Giotto di Bondone

Giotto di Bondone
Giotto-Denkmal in Florenz
Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel, Fresko in der Cappella degli Scrovegni, Padua
Freskofragment in der Lateransbasilika. Dargestellt ist, wie Papst Bonifatius VIII. 1300 das erste Heilige Jahr verkündet.

Giotto di Bondone (* 1266 in Vespignano[1] bei Florenz; † 8. Januar 1337 in Florenz), auch bekannt als Giotto, war ein italienischer Maler.

Giotto gilt als der entscheidende Wegbereiter der italienischen Renaissance (Rinascimento).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Durch Quellen ist belegt, dass Giotto als Sohn des Schmiedes Bondone in Florenz aufgewachsen ist. Die meisten Experten sind der Ansicht, dass Giotto sein tatsächlicher Name war. Andere meinen, dies sei eine Kurzform von Ambrogio (Ambrogiotto) oder Angelo (Angiolotto).

Sein Leben bezeugen die um 1450 geschriebenen Commentarii (Künstlergeschichten) Lorenzo Ghibertis, die dann von Giorgio Vasari Mitte des 16. Jahrhunderts wiederaufbearbeitet wurden und damit allgemeine Bekanntheit erlangten. Dort wird berichtet, Giotto sei als armer Junge in Vespignano im Mugello (in der Nähe von Florenz) aufgewachsen und sei von dem Maler Cimabue beim Zeichnen seiner Schafe auf einem Stein entdeckt worden, während er sie hütete. Dabei habe der Wunderknabe so naturgetreu gezeichnet, dass darüber selbst erfahrene Künstler staunten. Diesen Berichten liegt eine Kernidee der Künstlerauffassung der Renaissance zugrunde: Die des Genies, das als solches geboren wird.

Wahrscheinlich, aber nicht belegt, trat Giotto als Lehrling in Cimabues Werkstatt ein. Bald erhielt er Aufträge nicht nur aus Florenz. Papst Benedikt XII. holte ihn nach Rom, wo er zehn Jahre lang tätig war; auch König Robert von Neapel nahm ihn in seine Dienste. Er wurde schließlich als Architekt und Bildhauer berühmt, war als Schöngeist und Dichter bekannt. Der Schriftsteller Cennino Cennini bewunderte ihn als Überwinder der "maniera greca/byzantina" und pries seine technischen Fertigkeiten. Die Anerkennung seiner Zeitgenossen drückte sich auch in materiellem Erfolg aus: Im Gegensatz zu seinen Kollegen zählte Giotto zu den Honoratioren, er besaß Immobilien in Florenz und in Rom.

Campanile (Glockenturm) in Florenz

Nach 1320 kehrte er nach Florenz zurück, wo er in der Folge eine blühende Werkstatt unterhielt. 1334 wurde er leitender Baumeister am Dom von Florenz. Dessen Campanile trägt seinen Namen, obwohl seine Nachfolger (die Fertigstellung erlebte er selbst nicht mehr) von seinen Plänen erheblich abwichen.
Giotto starb 1337 während der Arbeiten an einem Jüngsten Gericht in der Bargello-Kapelle in Florenz.

Giotto wurde auch von Boccaccio im Decamerone (6. Tag, 5. Geschichte) und von Dante Alighieri in der "Göttlichen Komödie" erwähnt; mit beiden war er befreundet. Der Dichter Petrarca besaß eine Jungfrau mit Kind Giottos und drückte seine Überzeugung aus, jeder Kunstkenner müsse von ihr hingerissen sein. Auch Michelangelo hat sich von Giottos „Himmelfahrt des heiligen Johannes“ in Santa Croce in Florenz anregen lassen, wie eine Studie von seiner Hand zeigt.

Leistung

Eine Künstleranekdote über Giotto besagt, dass dieser eines Tages auf ein Kunstwerk seines Meisters Cimabue eine kleine Fliege malte, die so täuschend echt aussah, dass Cimabue sie mehrmals versuchte fortzuscheuchen, ehe er die Illusion erkannte. Cimabue soll daraufhin der Ansicht gewesen sein, dass Giotto ihn übertroffen habe. Die Fliege wurde zu einem Symbol künstlerischen Fortschritts.

Giottos gesamtes Werk behandelt religiöse Themen. Er gilt als „der eigentliche Begründer der italienischen Malerei, speziell der toskanischen Freskomalerei. Sowohl in der Technik (er bediente sich dabei der Feigenmilch und des Eigelbs) als in der Farbengebung trat er als Neuerer auf; er verlieh den Farben Helligkeit und Klarheit ...“ (so Meyers Konversationslexikon von 1888). Als bedeutendste Aspekte seines Schaffens gelten jedoch die hohe Natürlichkeit und Lebhaftigkeit seiner Figuren, ebenso wie die Vorbereitung der Perspektive.

Damit überwand er die ikonographischen Normen der byzantinischen Malerei, die seit Generationen die Maler des Abendlandes beeinflusst hatte. Er leitete die Entwicklung ein, die schließlich zu dem für die nachgotische Kunst in Italien (Rinascimento) typischen Realismus führte. „Giotto nun war es, der sich auf das Gegenwärtige und Wirkliche hin ausrichtete... das Weltliche gewinnt Platz und Ausbreitung, wie denn auch Giotto im Sinne seiner Zeit dem Burlesken neben dem Pathetischen eine Stelle einräumte“ (Hegel).

Während für die herkömmliche Malerei zweidimensionale Figuren charakteristisch waren, die als Symbole vor einem mit Symbolen dekorierten flächigen Hintergrund angeordnet waren, stellte Giotto plastisch modellierte Individuen in einen perspektivischen Raum, die zueinander Beziehungen unterhalten. Indem er seine Figuren mit Breite und Faltenwurf ausstattete (wie es die Plastiker bereits im Bamberger, Magdeburger und im Naumburger Dom getan hatten), verlieh er ihnen natürlich wirkendes Volumen und Gewicht. Dies lässt bereits die Kreuzigung in der Santa Maria Novella in Florenz - eine seiner frühen Arbeiten - deutlich erkennen. Laut Vasari war seine Darstellung des Hl. Franziskus in Basilika San Francesco Assisi (siehe Abb.) einigen Kritikern sogar zu natürlich (und damit zu weltlich) geraten.

Beweinung Christi, Cappella degli Scrovegni, (Padua)

Giottos Hauptwerk (und am besten erhalten) ist wohl der große Freskenzyklus in der Cappella degli Scrovegni all’ Arena (Scrovegni-Kapelle) in Padua, der aus über 100 Szenen aus dem Leben Mariä und dem Leben Jesus, insbesondere der Passionsgeschichte besteht, und von 1304 bis 1306 entstanden ist. Er verwendete dort auch gemalte Architekturelemente, die dem Betrachter Nischen vortäuschen (trompe-l'oeil), in denen allegorische Figuren zu stehen scheinen. Masaccio und Michelangelo wurden direkt davon beeinflusst.

Anbetung der Heiligen Drei Könige, Cappella degli Scrovegni (Padua)

Eine berühmte Szene aus diesem Zyklus ist die Anbetung der Heiligen Drei Könige, in der ein kometenähnlicher Stern am Himmel schwebt (wahrscheinlich, neben dem Teppich von Bayeux, eine der frühesten Darstellungen des Halleyschen Kometen, der wenige Jahre vorher mit bloßem Auge zu sehen war).

Basilika San Francesco, Oberkirche mit Giotto zugeschriebenen Fresken

Die „Ognissanti-Madonna“ in den Uffizien (siehe Abb.) stammt gleichfalls aus dieser Periode und ist das einzige größere Tafelbild Giottos, das erhalten ist.

Bemerkenswert ist auch, dass vor der Zeit von Giottos Freskenzyklus in der Cappella degli Scrovegni in Padua Himmel nur sehr selten blau gemalt wurden und die Farbe Blau überhaupt nur äußerst spärlich zum Einsatz kam. Dies ist zumindest zum Teil auf einen Mangel an erschwinglichen blauen Pigmenten zurückzuführen; gemahlenes Lapislazuli, welches Giotto für seinen Freskenzyklus einsetzte, war unglaublich teuer und kam von "jenseits der See" (deshalb auch "Ultramarin" genannt).

An seinem Zeitgenossen Duccio di Buoninsegna in Siena rühmt man das teilnehmend Menschliche, den individuellen Ausdruck. Giotto dagegen vermittelte den Betrachtern seiner Werke das Gefühl der Tastbarkeit und der Tiefe im Raum. Er war es folgerichtig auch, der sich mit der Zeit von dem traditionellen Goldhintergrund abwandte und den Himmel über der Landschaft blau anlegte. Er machte auch die ersten ernsthaften Versuche, perspektivische Verkürzung in Landschaften und Gebäudedarstellungen zu realisieren.

Die Leistung Giottos steht einsam da in seiner Zeit; erst zwei Generationen später konnten Künstler der Frührenaissance wie Andrea Orcagna, Altichiero da Zevio oder Masaccio an die von ihm angestoßene Entwicklung anknüpfen.

Die Zuschreibung mancher Werke zu Giotto ist immer noch umstritten; dies gilt besonders für die Franziskuslegende in Assisi. Manche Werke werden heute überwiegend als Arbeiten seiner Werkstatt angesehen.

Eine weitere der vielen Legenden, die sich um sein Lebenswerk ranken, besagt, er habe dem Abgesandten des Papstes, der eine Probearbeit von ihm haben wollte, nichts anderes als einen so perfekten Kreis freihändig gemalt, wie man ihn mit dem Zirkel nicht besser hätte machen können („Giottos O“).

Der Tod des hl. Franziskus, Bardi-Kapelle

Werke

Siehe auch

Zu Ehren Giottos wurden auch wissenschaftliche Projekte der heutigen Zeit mit seinem Namen versehen, siehe Giotto.

Literatur

  • M. Boskovits: Giotto di Bondone. In: Dizionario Biografico degli Italiani Band 55 (online bei Treccani.it)
  • Samuel Y Edgerton: Giotto und die Erfindung der dritten Dimension, München 2003
  • Joachim Fernau: Giotto, ausführlicher Artikel in Knaurs Lexikon alter Malerei, München/Zürich 1958
  • Max Imdahl: Giotto. Arenafresken. Ikonographie, Ikonologie, Ikonik München 1980, 2. Aufl. 1988
  • Nikolaus Pevsner: Europäische Architektur von den Anfängen bis zur Gegenwart München 3. Auflage 1973
  • Michael Viktor Schwarz und Pia Theis: Giottus Pictor. Bd. 1: Giottos Leben. Mit einer Sammlung der Urkunden und Texte bei Vasari Wien 2004.
  • Michael Viktor Schwarz: Giottus Pictor. Bd. 2: Giottos Werke Wien 2008.
  • Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance. Architektur – Skulptur – Malerei – Zeichnung Köln 1994
  • Klaus Zimmermanns: Umbrien. Köln 1987

Einzelnachweise

  1. Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, Band 1, Seite 619

Weblinks

 Commons: Giotto di Bondone – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
 Commons: Die Legende des hl. Franziskus in der Basilika San Giovanni gemalt von Giotto – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
 Commons: Fresken der Arenakapelle gemalt von Giotto – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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