Gestationsdiabetes

Gestationsdiabetes
Klassifikation nach ICD-10
O24 Diabetes mellitus in der Schwangerschaft
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Der Schwangerschaftsdiabetes, auch als Gestationsdiabetes, GDM oder Typ-4-Diabetes bezeichnet, ist eine Form der Zuckerkrankheit, die während der Schwangerschaft entsteht und unmittelbar nach der Geburt meist wieder verschwindet. Sie zählt insgesamt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen. Als Risikofaktoren gelten Übergewicht, ein Alter über 30 Jahren und eine erbliche Vorbelastung.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Ursächlich ist die vermehrte Sekretion verschiedener Schwangerschaftshormone, wie etwa Cortisol, das humane Plazentalaktogen, Östrogen, Progesteron, und Prolactin, die als Gegenspieler des Insulins fungieren, sowie eine erhöhte Insulinresistenz während der Schwangerschaft. Kann die Bauchspeicheldrüse durch eine erhöhte Insulinausschüttung keinen Ausgleich schaffen, entwickelt sich ein Schwangerschaftsdiabetes.

Risikofaktoren

  • Fehlernährung und daraus resultierendes Übergewicht bzw. Adipositas
  • Diabetes Mellitus Typ 2 in der Familie
  • mütterliches Alter über 30 Jahren
  • manifestierter Gestationsdiabetes während einer früheren Schwangerschaft
  • exzessive Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
  • gestörte Glukosetoleranz vor der Schwangerschaft
  • ein bereits geborenes Kind mit einem Geburtsgewicht von über 4000 g
  • eine Totgeburt

Ungeachtet dieser Risikofaktoren wird heute bei jeder schwangeren Frau zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ein Zuckerbelastungstest empfohlen.

Symptome

Betroffene Frauen bemerken häufig nichts von ihrer Erkrankung, da der Schwangerschaftsdiabetes meist beschwerdefrei bleibt. Anzeichen, wie etwa ein gesteigertes Durstgefühl (Polydipsie), Harnwegs- und Nierenentzündungen, Zucker im Urin, Veränderungen der Fruchtwassermenge, Wachstumsstörungen des Feten, übermäßige Gewichtszunahme und erhöhter Blutdruck (Arterielle Hypertonie) können jedoch auftreten.

Diagnose

Zur eindeutigen Feststellung eines Schwangerschaftsdiabetes wird ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt.[1]

In Österreich wurde diese Untersuchung trotz jahrelanger Bemühungen der ÖDG[2] erst im Jahr 2008 in die Routineuntersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes aufgenommen.[3]

Therapie

In vielen Fällen kann eine Ernährungsumstellung unter fachlicher Anleitung mit reichlich Bewegung ausreichend sein. Falls dadurch keine Besserung erzielt werden kann, muss mit einer Insulintherapie begonnen werden. Hier bietet sich eine Insulinpumpentherapie an, um postprandiale Blutzuckerspitzen weitgehend zu vermeiden und somit einer möglichen Makrosomie des Kindes bei gleichzeitiger Unreife der Inneren Organe vorzubeugen. Sulfonylharnstoffe sind kontraindiziert.

Komplikationen

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Eine erhebliche Gefahr geht von der gestörten Entwicklung der Plazenta aus. Diese kann zu einer Mangelversorgung des Feten führen, wodurch das ungeborene Kind im schlimmsten Fall absterben kann. Wiederholte Überzuckerungen der Mutter können auch zur sogenannten Fetopathia diabetica führen, da der Fetus übermäßig viel Zucker aufnimmt und es zu einem fetalen Hyperinsulinismus kommt und das Kind an Größe und Gewicht zunimmt. Infolge der erhöhten Blutzuckerwerte kann es zu Fehlentwicklungen der Lunge kommen, die sich durch Atemprobleme nach der Geburt äußern. Das Kind versucht den erhöhten Blutzuckerspiegel durch vermehrte Insulinsekretion und Hypertrophie auszugleichen, nach der Geburt fehlt jedoch plötzlich die mütterliche Zuckerzufuhr und es tritt eine Unterzuckerung ein. Des Weiteren kann in den ersten Lebenstagen ein Mangel an Magnesium und Kalzium im Blut auftreten, der zu Krämpfen (Hyperexzitabilität) führen kann.

Neben der enormen Gefahr für das Kind trägt auch die schwangere Frau das Risiko, an Bluthochdruck und Präeklampsie zu erkranken und ist anfälliger für Harnwegsinfektionen und Scheidenentzündungen. Hinzu kommt, dass an Schwangerschaftsdiabetes erkrankte Frauen eine erhöhte Kaiserschnittrate aufweisen [4].

Verbreitung

Für Deutschland sind keine zuverlässigen Daten zur Prävalenz des Schwangerschaftsdiabetes vorhanden. Da sich Übergewicht und Adipositas in der Weltbevölkerung mittlerweile pandemisch ausbreiten, ist insgesamt mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen. Zahlen aus den USA zeigen etwa, dass mindestens vier Prozent aller schwangeren Frauen einen Diabetes entwickeln, der in 88 Prozent der Fälle auf einen Schwangerschaftsdiabetes zurückzuführen ist [5].

Literatur und Quellen

  • Heike Schuh: Diabetes in der Schwangerschaft. Der Ratgeber für Schwangere mit Gestationsdiabetes, Verlag Kirchheim + Co, Mainz, 2007. ISBN 978-3-87409-441-2
Einzelnachweise
  1. Helmut Schatz: Diabetologie kompakt, 4. Auflage 2006, ISBN 3-13-137724-0
  2. ÖDG-Presseaussendung Juli 2008: Forderung der ÖDG: Verpflichtende Aufnahme von Diabetes-Test in Mutter-Kind-Pass
  3. ÖDG-Presseaussendung Dezember 2008: Großer Erfolg bei Schwangerschaftsdiabetes! Die ÖDG begrüßt Aufnahme des Glukosetoleranztests in den Mutter-Kind-Pass
  4. Weiss P, Walcher W, Scholz H. Der vernachlässigte Gestationsdiabetes: Risiken und Folgen. Geburtsh Frauenheilk 1999; 59: 535–44.
  5. Engelgau, M. M., R. R. German, W H. Herman, R. E. Aubert, P J. Smith: The epidemiology of diabetes and pregnancy in the U. S., 1988. Diab. Care 18 (1995),1029‑1033.

Weblinks

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