Gießharz

Gießharz

Gießharz ist ein Kunstharz, das flüssig zum Endprodukt verarbeitet wird und als dieses oder dessen Bestandteil erstarrt. Die Erstarrung erfolgt im Gegensatz zu schmelzbaren Vergussmassen durch eine chemische Reaktion (Vernetzungsreaktion) und ist irreversibel. Sie wird durch Wärme, zugesetzte Härter, Ultraviolettstrahlung oder auch Feuchtigkeit eingeleitet.

1740 Gießharzwürfel einer "Haarinstallation"

Das noch flüssige Harz wird in eine wiederverwendbare oder verlorene Form gebracht oder es wird ein Vlies damit getränkt. Den Arbeitsschritt des Einfüllens oder auch die Bauteiltechnologie bezeichnet man als Verguss.

Inhaltsverzeichnis

Gründe für den Verguss

  • Umhüllung und Schutz von Bauteilen, wobei Schutz das Eindringen von Feuchtigkeit, Staub, Fremdkörpern, Wasser, usw. beinhalten kann.
  • elektrische Isolation, d. h. Erhöhung der Spannungsfestigkeit
  • Fixierung von Bauteilen untereinander, mechanische Stabilität, Erhöhung der Vibrations- und Schockfestigkeit
  • Berührungsschutz (elektrische Sicherheit)
  • Herstellung von Gießkörpern mit Freiformflächen meistens in geringer Stückzahl

Wichtige Gießharze

Einkomponentenharze sind vorgemischte Harzsysteme, bei denen die Härtungsreaktion erst oberhalb einer Starttemperatur beginnt. Durch Lagerung unterhalb der Starttemperatur kann die Härtung viele Monate verzögert werden (ggf. gekühlte Lagerung).

Bei mehrkomponentigen Harzen werden Harz und Härter (sowie evtl. weitere Zusätze wie Füllstoffe, Farbe, Beschleuniger usw.) unmittelbar vor dem Verguss durch Mischen zusammengebracht, je nach Produkt reagiert das Harzsystem dann bereits bei Raumtemperatur oder erst nach Erwärmung.

Bei gefüllten Harzen wird durch mineralische Zusätze (Quarzmehl, Sand, Kreide, …) das Schrumpfen beim Aushärten sowie der Ausdehnungskoeffizient des fertigen Formstoffes reduziert. Im Weiteren verbilligen diese Zusätze das Gießharz häufig und verringern die Brandneigung. Diese Vorteile werden durch die aufwändigere Verarbeitung erkauft, da diese Harze zur Sedimentation neigen.

Die Härtung erfolgt durch Vernetzung der Einzelkomponenten und geht meistens mit einem Volumenschrumpf einher. Hier gibt es auch die Bezeichnung Reaktionsharz. Bei verschiedenen Harzen erfolgt die Härtungsreaktion exotherm, d. h. es wird Wärme frei, was bei großen kompakten Gießlingen zu Problemen führen kann.

Spezielle Harze reagieren erst nach Bestrahlung mit Ultraviolett oder bei Kontakt mit Katalysatoren oder Feuchtigkeit.

Gute Klarsichtharze sind nach optimaler Verarbeitung von echtem Glas oder Acrylglas kaum zu unterscheiden.

Verarbeitung

Wichtige Verarbeitungseigenschaften von Gießharzen sind:

  • die Viskosität vor der Verarbeitung
  • die Topfzeit, d. h. die Zeit, während der das mit Härter angesetzte Harz noch verarbeitungsfähig ist
  • die Giftigkeit der Ausgangsstoffe und Dämpfe vor der Verarbeitung (Sicherheitsdatenblatt)

Die Verarbeitung von Gießharz erfolgt von Hand oder industriell mit Vergussanlagen. Bei Vakuumvergussanlagen wird entweder eine evakuierte Form mit Gießharz gefüllt oder es wird danach entlüftet. Hierdurch erhält man blasenfreie Vergüsse und die Füllung aller Zwischenräume und damit besonders gute elektrische Isolationseigenschaften.

Zum teilautomatisierten Verguss verwendet man Dosieranlagen. Bei geringen Mengen und Stückzahlen ist das Anmischen und Vergießen von Hand möglich.

In den Verarbeitungshinweisen des Herstellers ist bei Zweikomponentensystemen (Harz und Härter) z. B. das Mischungsverhältnis angegeben. Entweder ist das Masseverhältnis oder das Volumenverhältnis angegeben. Weiterhin ist die Topfzeit angegeben, die den Verarbeitungszeitraum bis zum Anstieg der Viskosität beschreibt. Die Härtungsvorschriften geben Zeiten und Temperaturen an, nach denen die Endeigenschaften erreicht werden.

Zum Mischen sind dynamische Mischer oder sogenannte statische Mischer im Einsatz. Statische Mischer vermischen die Komponenten nur durch deren Fließbewegung und besitzen selbst keine bewegten Teile. Solche statischen Mischer sind oft Einweg-Mischrohre aus Kunststoff und müssen daher nicht gereinigt werden.

Die meisten Gießharze sind im ungehärteten Zustand gesundheits- und umweltgefährdende Stoffe, somit müssen besondere Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden (siehe Sicherheitsdatenblatt).

Anwendungen

  • Verguss elektrotechnischer Bauteile (Transformatoren, Kondensatoren, Halbleiter, Baugruppen, Hochspannung)
  • Verguss von offenen Kontaktstellen bei Kabeln und Leitungen (Erdkabelverzweigungen z. B. Energie- und Telefonleitungen), hier jedoch oft auch schmelzende Vergussmassen, siehe Muffe
  • Herstellung von Abgüssen in vorher hergestellte Formen (z. B. beim Rapid Prototyping, Gebäude- und Denkmal-Restaurierung)
  • Klarsichtverguss (z. B. aus ästhetischen Gründen, zur dauerhaften Erhaltung von Erinnerungsstücken oder z. B. zur Verbesserung der Handhabbarkeit zerbrechlicher/vergänglicher Objekte zu Schul- und Studienzwecken)
  • Kaltglasur (kratz- und witterungsbeständiger Oberflächenschutz, farblos oder gefärbt. Einsatz bei Bastelarbeiten, um glasurähnliche Oberflächen ohne Brennprozess zu erzeugen)
  • Wassergestaltung im Modellbau (Bäche, Flüsse, Seen u. Ä.)

Kunstharze sind nach dem Aushärten oft sehr beständig gegenüber Umwelteinflüssen, weniger jedoch gegenüber organischen Flüssigkeiten. Sie sind nur teilweise physiologisch unbedenklich.

Beispiele für Klarsichtverguss zu Schul- und Studienzwecken


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