Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem

Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem

Das Gesprächsanalytische Transkriptionssystem (GAT) ist ein in der Konversationsanalyse angewandtes Verfahren zur Verschriftlichung gesprochener Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Das GAT wurde 1998 von den Linguisten Margret Selting, Peter Auer, Birgit Barden, Jörg Bergmann, Elisabeth Couper-Kuhlen, Susanne Günthner, Christoph Meier, Uta Quasthoff, Peter Schlobinski und Susanne Uhmann entwickelt, um einheitliche Konventionen zu schaffen und den unkomplizierten Austausch von gesammelten Daten zu ermöglichen, deren Form unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten gerecht wird. Eine überarbeitete Version wurde 2009 unter dem Namen GAT2 veröffentlicht.

Das GAT geht teilweise auf die in den 1960ern von Emanuel Schegloff, Harvey Sacks und Gail Jefferson entwickelten konversationsanalytischen Notationskonventionen (CA) zurück. Im GAT ist sowohl eine - gröbere - Basistranskription als Mindeststandard als auch eine Feintranskription möglich, die detailliertere Informationen vor allem über die Prosodie enthält. Jeder Sequenz ist eine eigene Zeile zugeordnet (im Gegensatz zum von Ehlich/Rehbein entwickelten HIAT); die Sequenzen werden durchnummeriert. Das GAT enthält, vom glottalen Verschlusslaut abgesehen, keinerlei phonetische Sonderzeichen, um ein verhältnismäßig schnelles Transkribieren ohne spezielle Programme sowie eine bessere Lesbarkeit sicherzustellen. Da das Verwenden von Großbuchstaben einen Akzent kennzeichnet, wird ansonsten durchweg klein geschrieben.

Für das Transkribieren nach GAT2 wird am Institut für Deutsche Sprache der Transkriptionseditor FOLKER entwickelt.

Basistranskript

Das Basistranskript enthält Informationen zur Verlaufsstruktur des Gesprächs, also zu Überlappungen und simultanem Sprechen (in eckigen Klammern jeweils untereinander) sowie zum direkten Anschluss neuer Turns (=). Es enthält Pausen, wobei diese entweder bis auf die Hundertstelsekunde gemessen ((1.74)) oder aber grob in Mikropausen ((.)), kurze ((-)), mittlere ((--)) und längere Pausen ((---))unterschieden werden können. In der groben Einteilung werden Pausen mit einer Länge von mehr als ca. einer Sekunde Dauer geschätzt, die Angabe erfolgt dann mit nur einer Stelle hinter dem Komma ((3.0)). Als weitere segmentale Konventionen werden Dehnungen von Silben (je nach Dauer :, :: oder :::), Verschleifungen innerhalb von Einheiten (und=äh), Verzögerungssignale (wie äh) und der Abbruch durch Glottalverschluss (') berücksichtigt.

Tonhöhenbewegungen werden nur am Einheitenende aufgeführt, es wird unterschieden zwischen hoch steigend (?), mittel steigend (,), gleich bleibend (-), mittel fallend (;) und tief fallend(.). Beim Akzent werden im Basistranskript nur der Haupt- bzw. Primärakzent (akZENT) sowie gesondert ein extra starker Akzent (ak!ZENT!) berücksichtigt. Ferner führt das Basistranskript Lachen - in der Regel ausgeschrieben, aber auch in der Form ((lacht)) -, Rezeptionssignale (ja, 'hm'hm etc.) sowie para- und außersprachliche Handlungen und Ereignisse wie Husten, ebenfalls in doppelten Klammern, auf. Vermutete (weil unverständliche) Wörter, Laute oder Silben werden einfach geklammert.

Feintranskript

Das Feintranskript enthält über das Basistranskript hinausgehende Informationen, die vor allem den Bereich der Prosodie betreffen. So können hier Neben- oder Sekundärakzente (akzEnt), Akzenttonhöhenbewegungen, auffällige Tonhöhensprünge nach oben oder unten (auch zum Gipfel oder Tal der Akzentsilbe) sowie veränderte Tonhöhenregister markiert werden. Auch Veränderungen der Lautstärke und der Sprechgeschwindigkeit sowie Ein- und Ausatmen können kenntlich gemacht werden.

Die Feintranskription ist nicht die Regel, da sehr aufwändig; sie ist vor allem für solche Linguisten interessant, deren Forschungsgebiete sich in Schnittstellen zwischen Konversationsanalyse und Intonationsphonologie, wie z. B. der Fokusphonologie, bewegen.

Quellen und Weblinks


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