mathbb{C}\to\mathbb{C})_{n\in \N}

heißt gegen

f:D_f\subseteq\mathbb{C}\to\mathbb{C}

gleichmäßig konvergent, wenn

\forall \varepsilon \in \R_+ \ \exists N \in \N \ \forall z \in D_f \ \forall n \ge N : \left|f_n(z)-f(z)\right| < \varepsilon.

F heißt chordal gleichmäßig konvergent, wenn

\forall \varepsilon \in \R_+ \ \exists N \in \N \ \forall z \in D_f \ \forall n \ge N : \chi(f_n(z),f(z)) < \varepsilon,

wobei

\chi(w,z)=\frac{|w-z|}{\sqrt{(1+|w|^2)(1+|z|^2)}}

die Bezeichnung für chordalen Abstand ist.

Sei

  • \mathfrak{K}(D)\, die Klasse der auf D gleichmäßig konvergenten Funktionenfolgen,
  • \mathfrak{H}(D)\, die Klasse der auf D chordal gleichmäßig konvergenten Funktionenfolgen und
  • \mathfrak{B}(D)\, die Klasse der auf D gegen eine in D beschränkte Funktion punktweise konvergenten Funktionenfolgen.

Es gilt

\mathfrak{H}(D)\cap \mathfrak{B}(D)\subset \mathfrak{K}(D)\varsubsetneq \mathfrak{H}(D)\,

Grenzübergang unter dem Integralzeichen

\gamma\, sei eine rektifizierbare Kurve. Die Elemente der Funktionenfolge

F=(f_n:\gamma^\ast\to\mathbb{C})_{n=1,2,\ldots}

seien alle stetig. Wenn F gegen

f:\gamma^\ast\to\mathbb{C}

gleichmäßig konvergiert, dann gilt für den Grenzübergang unter dem Integralzeichen

\lim_{n\to\infty} \int_\gamma f_n(z)\mathrm{d}z=\int_\gamma f(z)\mathrm{d}z

Siehe auch

Quellen und Bemerkungen

  1. a b c H. Heuser: Lehrbuch der Analysis. B. G. Teubner, Stuttgart 1984, ISBN 3-519-22221-3, Teil 1, XIII., 103., 106.
  2. V. Zorich: Analysis II. Springer, 2007, ISBN 978-3-540-46231-6.
  3. a b c F. Hausdorff: Grundzüge der Mengenlehre. 1914, Chelsea Publishing Co., New York 1949, Kap. IX, § 4.
  4. Hier ist die gleichmäßige Konvergenz nicht notwendig. Ausreichend ist auch die einfach-gleichmäßige Konvergenz.

Weblinks


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