Glarner Hauptüberschiebung

Glarner Hauptüberschiebung
Glarner Hauptüberschiebung und Martinsloch, Bündner Seite, Aquarell von Hans Conrad Escher von der Linth
Hauptüberschiebung am Tschingelhorn, von Elm
Glarner Hauptüberschiebung an Atlas (rechts) und Tschingelhörnern (links)

Die Glarner Hauptüberschiebung ist eines der berühmtesten Geotope der Glarner Alpen in den Schweizer Kantonen Glarus, Graubünden und St. Gallen.

Die Glarner Hauptüberschiebung entstand als sich aufgrund der Plattentektonik eine ältere Gesteinsschicht 40 Kilometer nach Norden auf eine jüngere Gesteinsschicht schob. Die 10 bis 15 Kilometer dicke obere Schicht aus rötlichem Verrucanogestein hat ein Alter von etwa 250 bis 300 Millionen Jahre. Die untere jüngere Schicht aus schiefrigem Flysch ist dagegen lediglich 35 bis 50 Millionen Jahre alt. Diese Schichtung von älterer über neuerer Gesteine ist dank einer hellen Trennschicht aus Kalkstein besonders gut erkennbar.[1]

Gut zu sehen ist die Überschiebung an den durch das Martinsloch bekannten Tschingelhörnern zwischen Elm und Flims sowie bei einer Lochsite genannten Stelle im unteren Sernftal bei Sool, einer leicht zugänglichen Stelle im Talgrund, von der im American Museum of Natural History in New York eine naturgetreue Kopie gezeigt wird.[2]

Inhaltsverzeichnis

UNESCO Weltnaturerbe

Als Tektonikarena Sardona wurde die Hauptüberschiebung im Juli 2008 von der UNESCO zusammen mit einem 32'850 Hektar grossen Gebiet in das Weltnaturerbe aufgenommen. Zum Welterbegebiet gehören sieben Dreitausender – darunter der namensgebende Piz Sardona und der Ringelspitz – sowie der Pizol.[3] Die Arena erstreckt sich über mehrheitlich hochalpine Landschaft auf dem Gebiet von 19 Gemeinden zwischen Vorderrheintal, Linthtal und Walensee.[4] Von den 19 Gemeinden in der Tektonikarena Sardona liegen deren vier (Laax, Flims, Trin, Tamins) in Graubünden, deren sechs (Pfäfers, Bad Ragaz, Vilters, Mels, Flums, Quarten) im Kanton St. Gallen und die restlichen neun (Elm, Matt, Engi, Sool, Ennenda, Mollis, Filzbach, Obstalden, Mühlehorn) im Kanton Glarus.[5]

Nachdem die Experten der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) der Hauptüberschiebung aufgrund des ihnen vorliegenden Dossiers zunächst keinen aussergewöhnlichen, universellen Wert zusprechen wollten, hat der Bund ein erstes Gesuch an die UNESCO zurückgezogen und 2006 ein überarbeitetes Dossier für einen neuen Antrag erstellt. Im März 2008 wurde die Kandidatur auf Empfehlung der IUCN auf die Bedeutung des Gebietes für Gebirgsbildungsprozesse und für das Verständnis der Plattentektonik erweitert.[6][7] Das Hauptaugenmerk legte die UNESCO auf den bildenden und wissenschaftlichen Aspekt der Region. Durch die gute Sichtbarkeit der Schichten ist auch für den Laien der Gebirgsbildungsprozess nachvollziehbar.[1]

Bedeutung für die Theorie der Gebirgsbildung

Die Glarner Hauptüberschiebung trug zur Erkenntnis der Gebirgsbildung durch Überschiebung von Gebirgsdecken bei.

Untersuchungen an der Glarner Hauptverschiebung veranlassten den Schweizer Wissenschaftler Hans Konrad Escher von der Linth 1809, die bis dahin gültige Theorie der Gebirgsbildung durch Endschrumpfung anzuzweifeln. Sein Sohn Arnold Escher von der Linth, Geologieprofessor an der Universität Zürich, führte die besondere Schichtung der Glarner Alpen ebenfalls auf eine Überschiebung zurück. Aufgrund der feindseligen und spöttischen Reaktionen auf die Erkenntnisse seines Vaters und Angst vor ähnlichen Diskreditierungen veröffentlichte er jedoch stattdessen eine andere Theorie und erklärte die Schichtung mit der "Glarner Doppelfalte". Diese Theorie besagte, dass zwei von Norden und Süden aufeinander zulaufende Falten sich am Foopass trafen. An der Kontaktfläche beider Falten soll demnach eine mehrfach verworfene Flyschmulde entstanden sein.[1]

Unabhängig davon erkannte 1884 der französische Geologe Marcel Alexandre Bertrand eine Überschiebung als Ursache für die Gesteinsanordnung in den Glarner Alpen, was 1901 von dem Schweizer Geologieprofessor Albert Heim bestätigt wurde.

Einzelnachweise

  1. a b c Birgit Adam: Faszinierendes Schauspiel der Gebirgsbildung. Schweizer Tektonikarena Sardona In: Einzigartiges Weltkulturerbe. wissenmedia GmbH Geschäftsbereich Verlag, Gütersloh/München 2009, ISBN 978-3-577-14384-4, S. 176–179.
  2. Geopark Sardona (englisch)
  3. Geopark Sardona: The Glarus overthrust - a singular tectonic phenomenon (englisch)
  4. Neue Zürcher Zeitung: Artikel vom 8. Juli 2008
  5. Nominationsdossier: Dokument auf http://www.glarnerhauptueberschiebung.ch
  6. geo-life: Mark Feldmann Glarner Überschiebung
  7. BAFU: Swiss Tectonic Arena Sardona: Thematisch erweiterte Kandidatur als UNESCO-Welterbe Medieninformation

Weblinks

Überschiebung an den Tschingelhörnern (auch „Tschingelhoren“) mit Martinsloch von Elm. Links Piz Segnas und rechts der Spitzen der Tschingelhörner der Ofen.
Überschiebung an (von links) Atlas, Piz Segnas und ganz rechts Piz Dolf. Der Dorn im Hintergrund ist der Piz Sardona. Sicht vom Fil de Cassons

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