Gesichtserkennung

Gesichtserkennung

Gesichtserkennung bezeichnet die Analyse der Ausprägung sichtbarer Merkmale im Bereich des frontalen Kopfes, gegeben durch geometrische Anordnung und Textureigenschaften der Oberfläche.

Analyse der optischen Gesichtsmerkmale

Inhaltsverzeichnis

Begriffsunterscheidung

Es ist zu unterscheiden zwischen der Lokalisation eines Gesichts im Bild und der Zuordnung des Gesichts zu einer bestimmten Person. Im ersten Fall wird geprüft, ob und wo ein Gesicht zu sehen ist, im zweiten, um wen es sich handelt.

Wenn es um die Gesichtserkennung im Sinne des Erkennens, um welches Gesicht es sich handelt, geht, kann man zwei Fälle unterscheiden: Im Fall, dass dies durch Menschen geschieht, wird im englischen Sprachraum von face perception gesprochen und für den Fall, dass dies durch Maschinen geschieht, von face recognition.

Biologische Gesichtserkennung

Die Fähigkeit zur Erkennung und Unterscheidung von Gesichtern (Gesichtswahrnehmung) wird vom menschlichen Gehirn innerhalb der ersten Lebensmonate erworben. Sie ist an Funktionen des Großhirns, genauer der Occipitallappen gebunden. Ein teilweises oder völliges Fehlen dieser Fähigkeit heißt Prosopagnosie.

Technische Gesichtserkennung

In technischem Zusammenhang zählt Gesichtserkennung zu den biometrischen Verfahren. Sie wird sicherheitstechnisch, kriminalistisch und forensisch eingesetzt, zum Zweck der Identifikation oder Verifikation (Authentifizierung) natürlicher Personen. Typischerweise dient die technische, computergestützte Gesichtserkennung zur Zutrittskontrolle zu sicherheitsempfindlichen Bereichen und zur Suche nach Dubletten in Datenbanken, beispielsweise in Melderegistern zur Vermeidung von Identitätsdiebstahl.

Maßgeblich für die Erfassung und digitale Repräsentation von Gesichtsbildern für interoperable Zwecke, insbesondere zur Verwendung in elektronischen Reisepässen und Kriminalistik, ist der internationale Standard ISO/IEC 19794-5. Seine detaillierten Spezifikationen hinsichtlich Bildinhalt und Aufnahmetechnik zielen auf eine hohe Erkennungsqualität.

2D-Verfahren

Simple Gesichtserkennungsverfahren verwenden eine zweidimensionale (2D) geometrische Vermessung besonderer Merkmale (z.B. Augen, Nase, Mund). Hierbei wird deren Position, Abstand und Lage zueinander bestimmt. Heutige Verfahren setzen jedoch meist auf komplexe Berechnungen wie die Waveletanalyse (z.B. mittels Gabor-Transformation) oder Hauptkomponentenanalyse. Das National Institute of Standards and Technology (NIST) hat wiederholt vergleichende Untersuchungen verschiedener kommerzieller und universitärer Verfahren durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Steigerung der Erkennungsleistung innerhalb von ca. 10 Jahren. Lag die Falschrückweisungsrate bei einer gesetzten Falschakzeptanzrate von 0,1 % im Jahr 1993 noch bei praxisuntauglichen 79 % (d.h. beinahe vier von fünf Personen wurden damals nicht erkannt), so wird diese Fehlerrate heute (Stand Mitte 2006) von den leistungsfähigsten Verfahren auf nur 1 % reduziert (d.h. etwa eine von hundert Personen wird nicht erkannt). Diese Rate liegt in der gleichen Größenordnung wie die aktueller Fingerabdruck- oder Iriserkennungsverfahren[1] und übertrifft die Fähigkeiten der menschlichen Gesichtserkennung [2].

3D-Verfahren

Neben der zweidimensionalen biometrischen Gesichtserkennung, die für die Erfassung handelsübliche Kameras nutzt, entwickelt sich derzeit ein neuer Zweig, der auf die dreidimensionale (3D) Erfassung (z.B. mittels Streifenprojektion) des Gesichts setzt. Durch die zusätzlichen Informationen sollen höhere Erkennungsgenauigkeit, bessere Posenunabhängigkeit und Überwindungssicherheit erzielt werden. Testergebnisse des NIST zeigen, dass derzeit (Stand Mitte 2006) die 2D-Verfahren hinsichtlich der Erkennungsleistung den 3D-Verfahren noch überlegen sind [3].

Anwendung

Die Stadt Rotterdam will ab Oktober 2010 auf einer ausgewählten Bahnlinie ein Jahr lang einen Gesichts-Scanner testen. Sie will damit die verhängten Hausverbote durchsetzen und Gewalt und Vandalismus in der Bahnlinie reduzieren.[4]

In Deutschland wurde während des Rheinkulturfestivals in Bonn im Herbst 2011 ein Projekt der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt WDR gestartet, die eine Gesichtserkennung der Festivalbesucher ermöglicht. Das funktioniert über (hochauflösende) Fotos der Festivalbesucher, die mithilfe der Gesichtserkennung von Facebook „getaggt“ werden. Die Gesichter werden so identifiziert und mit Facebook-Profilen verknüpft.[5] Ein ähnliches Projekt existierte auch in Großbritannien während des Glastonbury Festival[6] bereits bei 9.000 Personen funktioniert haben.

Siehe auch

Literatur

  • Claus-Christian Carbon: Gesichtsverarbeitung. Frühe Prozesse der Gesichtserkennung. Dissertation, FU Berlin 2003 (Volltext)
  • Evgenij W. Dikich: Verfahren zur automatischen Gesichtserkennung. Logos, Berlin 2003, ISBN 3-8325-0428-1 (zugl. Dissertation, Universität Karlsruhe 2003)
  • Claudia Freitag: Gesichtsverarbeitung im Vorschulalter. Wiedererkennung neuer Gesichter in Abhängigkeit des Emotionsausdrucks und neurophysiologische Korrelate des Erlernens neuer Gesichter. Dissertation, Universität Gießen 2007 (Volltext)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ergebnisse des Face Recognition Vendor Test 2006, Seite 5 (engl.)
  2. Technology Review: Computers outperform humans at recognizing faces (engl.)
  3. FRVT2006, Seite 15 (engl.)
  4. rp-online.de vom 24. August 2010
  5. http://rheinkulturpanorama.de/
  6. http://glastonbury.orange.co.uk/glastotag/

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