Geschichte Anatoliens

Geschichte Anatoliens

Eine Besiedlung Anatoliens (Kleinasien) ist archäologisch seit mindestens 200.000 Jahren nachgewiesen (Höhlen in Karain). Der so genannte fruchtbare Halbmond, in dem der bedeutende Übergang zu Viehzucht und Ackerbau vollzogen wurde, liegt teilweise im Gebiet der heutigen Türkei.

Inhaltsverzeichnis

Paläolithikum

Stein-Werkzeuge sowie tierische und menschliche Knochen aus der Zeit des Paläolithikums (200.000 v. Chr.) und Mesolithikums wurden in der Karain-Höhle nördlich von Antalya ausgegraben.

Neolithikum

Das früheste Neolithikum der Türkei (Präkeramisches Neolithikum A) kennt noch keine Keramik, aber schon feste Siedlungen mit Rundhäusern aus Stein (Nevali Cori, Göbekli Tepe). Im folgenden Präkeramischen Neolithikum B kamen rechteckige Häuser in Gebrauch. Aşıklı Höyük, Cafer Höyük und Cayönü sind Siedlungen aus dieser Zeit. Ton wurde zu Statuetten verarbeitet und teilweise auch gebrannt, man fertigte aber noch keine Gefäße daraus.

Aus Çatalhöyük (7100-6300 v. Chr. cal.) und einem Tiefschnitt in Mersin sind Beispiele der ältesten neolithischen Keramik (dark burnished ware) bekannt. Çatalhöyük wird gerne als die älteste Stadt der Welt bezeichnet, es handelt sich jedoch um ein großes Dorf ohne jede kommunale Einrichtungen.

Hoca Çeşme ist eine Siedlung der späten Jungsteinzeit, in der in der ersten Siedlungsphase Rundhäuser errichtet wurden. Die materielle Kultur zeigt deutliche Parallelen zu Funden aus Bulgarien (Karanovo).

Das Chalkolithikum zeichnet sich durch mehrfarbig bemalte Keramik aus. Bekannt ist etwa die Siedlung von Hacilar.

Bronzezeit

Die Hethiter besiedelten zwischen 1900 und 1200 v. Chr. in der Bronzezeit das Gebiet der Zentral-Türkei. Das Reich der Hethiter endete aus noch immer ungeklärten Gründen. Es werden sowohl Invasionen als auch Bürgerkriege und Hungersnöte diskutiert. Die hethitische Kultur überlebte jedoch bis um 700 v. Chr. in diversen Kleinstaaten in Ostanatolien, zum Beispiel in Melid, dem heutigen Malatya, Zincirli, Karkemisch und Tabal. In diese Zeit fällt wahrscheinlich auch die Zerstörung der westanatolischen Stadt Troja.

Eisenzeit und Antike

Nach dem Ende des hethitischen Reiches errichteten die Phryger unter ihrem König Midas ein Reich, das im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. Anatolien beherrschte. Seit 850 bestand im Osten Anatoliens (mit Zentrum am Vansee) das Reich Urartu.

Um 700 v. Chr. begann die hellenische Besiedlung entlang der anatolischen Ägäisküste (Ionien) mit Koloniestädten wie Milet, Ephesos und Priene. Zur gleichen Zeit besiedelten noch andere Völker Anatolien. Die Kimmerer besiedelten laut Herodot Anatolien, nachdem sie das Phrygerreich 700 v. Chr. zerstört hatten, es gibt jedoch keine archäologischen Spuren. Die Lydier gründeten an der ägäischen Küste ein Königreich mit der Hauptstadt Sardes. Ihr letzter König war der nach seinem großen Reichtum bekannte Krösus. Von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis 333 v. Chr. (Schlacht bei Issos) herrschten die Perser über weite Teile Kleinasiens, bis Alexander der Große sie besiegte und das Alexanderreich errichtete. Nach dem Ende des Alexanderreiches wurde Anatolien durch diverse Völker besiedelt. Bedeutende Reiche waren Bithynien, Pontos, Kappadokien, das keltische Galatien sowie Pergamon. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. brachten die Römer Anatolien unter ihre Kontrolle. Das armenische Königreich erlangte im 1. Jahrhundert v. Chr. seine größte Ausdehnung unter König Tigran dem Großen und umfasste den gesamten Osten der heutigen Türkei, Teile des heutigen Iran sowie das Gebiet der heutigen Republik Armenien.

Die Funde von Troja und Pergamon sowie der Tempel der Artemis in Ephesos (eines der Sieben Weltwunder der Antike) sind Beispiele für den archäologischen Reichtum der Region, der aber zu einem großen Teil ins europäische Ausland, besonders nach Deutschland und England, verbracht wurde.

Siehe auch: Kleinasien, Ägäische Wanderung

Spätantike und Mittelalter

Das Byzantinische Reich

Hauptartikel: Byzantinisches Reich

Die Herrschaft des Römischen Reiches hielt bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. Danach fiel Kleinasien nach der Teilung des Römischen Reiches an Ostrom. Seit 380 n. Chr. Theodosius I. das Christentum zur Staatsreligion erhoben hatte, war Konstantinopel Mittelpunkt der Ostkirche und Sitz des einflussreichsten Patriarchen.

Das Weströmische Reich ging im Jahr 480 unter. Das Byzantinische Reich hielt sich bis zur Eroberung seiner Hauptstadt Konstantinopel durch die Osmanen im Jahre 1453.

Byzanz musste sich lange Zeit den Angriffen persischer, hunnischer, germanischer, gotischer, arabischer, bulgarischer und awarischer Armeen erwehren. Es hielt sich aber und erstarkte um die Jahrtausendwende sogar wieder. Gegen die Araber konnte Anatolien – anders als die weiter südlichen Reichsteile – erfolgreich verteidigt werden und es wurde zur neuen Kornkammer des Reiches nach dem Verlust Ägyptens.

Die wirtschaftliche und militärische Macht stützte sich auf die Gebiete in Kleinasien und Vorderasien. Als diese teilweise im 11. und endgültig im 14. Jahrhundert an Invasoren fiel, begann bereits der Abstieg von der Welt- zur Regionalmacht und schließlich zum Kleinstaat.

Armenien war über Jahrhunderte zwischen Byzanz und Persien umkämpft. 301 n. Chr. nahm König Trdat III. das Christentum an und machte Armenien damit zum ersten christlichen Staat der Welt. Mit dem Einfall der Seldschuken verlor es endgültig seine Eigenstaatlichkeit. Vom 10. bis 14. Jahrhundert wurde in Kilikien (zwischen Taurusgebirge und der südlichen Mittelmeerküste) nochmals ein armenisches Königreich gegründet, das bis 1375 bestehende Armenische Königreich von Kilikien.

Die ersten türkischen Stämme tauchten erst im 11. Jahrhundert in Anatolien auf. Die Seldschuken waren eine islamisierte türkische Dynastie aus Transoxanien im heutigen Usbekistan, die zuvor Afghanistan und Teile von Persien erobert hatten. Die Seldschuken fielen in Kleinasien ein und schlugen die byzantinische Armee in der Schlacht von Mantzikert im Jahre 1071 vernichtend. Daraufhin eroberten sie große Gebiete Ost- und Mittelanatoliens. In der Folge begann im 12. Jahrhundert der Niedergang der Herrschaft des Byzantinischen Reiches und der Aufstieg der Seldschuken. Diese hatten um 1230 ihre Blütezeit.

Die Seldschuken

Hauptartikel: Sultanat der Rum-Seldschuken

Das Sultanat der Rum-Seldschuken, Sultanat Ikonion, auch Sultanat Rum (tr.: Anadolu Selçuklu Devleti – anatolisch-seldschukischer Staat), war der auf erobertem byzantinischen Boden errichtete Herrschaftsbereich der oghuzisch-türkischen Rum-Seldschuken[1] in Anatolien. Es entstand als Teil des großseldschukischen Reichs, existierte von ca. 1075 bis 1307 und beherrschte auf dem höhepunkt seiner Macht fast ganz Klainasien. Die Hauptstadt der Rum-Seldschken war Konya. Im 13. Jahrhundert überfielen die Mongolen das seldschukische Reich. Im Zuge dieses Machtverlustes von Rum nutzten die türkischen Stämme ihre Freiheit und verselbständigten sich weitestgehend. In ganz Anatolien, so auch an der Ostgrenze des byzantinischen Reiches, formierten sich zahlreiche kleine und mittelgroße Fürstentümer. Aus einem dieser sog. Beyliks, dem des Osman Bey, ging das spätere Osmanisches Reich hervor. Mit der Ghazi-Ideologie, die an der Grenze zum Byzantinischen Reich (Uc) eine große Rolle spielte, hatten es die Osmanen von Anfang an auf die Eroberung byzantinischer Territorien abgesehen. Schließlich dehnten sie ihre Macht soweit aus, bis sie Konstantinopel eroberten und so das byzantinische Reich zerstörten.

Neuzeit

Das Osmanische Reich

Hauptartikel: Osmanisches Reich

Mehmed II. zieht mit seiner Gefolgschaft in das eroberte Konstantinopel ein.(Künstlerische Darstellung des osmanischen Hofmalers Fausto Zonaro aus dem 20. Jahrhundert)

Die Republik Türkei

Hauptartikel: Geschichte der Türkei

Aus dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches infolge des Ersten Weltkrieges und dem Türkischer Befreiungskrieg ging die heutige Türkei hervor. Die Türkei (amtlich Türkiye Cumhuriyeti, dt. Republik Türkei) ist eine demokratische Republik in Asien und Europa. Der Einheitsstaat ist laizistisch geprägt; er ging nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Osmanischen Reich hervor. Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk war bestrebt, die Türkei durch viele gesellschaftliche Reformen nach dem Vorbild verschiedener europäischer Nationalstaaten zu modernisieren.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Der Zusatz „Rum“ bedeutet „Rom“. Damit bezeichneten sich die Seldschuken als Römer beziehungsweise deren Nachkommen und grenzten sich so von den Großseldschuken ab.

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